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Interview: FCA-Nachwuchschef Schromm: "Wir arbeiten alle auf ein Ziel hin"

Interview

FCA-Nachwuchschef Schromm: "Wir arbeiten alle auf ein Ziel hin"

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    Nachwuchs-Cheftrainer Claus Schromm (rechts) tauscht sich mit Roy Stapelfeld, dem kaufmännischen NLZ-Leiter des FC Augsburg, aus.
    Nachwuchs-Cheftrainer Claus Schromm (rechts) tauscht sich mit Roy Stapelfeld, dem kaufmännischen NLZ-Leiter des FC Augsburg, aus. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Mit Enrico Maaßen hat ein 38-Jähriger die Bundesligamannschaft des FC Augsburg übernommen, der zuvor U23-Trainer war. Was bedeutet das für Sie als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums?

    Claus Schromm: Das ist eine sehr gute Voraussetzung, weil Enrico Maaßen sich in unsere Arbeit hineinversetzen kann. Wir werden einen gemeinsamen Weg erarbeiten, in den seine Ideen und Prinzipien einfließen werden. Letztlich arbeiten wir alle auf ein Ziel hin: Ein gutes NLZ bringt viele Spieler in eine Profiliga.

    Die U19 sorgte mit dem Einzug ins Halbfinale um die deutsche Meisterschaft für positive Aufmerksamkeit. Wie bedeutend sind solche Erfolge extern und intern?

    Schromm: Für die Jungs war es ein absoluter Höhepunkt, ein solches Spiel in der WWK-Arena auszutragen. Intern spielt das aber keine so gewichtige Rolle. Michael Ströll (Kaufmännischer Geschäftsführer, d. R.), Stefan Reuter (Sport-Geschäftsführer), Christoph Janker (Leiter Lizenzspielerabteilung), Timon Pauls (Chefscout und Kaderplaner), Roy Stapelfeld (Kaufmännischer Leiter NLZ) und ich treffen uns regelmäßig, um über unseren Nachwuchs zu sprechen. Ein solches Treffen kann mal eine Stunde, mal vier Stunden dauern. In den vergangenen Monaten hat sich dabei klar herauskristallisiert, wie ausgeprägt der Wunsch beim FCA ist, Nachwuchsspieler in die eigene Bundesligamannschaft zu bringen. Für mich war die Entscheidung für Enrico Maaßen als Trainer des Profiteams deshalb sehr schlüssig und genau richtig.

    Inwieweit sind Erfolge wie der Halbfinaleinzug Fluch und Segen? Spieler wecken dadurch Begehrlichkeiten anderer Klubs.

    Schromm: Grundsätzlich haben alle Nachwuchszentren in Deutschland die gemeinsame Aufgabe, die jungen Spieler gut auszubilden. Einerseits sollten sie den bestmöglichen Schulabschluss haben, andererseits das Rüstzeug für eine Profikarriere. Wenn Spieler unser NLZ verlassen, verfügen sie über hohe Qualität. Mir wird nicht angst und bange, wenn Talente den FCA verlassen, da wir zahlreiche Spieler mit großem Potenzial in unseren Reihen haben.

    Jüngst haben mit Dikeni Salifou (Werder Bremen) und Noa-Gabriel Simic (Borussia Dortmund) Top-Talente den FCA verlassen. Warum waren sie nicht zu halten?

    Schromm: Ich denke, den Jungs hat in der vergangenen Saison ein Stück weit der Glaube gefehlt, dass sie ihre Chance in der Bundesliga tatsächlich bekommen. Gegenbeispiele sind Aaron Zehnter und Henri Koudossou, die vom Weg beim FCA überzeugt sind und in meinen Augen eine Profikarriere einschlagen werden. Diese Identifikation ist uns wichtig. Die Jungs müssen für den FCA spielen wollen. Wenn sich Spieler letztlich doch für einen Wechsel entscheiden, dann können wir die Erlöse auch wieder in die Nachwuchsförderung fließen lassen. Ich muss auch klar sagen: Wenn ein Spieler im eigenen Verein ein gewisses Standing hat und eine Profiperspektive aufgezeigt bekommt, sehe ich keinen Grund, mit einem frühzeitigen Wechsel ins Risiko zu gehen. Sich in diesem Fall für einen anderen Verein zu entscheiden, dafür fehlt mir persönlich das Verständnis.

