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FCA-Gegner: Heidenheim-Trainer Frank Schmidt: "Wir taugen als Vorbild"

FCA-Gegner

Heidenheim-Trainer Frank Schmidt: "Wir taugen als Vorbild"

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    Heidenheims Trainer Frank Schmidt in Aktion: "Wir haben uns jeden einzelnen Punkt hart verdient."
    Heidenheims Trainer Frank Schmidt in Aktion: "Wir haben uns jeden einzelnen Punkt hart verdient." Foto: Tom Weller, dpa

    Herr Schmidt, wenn Ihnen jemand vor der Saison gesagt hätte: Nach 24 Bundesligaspielen steht Heidenheim auf Platz 11 – wie hätten Sie reagiert?

    Frank Schmidt: Mit den Einschätzungen von vor der Saison beschäftige ich mich nicht, ich lebe in der Gegenwart. Stattdessen geht es mir darum, was passiert ist in den bisherigen zwei Dritteln der Saison. Wir haben die Bundesliga jetzt kennengelernt. Wir haben Lehrgeld bezahlt, sind aber nie richtig unter die Räder gekommen. Wir haben uns diese gute Ausgangsposition verdient und wollen nun mit aller Macht die Klasse halten.

    Müssen Sie sich manchmal zwicken, weil es so gut läuft?

    Schmidt: Nein, denn wir haben uns mit unserer Art und Weise, Fußball zu spielen, jeden einzelnen Punkt hart verdient. Und eigentlich ist es sogar ärgerlich, dass wir ein paar Punkte liegen haben lassen: Gegen Frankfurt, Dortmund, den FCA und Hoffenheim. Es war vor der Saison ein Wunsch von mir, dass alle Leistungsträger bleiben. Denn es war wichtig, mit einer stabilen Grundordnung in die Saison zu gehen. Das hat sich ausgezahlt. Für mich ist das die „Tour de Bundesliga“, mit 34 oder 36 Etappen, die zu strampeln sind. Mittlerweile ist mein Anspruch: Wir wollen unser Ziel, den Klassenerhalt, in 34 Etappen schaffen, also ohne Relegation.

    Woran liegt es, dass es für Heidenheim nach anfänglichen Anpassungsproblemen so gut läuft?

    Schmidt: Ich habe hier viele Spieler, die mit ihren Aufgaben wachsen. Das gilt aber auch für uns als Verein. Wir haben eine klare Spielidee, einen klaren Umgang miteinander. Wir kommen über mannschaftliche Geschlossenheit, Zusammenhalt, Widerstandsfähigkeit. Wir haben uns einen Namen gemacht, wir stehen für etwas. Und die Gegner wissen: Wenn man den FCH auf die leichte Schulter nimmt, kann es schnell schief gehen. (lacht)

    Am Samstag tritt Trainer Frank Schmidt mit dem FC Heidenheim beim FC Augsburg an.
    Am Samstag tritt Trainer Frank Schmidt mit dem FC Heidenheim beim FC Augsburg an. Foto: Bernd Weißbrod, dpa

    Inwiefern hat sich der Standort Heidenheim im ersten halben Jahr Bundesliga verändert?

    Schmidt: Die Identifikation, die Emotionen, die sind nochmals gestiegen. Es ist ganz schön schwer, Karten für unsere Spiele zu bekommen. Jeder will dabei sein, jeder identifiziert sich, jeder will auch mitreden. Ich weiß: Irgendwann kommt die Phase, in der alle auch mehr kritisieren werden, wenn es mal nicht mehr so gut läuft. 

    Was hat sich für Sie selbst verändert?

    Schmidt: Ich musste lernen, nein zu sagen. Ich könnte gefühlt jeden Tag ein Interview geben oder einen Podcast aufnehmen, aber das geht zeitlich einfach nicht. Ich muss mich als Cheftrainer in erster Linie um meine Mannschaft kümmern. 

