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FC Augsburg: Stefan Reuter im Interview: "Der FCA ist keine One-Man-Show"

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Stefan Reuter im Interview: "Der FCA ist keine One-Man-Show"

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    Stefan Reuter gab zu, dass in der vergangenen Saison Fehler gemacht wurden.
    Stefan Reuter gab zu, dass in der vergangenen Saison Fehler gemacht wurden. Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)

    Herr Reuter, Enrico Maaßen hat Anfang der Woche seinen Vertrag unterschrieben. Warum hat es so lange gedauert, bis der neue Trainer feststand? Der FCA war da in. Warum hat es so lange gedauert, bis der neue Trainer feststand? Der FCA war da in der Bundesliga das Schlusslicht.

    Stefan Reuter: Wir sind bis zwei Tage vor dem Saisonfinale gegen Fürth davon ausgegangen, dass sich Klaus Hofmann, Markus Weinzierl, Michael Ströll und ich uns nach der Saison zu einer Saisonanalyse zusammensetzen. So war es zwischen uns klar besprochen. Wir wollten dabei alles kritisch ansprechen, auch uns gegenseitig kritisch beurteilen. Das hätte ich für ganz wichtig gehalten, denn wir haben nicht alles richtig gemacht in dieser Saison. Auch ich nicht. Darum musst du dir intern die Meinung sagen, musst dir überlegen, was können wir verbessern, was ist nicht gut gelaufen.

    Es kam aber anders. Waren Sie wirklich so überrascht vom Rücktritt von Klaus Hofmann und dem Abschied von Markus Weinzierl?

    Reuter: Ja, definitiv. Ich habe nicht damit gerechnet, dass Klaus Hofmann zwei Tage vor dem letzten Spiel seine Ämter niederlegt. Bis zu diesem Zeitpunkt war klar, dass wir uns nach dem letzten Spiel zusammensetzen und die Saison besprechen. Seit Januar habe ich Klaus Hofmann immer wieder angesprochen, dass der Trainervertrag ausläuft. Doch ihm war wichtig, dass wir dies nach der Saison machen. Klaus Hofmann hatte als Präsident das Recht zu sagen, dass wir nach der Saison sprechen, dann sprechen wir nach der Saison. Natürlich hatten wir auch die Erfahrungen aus den letzten Jahren im Hinterkopf. Da war es oft so, dass es einen Spannungsabfall gab und wir nicht mehr so gepunktet haben, wenn wir unser Ziel erreicht hatten. Das hat uns Jahr für Jahr Tabellenplätze gekostet und unter dem Strich beim TV-Geld-Ranking extrem viel Geld.

    Ist das auch Markus Weinzierl so gesagt worden?

    Reuter: Das ist über Monate, und auch noch in der letzten Woche mit Markus, so kommuniziert worden. Er hat ja selbst in Pressekonferenzen oft genug bestätigt, dass wir uns nach der Saison zusammensetzen. Ich könnte nur mutmaßen, warum er ohne Abstimmung nach dem Fürth-Spiel angekündigt hat, nicht mehr für Gespräche zur Verfügung zu stehen.

    Nach dem Rücktritt von Klaus Hofmann und dem spektakulären Abgang von Markus Weinzierl ist ein mediales Gewitter über den FCA hereingebrochen. Es wurde von einem Machtkampf, sogar von einem Intrigantenstadel gesprochen.

    Reuter: Das war definitiv keine schöne Zeit für den FCA. Uns war wichtig, dass wir bei all den Spekulationen kein Öl ins Feuer gießen. Wenn Klaus Hofmann uns mitteilt, dass er aus gesundheitlichen Gründen zurücktritt und seine Ämter zur Verfügung stellt, dann gilt es, das so zu akzeptieren. Was danach teilweise berichtet wurde, finde ich aber bedenklich, vor allem wenn Unwahrheiten verbreitet werden und haltlose Spekulationen aufkommen, vor allem wenn es um die Gesundheit geht. Aber auch das muss man bis zu einem gewissen Grad ertragen können. Ich weiß, dass auch ich nicht alles richtig mache, dass es auch berechtigte Kritik gibt. Aber wir treffen unsere Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen immer im Sinne des FC Augsburg.

    Welchen Stellenwert hat die kommende Saison für Sie? Sie werden noch mehr im Fokus stehen.

    Reuter: Ich sehe es nicht so, dass die kommende Saison einen besonderen Stellenwert für mich hat. Es geht ausschließlich um den FC Augsburg. Man darf keine Führungsposition übernehmen, wenn man Bedenken hat. Ich freue mich auf die neue Saison und habe keine Angst vor Druck. Ich bin aber wie eingangs schon betont auch sehr selbstkritisch und hinterfrage mich. Da waren sicher zuletzt auch bei mir Dinge dabei, die ich besser machen möchte.

