Jeffrey Gouweleeuw versuchte gar nicht erst, an diesem Spiel irgendetwas Positives zu finden. Stattdessen sprach der Abwehrchef des FC Augsburg Klartext, als Medienvertreter seine Meinung zum Auftreten an diesem Nachmittag hören wollten. Zum 1:2 (0:0) gegen Aufsteiger Darmstadt 98, was dem vorläufigen Tiefpunkt unter der Regie von Trainer Enrico Maaßen gleichkam. Gouweleeuw meinte: "Ballbesitz ist nicht unsere Stärke. Aber es ist schon peinlich, wenn Darmstadt in der ersten Hälfte 70 Prozent den Ball hat."
FCA-Profi Jeffrey Gouweleeuw über den passiven Auftritt des FC Augsburg
Der Niederländer kniff kurz die Augen zusammen. Warum seine Mannschaft mit einem schmeichelhaften 0:0 in die Pause ging? Warum sie derart passiv auftrat und erst nach dem 0:2, als sie mit dem Rücken zur Wand stand, mit Angriffen vors Gästetor kam? Gouweleeuws Antwort: "Wir können alle vor dem Spiel in der Kabine rufen: Auf geht's, auf geht's. Auf geht's aber auf dem Platz."
Maaßen hatte eine defensive Grundordnung gewählt mit drei Innenverteidigern. Nach dem zweiten Gegentreffer stellte er auf eine offensive Viererkette um. Ob der zunächst sehr auf Sicherheit bedachte Ansatz der richtige war, wollte Gouweleeuw nicht beantworten. Er kam allerdings schnell zu Grundsätzlichem und zum radikalen Umbruch, der seit letzten Winter unter Maaßen und dem inzwischen ehemaligen Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter eingeleitet worden war. "Am Ende des Tages ist es immer eine Frage der Qualität."
Gouweleeuw: "Ich kann nichts Gutes und nichts Schlechtes sagen."
Man sei in die Saison mit vielen jungen Spielern gegangen, die wenig bis gar keine Erfahrung in der Bundesliga haben, sagte Gouweleeuw. Erfahren hat er das selbst. Erst als die Not am größten war, haben die Verantwortlichen Routinier Gouweleeuw zurück in den Kader und die Stammelf geholt. "Wenn man einen Trainer hat, der wenig Erfahrung hat. Und wenn man Spieler hat, die wenig Erfahrung haben. Das funktioniert nicht", so Gouweleeuw. Die Trainerfrage sei nicht seine Entscheidung, fügte er hinzu.
Dann zitierte er in abgewandelter Form den ehemaligen FCA-Spieler Martin Hinteregger, der einst wegen Kritik an Trainer Manuel Baum vom FCA abgestraft wurde: "Ich kann nichts Gutes und nichts Schlechtes sagen. Der Trainer gibt alles." Es seien auch andere Leute involviert, die jetzt im Hintergrund seien. Wer wollte, konnte dies als Kritik an Reuter verstehen, der inzwischen als Berater tätig ist, den aktuellen Kader aber zusammengestellt hat.
"Das Problem ist größer", so Gouweleeuw. Nicht nur der Trainer sei an der Situation schuld. Der 32-Jährige erinnerte sich an seine Anfangszeit. Als er 2016 zu den Jüngeren zählte und Baier, Altintop, Klavan, Hitz oder Verhaegh das Gerüst bildeten. "Trotzdem müssen wir die Situation so annehmen, wie sie ist. Eine andere Option gibt es nicht", betont Gouweleeuw. Geradezu verwunderlich wäre, würden diese Worte für den Niederländer folgenlos bleiben. Wahrscheinlicher ist eine Geldstrafe. Gouweleeuw war im Sommer mitgeteilt worden, dass sein 2024 auslaufender Vertrag nicht verlängert werde.
Sven Michel: "Da kann der Trainer gar nichts machen"
Nicht zufällig waren es besagte erfahrene Spieler, die die Niederlage und die Situation des Trainers im Bauch der Arena einordneten. Sven Michel war eingewechselt worden. Ratlos machte den 33-Jährigen, wie wenig seine Mitspieler von dem Plan umsetzten, den ihnen Maaßen an die Hand gegeben hatte.
"Wir laufen nur hinterher, gewinnen keine zweiten Bälle, sind gar nicht da. Wir hatten immer das Nachsehen. Wir müssen zusehen, dass wir von Anfang an hellwach auf dem Platz sind. Da kann der Trainer gar nichts machen." Maaßen hatte nominell mit Beljo, Demirovic und Tietz lediglich drei Offensivspieler in die Anfangsformation beordert. Michel kommentierte: "Der Trainer denkt sich schon was dabei."
FCA-Kapitän Ermedin Demirovic: "Was mit dem Trainer passiert, schauen wir."
Die Fehler suchte er bei sich und seinen Mitspielern. "Ich brauche nichts schönreden. Wir verlieren hier gegen einen Aufsteiger, das ist nicht unser Anspruch. Das darf nicht passieren, vor allen Dingen nicht zu Hause. Normalerweise müssen wir schon zur Halbzeit zurückliegen." Michel nannte keine Namen, ärgerte sich aber über das Abwehrverhalten von Pfeiffer und Gumny vor dem 0:1 durch Skarke. "Wir schauen erst und reagieren dann. Wir müssen aber sofort reagieren." Man müsse miteinander reden und Fehler beheben. "Vielleicht müssen wir einiges grundlegend ändern. Damit meine ich jeden Einzelnen."
Kapitän Ermedin Demirvic, der mit seinem späten Anschlusstreffer die Partie nochmals spannend gemacht hatte, sah, wie Gouweleeuw zuvor, einen Grund für die wenigen Punkte – deren fünf nach sieben Spielen – in fehlender Erfahrung. "In Augsburg hat jeder die Chance, sehr schnell sehr viele Bundesligaspiele zu machen. Jetzt liegt es an uns, Verantwortung zu übernehmen und zu reifen. Egal, wie alt man ist. Jeder hat geträumt, Bundesliga zu spielen. Jetzt sollte man zeigen, warum man dort ist."
Demirovic ist einer der Nationalspieler, die in der kommenden Woche für ihr Land im Einsatz sind. Ob Maaßen noch sein Klubtrainer ist, wenn er zurückkehrt? Demirovic gibt sich diplomatisch: "Das liegt nicht an mir. Ich bin Spieler des FC Augsburg, ich werde nicht weg sein. Was mit dem Trainer passiert, schauen wir."
Transfers, News, Personalien: Sie sind interessiert am schnellen FCA-Update? Dann schauen Sie bei unserem FCA-Ticker vorbei.