Wenige Sätze genügen, um sich einen ersten Eindruck von Phillip Tietz zu verschaffen. Geradlinig, zielstrebig, fokussiert tritt er nicht nur auf dem Rasen auf, im Gespräch wirkt er ebenso klar und schnörkellos. Tietz hat in seiner Karriere bislang keine großen Sprünge gemacht, war kein Überflieger, stattdessen hat er sich stetig, Liga für Liga, mit Fleiß und Akribie nach oben gearbeitet. Vor Spielen beschäftigt er sich mit möglichen Gegenspielern, nach Spielen analysiert er im Videostudium sein eigenes Spiel. Nichts überlässt er dem Zufall. "Die Wege, die ich gegangen bin, waren die richtigen", betont er. "Nichts wird überstürzt gemacht, es geht Schritt für Schritt weiter. Wichtig dabei ist: Du musst wissen, woher du kommst, und geerdet bleiben."
Tietz, blondierte Haare, großflächige Tattoos, 1,90 Meter groß, verfolgt einen klaren Karriereplan. Jetzt, mit 26 Jahren, erlebt die Laufbahn als Fußballprofi ihren ersten Höhepunkt. Der Angreifer erklärt, warum er sich unbedingt dem FC Augsburg anschließen wollte – und Angebote anderer Interessenten ausschlug. "Die Bemühungen des FCA waren so super, dass für mich ganz klar war, nach Augsburg zu wechseln. Ich bin so fest überzeugt, dass das der richtige Schritt ist." Letztlich hätte für ihn gar keine andere Möglichkeit mehr bestanden, als nach Augsburg zu gehen. Derart verfestigt hatte sich dieses Vorhaben in seinem Kopf.
Wechsel zum FCA: Darmstadt-Trainer hätte Phillip Tietz gerne behalten
Formal hätte er eine andere Möglichkeit gehabt, sein Vertrag beim SV Darmstadt 98 lief noch. Dort erlebte Tietz eine traumhafte Spielzeit in der 2. Bundesliga, gekrönt durch den direkten Aufstieg. Tietz trug mit zwölf Treffern und fünf Vorlagen maßgeblich zum Erfolg bei, hätte als gefeierter Aufstiegsheld in Darmstadt bleiben können. Trainer Torsten Lieberknecht hätte seinen wuchtigen Mittelstürmer auch liebend gerne behalten, andere Verantwortliche des Vereins witterten jedoch das Geschäft, das sich mit Tietz machen ließ. Der Spieler beschreibt die Situation so: "Ich habe in Darmstadt eine schöne Zeit gehabt, aber sie wollten mich nicht unbedingt halten. Das hätte aber auch nichts gebracht. Ich wollte den nächsten Entwicklungsschritt machen und den Verein verlassen."
Mit der Verpflichtung von Tietz rüstete sich der FCA für einen wahrscheinlichen Abschied von Mergim Berisha. Sowohl der Angreifer, der aktuell eine externe Reha absolviert, als auch der Fußball-Bundesligist sind interessiert, sich in Form einer "Win-win-Situation", so würde es Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter nennen, zu trennen. Der Spieler möchte seiner Karriere einen weiteren Schub verpassen, nachdem er in der Nationalmannschaft erste Länderspielminuten bekam; Augsburg möchte Transfererlöse erwirtschaften.
Für 2,2 Millionen Euro kaufte der FCA Tietz aus seinem Vertrag in Darmstadt heraus. Der Spieler legt Wert darauf, dass letztlich die Entscheidungsgewalt bei ihm lag. "Ich will das klarstellen: Ob sich Darmstadt um mich bemüht hat oder nicht: Ich habe das entschieden, nicht Darmstadt und nicht Augsburg. Ich habe mich bewusst für diesen Weg nach Augsburg entschieden, weil ich zu einem etablierten Erstligisten gehen wollte, bei dem ich mich wohlfühlen werde." In etlichen Gesprächen hätten sich die Augsburger um Tietz bemüht, beeindruckt hat den Vater der eineinhalbjährigen Mavie-Lou, wie intensiv sich Trainer Enrico Maaßen mit ihm beschäftigte. Nicht nur über das Sportliche sei gesprochen worden, Maaßen, selbst Familienvater, habe auch Privates thematisiert. Anfang August sollen Freundin Michelle und seine Tochter nach Augsburg nachkommen. Beim Gedanken daran muss Tietz lächeln.
Phillip Tietz beschreibt sich als emotionalen Spieler
Maaßen sieht in Tietz einen jener Spieler, die den Geist der Mannschaft künftig prägen sollen. Die, die Mentalität mitbringen, nicht nachzulassen, sich Widerständen entgegenzustellen und selbst in vermeintlich ausweglosen Situationen noch alles zu geben. "Gier" und "Hunger" beschreiben letztlich, sich nicht mit dem Ist-zustand zufriedenzugeben. Die FCA-Spieler haben das jedoch in der jüngeren Vergangenheit des Öfteren getan. Tietz, der sich auf dem Platz als emotionalen Spieler beschreibt, bekräftigt, sich vollends in den Dienst der Mannschaft stellen zu wollen: durch Abwehrarbeit, aber auch durch Tore und Vorlagen. Ein Vorbild sieht er im französischen Weltklasse-Stürmer Olivier Giroud. Auch wenn Angreifer daran gemessen werden, eine Torquote setzt er sich nicht als Ziel. Diesem zusätzlichen Druck wolle er sich nicht aussetzen, begründet er.
Tietz hat sich unter anderem das Motto "I have a dream" in die Haut stechen lassen. Mit dem Wechsel zu einem etablierten Bundesligisten sei einer von drei sportlichen Träumen in Erfüllung gegangen. Über die anderen will er nicht weiter sprechen. Es wäre aber keine Überraschung, wäre die Berufung in die Nationalmannschaft darunter.
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