Für Stefan Reuter war es trotz der 0:2-Niederlage von Borussia Dortmund im Champions-League-Finale gegen Real Madrid ein „unglaubliches“ Wochenende in London. 1997 hatte der Weltmeister von 1990 mit Borussia Dortmund in München das Champions–League-Finale gegen seinen Ex-Verein, Juventus Turin, mit 3:1 gewonnen. Die Sieger von damals waren von der Borussia nun eingeladen worden.
Reuter fieberte mit seiner Frau und deren ältestem Sohn, der in London lebt, auf der Tribüne mit seinen Nachfolgern mit. Umsonst. „Dortmund muss in der ersten Halbzeit in Führung gehen, dann kommt Real vielleicht unter Druck“, bilanziert er.
Stefan Reuter lobt Toni Kroos
Begeistert war er im Wembley-Stadion vor allem von einem deutschen Spieler: Toni Kroos. „Man hat das große Selbstbewusstsein von Real Madrid bis auf die Tribüne gemerkt. Die sind solche großen Spiele gewohnt.“ Und haben einen Toni Kroos. Reuter: „Er ist da ein unglaublicher Faktor. Mit welcher Ballsicherheit und Überzeugung er das Spiel lenkt. Das Selbstbewusstsein, das er ausstrahlt, überträgt sich auf die Mannschaft. Immer wenn Druck aufkommt, kann er das Spiel verlagern“, schwärmt der 57-Jährige. „Er hat ein unheimliches Gespür: wann lässt er klatschen, wann spielt er mit zwei Kontakten. Er macht das Spiel schnell, auch wenn er nicht schnell ist. Das ist eine Gabe.“
Gedrückte Stimmung bei der schwarz-gelben Nacht im Outernet in London
Und so hat Real für Reuter nicht unverdient zum 15. Mal die europäische Krone geholt. Dass dann beim Abschlussbankett im angesagten Outernet London im Stadtteil Soho die Stimmung gedrückt war, war für Reuter nicht überraschend: „Das ist doch klar. Es ist einfach bitter, wenn du ein Finale nicht gewinnst. Denn bis du dahin kommst, hast du einen enormen Aufwand betrieben.“ Er selbst hatte auf der Feier trotzdem seinen Spaß.. „Es war ein nettes Zusammensein mit meinen ehemaligen Mitspielern“, betrieb er in guter englischer Manier wohl ein bisschen Understatement.
Was Reuter auch beeindruckt hat: die friedliche Stimmung in und um das Stadion. „Die Madrilenen und die Dortmunder sind sehr respektvoll miteinander umgegangen. Das war ein unglaublich positives Bild.“
Der Fußball hat seine Faszination für Reuter nicht verloren, auch wenn er sich im August beim FC Augsburg als Sport-Geschäftsführer zurückgezogen hat und „nur“ noch als Berater fungiert. Sein Vertrag läuft bis 2026. „Ich fühle mich pudelwohl, mir macht der Fußball Spaß. Ich liebe es, im Stadion zu sein und auch eine gewisse Spannung zu spüren“, sagt er.
Stefan Reuter denkt derzeit nicht an eine Rückkehr ins operative Geschäft
Doch an eine Rückkehr an die Schalthebel denkt er derzeit nicht. Er soll ein Kandidat beim 1. FC Nürnberg als Nachfolger von Sportvorstand Dieter Hecking gewesen sein. „Das kam für mich alles nicht infrage“, sagt er und fügt an: „Ich habe ein klares Commitment abgegeben bis 2026 beim FC Augsburg. Und so lange will ich den FCA auf alle Fälle begleiten. Ich trete nicht mehr öffentlich auf, stehe aber jederzeit mit meinem Rat zur Verfügung. Nach elf Jahren ist der FCA ein Stück weit mein Baby. Insofern will ich nicht von heute auf morgen etwas anderes machen.“
Wie weit er aber in die laufenden Personalplanungen involviert ist, wollte er nicht verraten: "Meine Meinung ist immer wieder gefragt, aber das sind Themen, über die Michael (Ströll/Geschäftsführer) und Jure (Marinko Jurendic/Sportdirektor) sprechen sollen."