Als Kevin Mbabu und Ermedin Demirovic Richtung Mannschaftsbus steuerten, zogen sie eine rollende Musikbox hinter sich her. Die Spieler des FC Augsburg sangen, den Sound hatten sie laut aufgedreht, es dröhnte hallend durch die Mixedzone des Darmstädter Stadions. Die beiden waren in Partystimmung. Alles andere hätte auch überrascht. Nach diesem Spiel. Nach dieser ersten Hälfte. Nach dem höchsten Auswärtssieg in der Erstligageschichte des Klubs. In wahnwitzigen 28 Minuten hatten die Augsburger fünf Treffer erzielt, am Ende dokumentierten eine Sechs und eine Null auf der elektronischen Anzeigetafel Historisches.
In welches Gesicht man auch blickte, das Lächeln wollte weder bei Spielern noch bei Betreuern oder Verantwortlichen verschwinden. Selbst Thorup, der von sich sagt, eigentlich nie zufrieden zu sein, hörte nicht auf zu lächeln. Ausgiebig lobte der 54-Jährige seine Mannschaft. „Sie haben überragend gespielt, haben den Gegner unter Druck gesetzt, haben schöne Tore gemacht“, so Thorup, der aus dem Schulterklopfen gar nicht mehr herauskam.
Den Rekord von Ermedin Demirovic zählte er auf, der nun als einziger FCA-Spieler in der Bundesliga innerhalb einer Saison 14 Treffer erzielt hat; das erste Zu-Null-Spiel hob er hervor, das er sich so sehnlich gewünscht hatte; nicht zuletzt erzählte er davon, dass es erstmals nach vier Jahren gelungen war, in einer Spielzeit zweimal hintereinander zu gewinnen. Thorup fasste zusammen: „Es gibt so viele positive Dinge, die wir von diesem Spiel mitnehmen können.“
FC Augsburg berauscht sich an seinen Offensivaktionen
Thorup hatte nach dem Sieg gegen Freiburg und vor dem Spiel gegen Darmstadt mit seinen Spielern sinniert, wonach sie denn jetzt strebten. Ob sie sich, wie in den vergangenen Jahren üblich, damit zufriedengeben würden, irgendwie den Klassenerhalt zu schaffen. Oder ob sie nicht doch Lust auf mehr hätten. Auf mehr Spaß am Spiel. Auf mehr Tore. Auf mehr Siege. In Summe auf mehr Erfolg und damit eine bessere Tabellenplatzierung. „Ich habe zur Mannschaft gesagt: Wenn, dann ist es heute, dass wir etwas verändern müssen“, berichtete Thorup. „Und das haben wir von der ersten Minute an auf dem Platz gezeigt.“
Schon in der Anfangsphase hätte die Partie keinen besseren Verlauf aus Augsburger Sicht nehmen können. Während die Darmstädter unter dem Druck, als Tabellenletzter gegen Augsburg die Wende schaffen zu müssen, grausige Fehler produzierten, berauschten sich die Gäste an ihren Offensivaktionen. Beim frühen 1:0 (2.) verwertete Phillip Tietz einen völlig missratenen Querpass, beim 3:0 Ermedin Demirovic einen nicht minder missratenen Rückpass (20.). Die weiteren Treffer von Fredrik Jensen (12.), Ruben Vargas (25.) und abermals Demirovic (29.) entsprangen einer Kombination aus spielerischer Überlegenheit und einem in allen Belangen überforderten Gegner.
Thorup lenkt den Blick auf die Bundesliga-Spiele, die noch kommen
In der jüngeren Vergangenheit hatten die Augsburger solche Gelegenheiten verstreichen lassen, diesmal zeigten sie sich fest entschlossen, ein Zeichen zu setzen. Thorup war in die Köpfe seiner Spieler vorgedrungen, diese hatten sein „Mindset“, seine Denkweise, von der er so gerne spricht, verinnerlicht. In der Halbzeit vereinbarten der Trainer und seine Spieler, weiter offensiv aufzutreten. Auch das gelang ihnen in Darmstadt.
Seine persönliche Hinrunde hat Thorup jetzt abgeschlossen (Punkteschnitt: 1,41 pro Spiel), gegen jeden Gegner der Bundesliga hat er einmal gespielt. Darauf eingehen wollte der Däne nicht, stattdessen lenkte er den Blick auf das, was noch kommt. „Wir wollten den nächsten Sieg, nochmals drei Punkte, um in der Tabelle mal nach oben zu schauen.“ Man habe noch nichts gewonnen, so Thorup, sei aber „auf einem guten Weg“.
FCA-Sportdirektor Marinko Jurendic: „Trotzdem gibt es nur drei Punkte“
Weil der 1. FC Heidenheim zu Hause gegen Frankfurt unterlag, überholte der FCA in der Tabelle den Aufsteiger und rückte auf Platz zehn vor. Vor dem Sonntagsspiel zwischen Bremen und Hoffenheim trennt Augsburg lediglich ein Punkt von Platz sieben. FCA-Sportdirektor Marinko Jurendic, der selbstredend an diesem Nachmittag auch viel lächelte, nicht aber im Verdacht steht, allzu überschwänglich auf Erfolge zu reagieren, bemühte sich sogleich um eine passende Einordnung. Nach dem „Härtetest“ gegen Freiburg hätten die Spieler gezeigt, dass sie nachlegen wollen. „Sie haben den Sieg nicht nur bestätigt, sie haben ihn vergoldet. Das war der nächstgrößere Schritt“, sagte Jurendic. Ehe er nachschob: „Trotzdem gibt es nur drei Punkte.“
Ein erstes wegweisendes Spiel haben die Augsburger für sich entschieden, weitere folgen. Nach dem Heimspiel gegen Heidenheim (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) stehen Partien gegen Wolfsburg und Köln an. Letzte Zweifel am Ligaverbleib ließen sich zerstreuen, ohne Last auf den Schultern scheint vieles möglich. „Uns gibt die gefestigte Mittelfeldplatzierung ein gutes Gefühl, den nächsten Schritt angehen zu können“, meinte Jurendic. Sollten Siege folgen, hätten Demirovic und Mbabu bestimmt den passenden Sound.
Darmstadt Schuhen – J. Müller (27. Zimmermann), Franjic, Maglica, Karic – Gjasula (27. Holtmann), Holland (41. A. Müller) – Sharke, Justvan – Polter (74. Torsiello), Pfeiffer (74. Vilhelmsson)
Augsburg Dahmen – Mbabu, Gouweleeuw (74. Bauer), Uduokhai, Iago – Jakic (60. Dorsch) – Jensen (46. Engels), Maier (60. Pep Biel) – Vargas – Demirovic (71. Beljo), Tietz
Tore 0:1 Tietz (2.), 0:2 Jensen (12.), 0:3 Demirovic (20.), 0:4 Vargas (25.), 0:5 Demirovic (29.), 0:6 Tietz (84.) Schiedsrichter Zwayer (Berlin) Zuschauer 17.810 (ausverkauft)