    Haben Sie da die Schattenseiten der Bundesliga bemerkt?

    Schmidt: Ich habe gemerkt, dass ich nicht allen Menschen gerecht werden kann. Das öffentliche Interesse war ja noch bis zur zweiten Liga vergleichsweise recht überschaubar. Wenn ich jetzt etwas absage, dann versteht das nicht immer jeder und reagiert vielleicht verärgert. Ich musste lernen, da drüber zu stehen. Aber eigentlich ist das ja keine Schattenseite, diese Aufmerksamkeit. Wenn ich in unserem Albstüble an der Voith-Arena was essen gehe und merke, dass zwei sechsjährige Buben schon die ganze Zeit rüberschauen und dann überglücklich sind, wenn wir ein Foto machen – dann geht mir das Herz auf, weil sich gerade viele junge Menschen mit uns identifizieren.

    Heidenheims Vorstandsvorsitzender Holger Sanwald (l) und Trainer Frank Schmidt feiern den Aufstieg in die Bundesliga.
    Heidenheims Vorstandsvorsitzender Holger Sanwald (l) und Trainer Frank Schmidt feiern den Aufstieg in die Bundesliga. Foto: Tom Weller, dpa

    Ist Heidenheim für Vereine, die auch nach oben wollen, mittlerweile eine Art Vorbild? Das ganz große Geld gibt es bei Ihnen nicht, dafür haben Sie klare Strukturen.

    Schmidt: Ich weiß, dass unser Vorstandsvorsitzender Holger Sanwald Anfragen von unterklassigen Vereinen erhalten hat, die sich für unseren Weg interessieren. Insofern: Ja, wir taugen als Vorbild. Wir machen ein paar Dinge anders und haben Erfolg damit. Das muss man sich vor Augen führen: Wir spielen in einer der besten Fußball-Ligen auf diesem Planeten. Und ich denke, dass es mit Wohlwollen aufgenommen wird, dass ein etwas anderer Profiverein so erfolgreich sein kann.

    Sie sind vom Kicker zur Persönlichkeit des Jahres 2023 gekürt worden. Wo haben Sie die Medaille hingehängt?

    Schmidt: Wenn ich so überlege: Es gab, glaube ich keine Medaille oder eine Urkunde. Nürnberger Lebkuchen habe ich bekommen, das hat mich gefreut! (lacht)

    Sie stehen mit diesem Gewinn in einer Reihe mit Franz Beckenbauer oder anderen Größen. Ist das für Sie surreal?

    Schmidt: Ich habe da tatsächlich kurz gezuckt. Es geht da ja auch um die Leistung, die ich mit unserem Trainerteam leiste. Dass damit zugleich die Persönlichkeit geehrt wird, freut mich. Ich will authentisch und ehrlich sein, ich bin ein wertebasierter Mensch. Deswegen habe ich die Auszeichnung auch gerne angenommen.

    Sportlich könnte der FCH am Ende sogar im internationalen Geschäft landen. Das Tabellen-Mittelfeld ist so eng wie selten. Beschäftigen Sie sich damit?

    Schmidt: Unsere Zielsetzung bleibt die gleiche wie vor der Saison: Wir wollen die Klasse halten. Es verbietet sich, als Aufsteiger von solchen Zielen zu träumen, solange man seine Hausaufgaben noch nicht gemacht hat. In dieser Liga zu bleiben, wäre doch für Heidenheim schon etwas Außergewöhnliches. Das hier mit uns und der Bundesliga – das soll kein One-Hit-Wonder sein. Der Klassenerhalt ist für mich nochmals deutlich mehr als unser Aufstieg wert.