    Können Sie da konkreter werden?

    Reuter: Mit Trainerentscheidungen waren wir nicht immer glücklich gelegen. Zudem hat die Analyse ergeben, dass wir uns im sportlichen Bereich breiter aufstellen wollen, um noch mehr Kompetenz im Team zu haben, weswegen wir uns hierzu Gedanken machen. Bei Christoph Janker wollen wir auch, dass er noch mehr Verantwortung übernimmt. Der FC Augsburg war noch nie eine One-Man-Show und wird es auch nicht werden.

    Klaus Hofmann wollte Armin Veh als Geschäftsführer installieren. Hätten Sie sich eine Zusammenarbeit überhaupt vorstellen können?

    Reuter: Mit uns ist darüber nicht gesprochen worden. Mehr kann ich zu diesem Thema auch nicht sagen.

    Kam der Trainer-Abschied vor laufender Kamera für Sie überraschend?

    Reuter: Wie gesagt, war auch das überraschend. Wir haben auf unserer Abschlussfeier am Abend noch lange miteinander gesprochen. Er meinte, der einzige Verlierer zu sein. Doch ich habe noch einmal bekräftigt, dass wir die Saison gemeinsam mit ihm kritisch analysieren wollten. Jeder sollte seine Meinung sagen. Erst danach sollte sich entscheiden, ob wir einen gemeinsamen Weg finden oder nicht. Zu diesen Gesprächen kam es aber nicht mehr.

    War es ein Fehler, Markus Weinzierl zurückzuholen?

    Reuter: Nein, damals war es genau richtig. Der Zeitpunkt war extrem spät in der Saison, es waren nur noch drei Spiele zu absolvieren. Sieben Spieler hatten unter Markus in seiner ersten Amtszeit noch gespielt, wussten also genau, was ihm wichtig ist. Letztlich haben wir einen schnellen Stimmungsumschwung in der Mannschaft und dem Umfeld erzeugt und den Klassenerhalt dann auch geschafft. Die dann folgende Entwicklung war sicher nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Aber das wollten wir ja eigentlich gemeinsam analysieren.

    Wie lief die Saisonanalyse ohne Klaus Hofmann und Markus Weinzierl ab?

    Reuter: Unsere Gremien hatten uns nach dem Rücktritt von Klaus Hofmann ganz klar das Vertrauen ausgesprochen. So haben Christoph Janker, unser Leiter der Lizenzspielerabteilung, Michael Ströll und ich uns intensiv ausgetauscht und dann entschieden. Wir haben uns bei der Trainersuche ganz bewusst die nötige Zeit genommen, um uns sehr gründlich mit möglichen Kandidaten zu beschäftigen, Gespräche zu führen und die beste Lösung für den FCA zu finden. Wir hatten eine lange Liste von Namen, die wir durch die Gespräche Schritt für Schritt gekürzt haben.

    Wie lang war die Liste?

    Reuter: Das Verrückte war: Das Interview von Markus Weinzierl lief noch im Fernsehen, da kamen auf meinem Handy schon die ersten Anfragen und Bewerbungen von Beratern und auch von Trainern selbst.

    War Maaßen immer Ihr Favorit?

    Reuter: Ja, das war er. Wir sind aber nicht sofort auf ihn zugegangen, sondern haben uns zuerst über unsere Netzwerke Infos und Meinungen eingeholt. Das haben wir dann für uns eingeordnet. Erst danach haben wir Enrico gefragt, ob wir uns persönlich treffen können. In diesen Gesprächen hat er uns absolut überzeugt und es war klar, dass er unsere Wunschlösung ist.

    Warum?

    Reuter: Wir haben in unserer Saisonanalyse auch die Fragen beantwortet, was für uns in Zukunft von elementarer Bedeutung ist und worauf wir Wert legen. Wir haben aktuell einen Kader mit sehr vielen jungen Spielern, die enormes Entwicklungspotenzial besitzen. Mit diesen Spielern muss man sich intensiv beschäftigen, um sie weiterzuentwickeln. Daher brauchen wir jemanden, dem wir das zu hundert Prozent zutrauen und der auch schon bewiesen hat, dass er jungen Spielern vertraut, sie gezielt fördert und weiterentwickeln kann.

    Dafür ist der Kader aber doch zu groß. Wie sollen die Talente da Spielzeit bekommen? Haben Sie auch deswegen die Verträge von Alfred Finnbogason und Jan Moravek nicht verlängert?