    Mit dem 17-jährigen Torjäger-Talent Dzenan Pejcinovic droht der nächste Abgang. Der FCA hat per Option dessen Vertrag bis Sommer 2023 verlängert, der U-Nationalspieler wird aber mit Manchester City, Juventus Turin und dem VfL Wolfsburg in Verbindung gebracht.

    Schromm: Für ihn trifft zu, was in meinen Augen für Salifou und Simic zugetroffen hat: Sie haben schlichtweg in der vergangenen Saison keine Perspektive gesehen, es nach oben zu schaffen. Trotzdem kann ich es nur bedingt verstehen, warum ein Talent, das bei einem Bundesligisten ein so hohes Ansehen genießt, mit 17 Jahren zu einem anderen Profiklub wechseln sollte. Das ist für mich nicht wirklich nachvollziehbar.

    Woran liegt diese Entwicklung? Ist schon in jungen Jahren Geld das wichtigste Argument?

    Schromm: Zu einem solchen Zeitpunkt der Ausbildung darf das Geldverdienen nicht höchste Priorität haben. Schaut man auf Dzenans Entwicklung, haben der FCA und er in der Vergangenheit vieles sehr richtig gemacht. Für ihn ist jetzt elementar wichtig, dass er im Seniorenfußball auf hohem Niveau trainiert und spielt. Diese Chance würde er beim FCA bekommen.

    Liegt das Problem darin, dass die Durchlässigkeit zwischen Nachwuchs und Profis zuletzt nicht entsprechend vorhanden war?

    Schromm: Sicherlich war das ein Kriterium für die Jungs, die uns verlassen haben, und deren Berater.

    Was muss sich ändern, damit wieder mehr Talente bei den FCA-Profis spielen?

    Schromm: Erste Maßnahmen sind ergriffen, in diesem Stil muss es weitergehen. Aktuell trainieren und spielen etliche Nachwuchsspieler im Kader von Enrico Maaßen. Einige werden mit ins Trainingslager reisen.

    Das war auch schon in der Vergangenheit der Fall – ohne dass sich an der Durchlässigkeit etwas geändert hätte.

    Schromm: Klar. Wie nachhaltig das ist, wird sich während der Saison zeigen. Ich traue sehr vielen Talenten den Sprung zu, allerdings ist das auch positionsabhängig.

    Im vergangenen Jahr waren NLZ im Zusammenhang mit Lohndumping in der Kritik. Auch der FCA soll Nachwuchstrainer unter Mindestlohn bezahlt haben, es laufen noch Ermittlungen des Zolls. Wie stehen Sie zu diesen Vorwürfen?

    Schromm: Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, können wir uns auch weiterhin nicht dazu äußern.

    Gut ausgebildete Trainer sind ein Argument. Womit kann der FCA im Kampf um die größten Talente Deutschlands punkten?

    Schromm: Wir bieten eine ganzheitliche Ausbildung, die die Perspektive ermöglicht, den Sprung in die Lizenzmannschaft zu schaffen. Dabei sind für uns Werte, Persönlichkeit, Umgang, Respekt und Schule genauso wichtig wie die Leistungen auf dem Platz.

    Die Wahrscheinlichkeit, Profi zu werden, bleibt verschwindend gering. Schreckt das ab? Ist es womöglich schwieriger geworden, Top-Talente zu finden?

    Schromm: In den vergangenen Jahren hatte ich Bedenken, ob der Drang der Kinder auf den Fußballplatz wirklich noch so groß ist. Aber die Jungs mit dem Traum Profifußballer gibt es weiterhin und diesen wollen sie verwirklichen.

    Letzte Frage: Wird in der kommenden Bundesligasaison ein Nachwuchsspieler fürs Profiteam spielen?

    Schromm: Ja. Davon bin ich überzeugt.

    Claus Schromm, 53, arbeitet seit August 2021 als Cheftrainer im Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) des Fußball-Bundesligisten FC Augsburg. Zuvor war der gebürtige Münchner in unterschiedlichen Funktionen für die SpVgg Unterhaching tätig. Weil eine schwere Knieverletzung seine aktive Zeit als Amateurfußballer beendete, schlug er bereits mit 24 Jahren den Weg eines Trainers ein.

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