Als Kristijan Jakic mit ehemaligen Kollegen im Bauch der Frankfurter Arena quatschte, zierte seinen Kopf ein blauer Verband, fixiert durch weißes Tape. Die unfreiwillige Kopfbedeckung zeugte davon, dass die Spieler der Eintracht und des FC Augsburg an diesem Nachmittag ihren Körpern alles abverlangt hatten. Seinen Schutz abgewickelt hatte bereits Phillip Tietz. Neben Jakic sowie den Frankfurtern Rasmus Kristensen und Oscar Hojlund verließ der FCA-Stürmer als einer von gleich vier Spielern das Rasengeviert mit einer Platzwunde. Tietz, gemeinhin niemand, der im Verdacht steht, einem Zweikampf aus dem Weg zu gehen, scheute trotz Verletzung weiterhin keine physische Konfrontation.
Als der 27-Jährige im anthrazit gehaltenen Innenraum des Stadions steht, bezeichnet er seinen Gesundheitszustand als „gut“. Die Verletzungen überträgt er auf die Einstellung, die seine Mitspieler und er an den Tag legten. „Wir waren uns nicht zu schade, uns zu verletzen.“ Er deutet auf die Stelle, ehe er schildert: „Ich hatte Glück, dass es am Hinterkopf ist. So konnte ich weiter in die Kopfballduelle gehen. Hätte ich weiter vorne einen Cut gehabt, wäre es ekliger gewesen.“ Nach einer halben Stunde waren Tietz und Kristensen aneinander gerasselt und liegen geblieben, in der Schlussphase kopierten Jakic und Hojlund die Szene. Tietz gibt Entwarnung. „Ich habe mit allen gesprochen, es ist nichts Dramatisches. Blut ist geflossen, aber allen geht es super.“
2:2 gegen Frankfurt: Tietz erzielt für den FC Augsburg ein typisches Tietz-Tor
Hätte Tietz frühzeitig ausgewechselt werden müssen, wäre dies einem Verlust gleichgekommen. Beim 2:2 (0:0) bewies der Angreifer einmal mehr seine Bedeutung. In den vergangenen Wochen hatte er mit Toren zu Punkten beigetragen, in Frankfurt glich er nach Ekitikés Führungstreffer zum 1:1 aus. Die Abwehr wollte Tietz ins Abseits stellen, der Treffer hielt indes der Überprüfung durch den Videoschiedsrichter stand. Tietz typisch fiel das Tor.
Der Angreifer erzwang den Treffer, indem er den Ball mit seinem schwächeren linken Fuß durch die Beine von Eintracht-Torwart Kevin Trapp würgte. Tietz gibt eine ehrliche Antwort: „Ich wollte einfach nur, dass er aufs Tor geht. Dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass er ins Tor geht.“ Im Gegensatz zum zweiten FCA-Treffer, vor dem Trapp den Ball fallen ließ, konnte man dem Frankfurter Schlussmann in dieser Szene keinen Vorwurf machen. „Wir waren zwei, drei Meter auseinander und ich habe ihn einfach volle Kanne aufs Tor gebracht.“
Vor der Saison hatte sich der FCA im Angriff verändert. Ermedin Demirovic, Dijon Beljo (Leihe) und Sven Michel verließen den Bundesligisten, Steve Mounié, Samuel Essende und Yusuf Kabadayi stießen zum Klub. Tietz blieb und nahm den Konkurrenzkampf an. Vor allem aber nutzt er seine Chancen, macht aus wenig viel. Vier seiner insgesamt fünf Treffer hat er in den vergangenen sieben Ligaspielen erzielt. Nach der Umstellung auf ein defensiveres System ergeben sich für ihn weniger Torchancen, umso bedeutender ist Effektivität. Von zwei statistisch erfassten Torschüssen fand einer ins Ziel. Zweifelsohne hatten die Frankfurter ein spielerisches Übergewicht, doch Augsburg hielt mit seinen Mitteln dagegen. Eroberte sich zweite Bälle, nutzte Räume hinter der aufgerückten Eintracht-Abwehr zu Gegenangriffen.
FCA-Trainer Jess Thorup hat vor Spiel gegen Leverkusen die Wahl im Angriff
Weil Wucht und Tempo gefragt waren, erwies sich der Einsatz von Samuel Essende als passende Maßnahme. Der kongolesische Nationalspieler hatte sich mit einer Roten Karte am vierten Spieltag selbst aus dem Spiel genommen und musste sich fortan hinter Tietz und Alexis Claude-Maurice einreihen. In Frankfurt profitierte Essende vom kurzfristigen Ausfall von Claude-Maurice - und nutzte seine Chance. Im DFB-Pokal hatte der bullige Stoßstürmer getroffen, in Frankfurt ließ er Bundesligatreffer Nummer drei folgen. Sein Tief hat der 26-Jährige überwunden, wie sein Auftritt bewies. Im Spiel gegen den VfL Bochum (1:0) hatte Essende das 2:0 vergeben, diesmal staubte er zum zwischenzeitlichen 2:1 ab. Trainer Jess Thorup lobte gemeinhin seine Mannschaft, wusste aber um die Bedeutung der Tore. „Beide haben getroffen, beide haben aber auch sehr gute Aktionen gegen den Ball gehabt“, so Thorup.
Der Trainer hat nun die Wahl, wie er seine Offensive im Heimspiel gegen Bayer Leverkusen aufstellt (Samstag, 15.30 Uhr/Sky). Dass er Claude-Maurice, Essende und Tietz aufstellen wird - eher unwahrscheinlich. Tietz muss sich keine Sorgen um seinen Startelfplatz machen. An den freien Tagen am Sonntag und Montag wollte er Zeit mit der Familie verbringen, abschalten und sich erholen. Schließlich wartet auf ihn ein Spiel, in dem er seinem Körper wieder alles abverlangen wird.
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