    Reuter: Wir schätzen Jan Moravek und Alfred Finnbogason sehr. Aber sie sind beide schon über 32 Jahre alt, waren häufig verletzt und haben so einen Kaderplatz besetzt, den ein junger Spieler auch einnehmen kann. Daher war auch das ein Grund. Aber wir wollten diese Personalien zuerst mit dem neuen Trainer besprechen. Darum hat es etwas gedauert. Wir wollen unseren Kader tendenziell etwas verkleinern. Während der Corona-Zeit war es wichtig, einen etwas größeren Kader zu haben, aber wir müssen jetzt schauen, dass jeder Spieler eine Wertigkeit und Wichtigkeit bekommt.

    Wie beurteilt der Trainer den Kader?

    Reuter: Enrico Maaßen bewertet unseren Kader richtig positiv. Er sieht viele interessante und entwicklungsfähige Spieler.

    Aber auch der Trainer ist noch entwicklungsfähig. Er ist 38, hat noch nie in der Bundesliga oder zweiten Liga gearbeitet. Ist das nicht ein Risiko?

    Reuter: Was wäre denn kein Risiko? Für uns war wichtig, dass der neue Trainer fachlich kompetent ist, sich und sein Umfeld entwickeln möchte und gierig ist. Auch, dass er nicht stur auf ein System festgelegt ist. Er kann sich dem Spielerpersonal anpassen, hat aber klare Prinzipien, klare Vorstellungen, ein klares Positionsspiel. Er lässt griffig gegen den Ball spielen, will aber auch das eigene Fußballspiel sehen. Wir hatten in den letzten Jahren zu viel Stagnation. Die Attraktivität unseres Spiels hat gelitten. Er ist ein positiv Verrückter, der viel Energie hat und sich beweisen will. Das ist ansteckend. Um Ihre Frage nach dem Risiko zu beantworten: Auch Markus Weinzierl und Manuel Baum hatten keine Erfahrung in der ersten oder zweiten Liga, als wir sie geholt haben. Letztlich hatten wir mit ihnen die erfolgreichsten und stabilsten Spielzeiten.

    Ab sofort ein Spieler des FC Augsburg: Elvis Rexhbecajm hier mit FCA-Trainer Enrico Maaßen (links) und Geschäftsführer Stefan Reuter.
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    Neuer Trainer, einige Neuzugänge: Mit diesem Kader geht der FC Augsburg in die zwölfte Bundesliga-Saison.

    Sie sagen, der Kader soll kleiner werden. Denken Sie da eher an Ausleihen oder Verkaufen?

    Reuter: Teils, teils. Zunächst einmal soll jeder die Möglichkeit haben, sich zu zeigen. Aber Tim Civeja zum Beispiel ist auf uns zugekommen und würde gerne nach dieser für ihn enttäuschenden Saison, in der er nicht einmal im Kader gewesen ist, einen anderen Weg einschlagen. Mit solchen Themen müssen wir uns auseinandersetzen, wenn sie so klar artikuliert werden. Wir wollen den Spieler aber nicht verlieren, sondern auch die Möglichkeit haben, ihn wieder zurückzuholen. Das kann man durch Leihgeschäfte oder eine Rückkaufoption erreichen.

    Wo braucht es Verstärkungen?

    Reuter: Wir können nicht sagen, dass wir unseren Kader für gut befinden, den Spielern aber nicht auch Vertrauen geben. Es kommt auch darauf an, wie sich unsere Spieler, auch die Rückkehrer, in der Vorbereitung präsentieren. Köln war in der vergangenen Saison ein sehr gutes Beispiel, wie es auch gehen kann. Dort wurde im Kader nicht viel verändert, auf der Trainerposition schon und sie haben einen erfrischenden und erfolgreichen Fußball gespielt.

    Enrico Maaßen bringt einen Co-Trainer mit, mit Tobias Zellner und Reiner Maurer gehen aber zwei. Wird eine Stelle offen bleiben?

    Reuter: Die Co-Trainer Jonas Scheuermann und Torwarttrainer Kristian Barbuscak werden bei uns bleiben. Gleiches gilt auch für die Reha- und Athletiktrainer. Damit steht unser Trainerteam grundsätzlich. Wir werden uns hier aber auch weiter austauschen und prüfen, wenn wir uns verbessern können.

    In dieser Woche lief die Nations League. Braucht es diesen Wettbewerb?

    Reuter: Der Zeitpunkt nach der Saison, dem DFB-Pokal- und Champions-League-Finale ist sicherlich sehr unglücklich, zumal noch vier Länderspiele auf dem Programm standen. Die Belastung für die Spieler ist enorm. Irgendwann ist jeder müde und der Körper holt sich seine Pausen. Das hat leider auch Ruben Vargas bei der Schweizer Nationalmannschaft erfahren müssen und sich eine schwere Muskelverletzung zugezogen. Das ist sehr ärgerlich für ihn und uns. Er wird etliche Wochen fehlen und vielleicht die größten Teile der Vorbereitung verpassen.

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