Am späten Donnerstagabend klingelte das Handy. Es war kurz vor 23 Uhr, als Stefan Reuter einen Anruf des Bundestrainers bekam. Hansi Flick teilte dem Sport-Geschäftsführer des FC Augsburg zu später Stunde eine erfreuliche Nachricht mit: Einen Tag später, also am Freitagnachmittag, werde er erstmals Mergim Berisha in sein Aufgebot berufen. Flick wollte seinen ehemaligen Kollegen davon schon einmal in Kenntnis setzen. Der FCA hat also einen neuen Nationalspieler.
Knapp drei Monate sind seit der für die deutsche Elf enttäuschenden WM vergangenen. Bereits nach der Vorrunde hatten Flick und sein Team Katar verlassen müssen. Seitdem hatte der Bundestrainer viel Zeit. Zeit für Analysen und die daraus notwendigen Schritte. Am Freitag stellte Flick seinen ersten Kader seit der Winter-Enttäuschung vor. Mit Niklas Süle, Leroy Sané und Antonio Rüdiger fehlen bekannte Akteure. Auch auf Thomas Müller verzichtete Flick, ebenso wie auf Ilkay Gündogan.
Stattdessen dürfen sich einige Neulinge versuchen. So wie es Flick angekündigt hatte und diesen zumindest kurzzeitigen Umbruch nun auch vollzieht. Erstmals nominiert sind neben Berisha U21-Europameister Josha Vagnoman (VfB Stuttgart), Marius Wolf (Borussia Dortmund), Felix Nmecha (VfL Wolfsburg) und Kevin Schade (FC Brentford). Zudem berief Flick vier Rückkehrer für die Partien am 25. März in Mainz gegen Peru und drei Tage später in Köln gegen Belgien.
Mergim Berisha hat sich beim FCA stark entwickelt
"Wir wollen für die EM in Deutschland einen starken Kader zusammenstellen. Dafür ist es wichtig, die ersten Länderspiele des Jahres zu nutzen, um neue Spieler einzuladen. Um ihnen Raum und Gelegenheit zu geben, sich zu zeigen", sagte Hansi Flick. Zu diesen Neuen zählt Mergim Berisha. Weil er sich seit seinem Wechsel zum FC Augsburg stetig weiterentwickelt hat. Weil er mittlerweile nicht nur als Torschütze wichtig ist, sondern auch verstärkt Defensivarbeit für sich entdeckt hat. Weil ihm vor einer Woche beim 3:5 in vor den Augen Flicks zwei Tore gelungen waren.
"Wir freuen uns wahnsinnig über die gute Entwicklung von Mergim beim FCA", sagte Reuter am Freitag. Der Stürmer habe sich die Nominierung absolut verdient. Zudem sei es ein Zeichen, dass der FCA jungen Spielern eine gute Entwicklungschance biete. "Ich freue mich riesig über die Nominierung - das ist ein Traum, der in Erfüllung geht. Ich weiß aber auch, dass ich damit noch nichts erreicht habe", sagte der Augsburger Stürmer. Letztmals war im November 2020 mit Felix Uduokhai ein Augsburger Akteur für das deutsche Nationalteam nominiert worden.
Noch ist Berisha nur an den FCA ausgeliehen
Berisha war im Sommer von Fenerbahce Istanbul nach Augsburg verliehen worden, für eine niedrige sechsstellige Summe. Die Augsburger haben sich eine Kaufoption gesichert, die sie in jedem Fall ziehen wollen. Allerdings haben sie für diese Entscheidung nach Informationen unserer Redaktion noch bis weit in den Mai hinein Zeit.
Berisha sei einer der besten Stürmer, mit denen er je hier in Augsburg zusammengespielt habe, hatte FCA-Kapitän Jeffrey Gouweleeuw nach der Partie in München gesagt. Berisha untermauert das mit Zahlen: Der 24-Jährige hat in dieser Saison acht Tore erzielt und vier Vorlagen beigesteuert. "Er ist ein außergewöhnlicher Abschlussspieler. Er hat gegen die Topteams sehr gut gespielt. Nun geht es darum, auch gegen die Mannschaften auf Augenhöhe diese Leistung zu zeigen", sagte FCA-Trainer Enrico Maaßen. So wie am Samstag (15.30 Uhr) im Heimspiel gegen Schalke 04.
FCA-Stürmer muss womöglich Hochzeit verschieben
Berisha hat kosovo-albanische Eltern und wurde in Berchtesgaden geboren. Mit der deutschen U21-Nationalmannschaft war er 2021 Europameister geworden. Nun darf er sich erstmals in der A-Nationalmannschaft beweisen. Vor wenigen Wochen hatte er sich verlobt, die Hochzeit ist für nächstes Jahr geplant. Also genau dann, wenn die Europameisterschaft ansteht. Auf die darf sich Berisha seit der Nominierung ernsthafte Hoffnungen machen. Könnte bedeuten, dass seine Hochzeit verschoben werden muss.
Eine Enttäuschung erlebte dagegen Rafal Gikiewicz. Der FCA-Torwart hatte sich große Hoffnungen auf eine Nominierung gemacht. Und sogar auf seinen ersten Einsatz für Polen. Doch auch der neue Nationaltrainer Fernando Santos setzt nicht auf den 35-Jährigen aus der Bundesliga. Immerhin sein Augsburger Teamkollege Robert Gumny wurde berücksichtigt. Ebenso wie Ruben Vargas für die Schweiz, Fredrik Jensen für Finnland und Ermedin Demirovic für Bosnien-Herzegowina.
Unsere Sportreporter reisen mit dem FC Augsburg quer durch die Republik, notfalls auch Europa und die ganze Welt, um über das Geschehen erzählen zu können. Im FCA-Podcast "Viererkette“ sprechen sie darüber. Eine neue Folge erscheint nach Spieltagen immer spätestens montags bis 18 Uhr.