Daniel Baier nahm sich viel Zeit. Normalerweise sind die Interviews in der Mixed-Zone der WWK-Arena nach zwei, drei Minuten beendet, dann ist alles gesagt. Doch nach der 0:2 (0:2)-Niederlage des FC Augsburg gegen den Aufsteiger SV Darmstadt 98 wusste der erfahrene Mittelfeldspieler des FC schon, dass es diesmal nicht mit ein paar Sätzen getan sein würde.
Es gab viele Fragen an den 31-Jährigen, die sich aber irgendwie nur um eines drehten: Wie kann es sein, dass die Mannschaft, die in den vergangenen zwei Spielzeiten die Bundesliga gehörig aufmischte, in dieser Saison nach neun Spieltagen mit nur fünf Punkten plötzlich als Abstiegskandidat gehandelt wird?
Baier weiß auch nicht, was er sagen soll
Fast zwölf Minuten versuchte Baier, Antworten zu geben. Es gelang ihm mehr schlecht als recht. Am Ende stand er abgekämpft mit zerschnittenem Sport-Shirt und mit dick bandagierter Hand da. Er hatte mit operierter Hand alles gegeben, wie seine Mitspieler auch, jetzt zuckte er immer wieder mit den Schultern und gestand dann ein: „Ich weiß auch nicht wirklich, was ich sagen soll.“
Natürlich lief im so richtungsweisenden Spiel gegen Darmstadt alles gegen den FCA. Mit zwei Toren nach Ecken von Konstantin Rausch, der einmal Sandro Wagner (7.) und einmal Peter Niemeyer (29.) über Umwege als Abnehmer fand, ging der Aufsteiger in Führung und verteidigte dies geschickt bis zum Ende. Auch Dortmund (2:2), Schalke (1:1) und Leverkusen (0:1) hatten sich zu Hause an dem Darmstädter Abwehrbollwerk die Zähne ausgebissen. Da kann das dem FCA auch passieren.
Der hatte über 70 Prozent Ballbesitz, gab 20 Torschüsse ab, und am Ende vergab er seine wenigen Chancen auch noch fahrlässig. Nur schlecht, dass es jetzt schon das vierte (!) Heimspiel war, das der FCA nach fast demselben Muster verlor. Die Gegner überlassen dem FCA den Ball, der weiß damit nicht viel anzufangen. Sie haben sich auf die Spielidee von FCA-Trainer Markus Weinzierl eingestellt. „Wir wussten, dass Augsburg mit sehr viel Tempo über die Außen Werner und Esswein immer wieder versucht, in den Rücken der Abwehr zu kommen und mit diagonalen Bällen Gefahr vor den Toren heraufbeschwören will“, sezierte 98-Trainer Dirk Schuster das FCA-Spiel auf der Pressekonferenz. Seine Gegenmaßnahme: „Wir waren darauf bedacht, immer die Seite zuzustellen und die Passwege zuzumachen und den ballführenden Gegner in unserer Hälfte zu attackieren.“
Das sagt Stefan Reuter zur Personalsituation
Sein Plan ging auf, der von Weinzierl nicht. Nach der Länderspielpause sollte beim FCA vieles besser werden. Wurde es aber nicht. Hinten wurden zwei Fehler bestraft, vorne lief kaum etwas zusammen. Weinzierl hatte es diesmal mit Caiuby in der Sturmmitte versucht, hatte Bobadilla und Koo zuerst auf die Bank gesetzt. Matavz durfte gar nicht spielen. Fast alle Offensivvarianten wurden schon getestet, außer die mit Sascha Mölders. Der musste Anfang der Woche mit einer Mittelfußprellung pausieren, doch am Donnerstag meldete er sich wieder zurück. Zu spät, um für Darmstadt eine Rolle zu spielen.
Wird die Offensive vielleicht in der Winterpause personell aufgestockt? Manager Stefan Reuter ist kein Freund dieser Maßnahme: „Die Spieler, die gegen eine kompakte Mannschaft mit einer 1:1-Situation das Spiel entscheiden können, sind rar und im Winter schwer zu verpflichten. Darum denke ich, dass wir gut beraten sind, uns auf unsere Spieler zu konzentrieren.“
Auch den Einwand, dass man im Sommer vielleicht auf dem Transfermarkt zu vorsichtig agiert hatte, wollte Reuter nicht gelten lassen: „Im Rahmen unserer Möglichkeiten haben wir ordentlich in unsere Mannschaft investiert. Wir haben Baba ersetzt mit Stafylidis und Max, wir haben mit Koo für den zentralen Bereich einen richtig guten Stürmer am Ende der Transferperiode dazugeholt und wir haben Trochowski verpflichtet.“ Er baut auf den Selbstheilungsprozess. „Wir müssen wieder in die Verfassung kommen, dass wir unsere Stärken durchbringen, dass wir als Mannschaft funktionieren.“ Wie das geht, hat der FCA ja schon bewiesen. Auf diese Erfahrung baut auch Daniel Baier: „Wir müssen einfach zusammenstehen, zusammenhalten und gemeinsam da unten rauskommen.“