    Hat in seiner ersten Bundesligasaison sieben Tore und zehn Torvorlagen auf dem Konto: Jan-Niklas Beste.
    Hat in seiner ersten Bundesligasaison sieben Tore und zehn Torvorlagen auf dem Konto: Jan-Niklas Beste. Foto: Bernd Weißbrod, dpa

    Einer Ihrer herausragenden Spieler ist Jan-Niklas Beste, der sich mit seinen Toren und Vorlagen in den Vordergrund gespielt hat. Wie stehen die Chancen, dass er über die Saison hinaus bleibt?

    Schmidt: Groß, weil er einen Vertrag bei uns hat. Der Ball liegt da beim Verein. Aber letztlich ist es natürlich eine Abwägungssache: Transfergewinne gehören zu unserem Konzept. Das trage ich auch mit. Wir haben hier keinen weißen Ritter als Mäzen. Zugleich weiß Niklas, was er an uns hat. Er hat bei uns – wie viele andere Spieler vor ihm schon – einen großen Sprung gemacht, sich entscheidend weiterentwickelt. Dass es im Sommer Veränderungen geben wird, möchte ich nicht ausschließen. Aber daran denke ich jetzt nicht, weil es mir nur Energie ziehen würde.

    Welche Erinnerungen haben Sie an das Hinspiel gegen den FC Augsburg? Es war das erste Spiel unter Jess Thorup – und für Sie ein Wechselbad der Gefühle. Nach einer 2:0-Führung verlor Heidenheim 2:5.

    Schmidt: Wir waren damals zunächst komplett der Chef im Ring, haben verdient geführt und hatten die Chance aufs dritte Tor. Dann haben wir mit Abwehrfehlern Augsburg das Gefühl gegeben, dass noch was zu holen ist. Letztlich war es eine bittere Niederlage, die uns gezeigt hat wie schnell Fehler in der Bundesliga bestraft werden. Der Trainereffekt war damals ganz klar zu spüren und der FCA ist die Mannschaft, die die meisten Punkte nach Rückstand geholt hat. Sie haben unglaubliche Qualität, gerade in der Offensive. Umso erstaunlicher ist, dass wir momentan bei der Punkteausbeute fast gleichauf sind.

    Die Vorzeichen sind diesmal völlig andere: Der Fußball unter Thorup ist klar, der FCA kommt nicht aus einer Krise wie im Hinspiel.

    Schmidt: Die Brust in Augsburg ist nach zwei Siegen extrem groß, bei Spielern und im Verein. Gerade das 6:0 gegen Darmstadt erlebt man nicht jede Woche. Sie spielen ein klares 4-4-2 mit einer Raute, einer klaren Grundordnung und spannenden Laufwegen. Die beiden Stürmer Tietz und Demirovic kommen mit viel Präsenz und Körperlichkeit und bearbeiten die gegnerischen Innenverteidiger, darauf stellen wir uns ein. Vieles wird über mentale und körperliche Robustheit entschieden werden. Wir wissen genau, wie sie spielen, wie sie ihre Außenverteidiger im Spiel nach vorne einsetzen. Allgemein spielt Augsburg sehr offensiv, und da wird’s für uns spannend.

    Zuletzt gab es bundesweit Kundgebungen und Stellungnahmen wegen des Wiedererstarken des Rechtsextremismus. Sie gelten als jemand, dem bodenständige Werte wichtig sind. Wie wichtig ist es in diesen Zeiten, Stellung zu beziehen?

    Schmidt: Ich bin in erster Linie Fußballtrainer, aber natürlich stehe ich im Leben, natürlich mache ich mir da Gedanken. Der Fußball bietet Vorbilder, deswegen muss man auch für was stehen. Wir müssen uns ganz klar gegen jede Form der Diskriminierung und des Antisemitismus aussprechen. Ich war vor ein paar Monaten auf einer Veranstaltung mit der Holocaust-Überlebenden Eva Erben. Das hat mir nochmals unsere eigene Geschichte in Deutschland vor Augen geführt – und gezeigt, wie wichtig es ist, in diesen Zeiten für ein respektvolles und menschliches Miteinander einzustehen.

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