Eine kleine Überraschung hielt die Aufstellung des FC Augsburg in Köln parat: Nicht etwa der erfahrene Florian Niederlechner oder der ehemalige brasilianische Juniorennationalspieler Iago führten die Mannschaft in Abwesenheit von Jeffrey Gouweleeuw aufs Feld, sondern Elvis Rexhbecaj. Eine Überraschung insofern, weil der 24-Jährige erst seit Ende Juli Teil der Mannschaft ist. Wer den ehemaligen Wolfsburger auf dem Feld sieht, ist hingegen weniger überrascht: Seit Wochen zeigt Rexhbecaj im Mittelfeld des FCA Führungsqualitäten.
Der Linksfuß sucht die Zweikämpfe (und gewinnt durchschnittlich fast 60 Prozent von ihnen, was ihn zu einem der Besten dieses Fachs in der Bundesliga macht), pusht seine Mitspieler und gibt den Start fürs Pressing. In nicht einmal drei Monaten wurde aus dem Neuzugang ein Führungsspieler. Bei der 2:3- Niederlage in Köln entglitten dem FC Augsburg und seinem Kapitän zwar vor allem in der zweiten Hälfte die Kontrolle über das Spielgeschehen – die Kapitänsbinde am Arm von Rexhbecaj scheint jedoch eine Kombination zu sein, die man in der Zukunft noch öfter sehen könnte.
Vor dem Spiel in Köln fehlten alle fünf Kapitäne des FC Augsburg
FCA-Trainer Enrico Maaßen erklärte die Kapitänswahl in der Pressekonferenz etwas lakonisch damit: "Meine fünf ersten Kapitäne standen nicht zur Verfügung." Das war keine Übertreibung: Amtsinhaber Jeffrey Gouweleeuw fehlte Gelb-gesperrt. Seine Stellvertreter André Hahn, Felix Uduokhai und Niklas Dorsch sind verletzt, der etatmäßige Ersatz Daniel Caligiuri begann die Partie auf der Bank. Maaßen betonte aber auch, dass die Überlegung sehr schnell in Richtung Rexhbecaj gegangen sei: "Er übernimmt Führungsaufgaben, ist jemand, der die Mannschaft permanent pusht. Die Entscheidung ist mir sehr leicht gefallen."
Auch von FCA-Geschäftsführer Stefan Reuter gab es Lob: "Er ist unglaublich engagiert." Rexhbecaj war einer der Lichtblicke in dem Spiel – auch wenn, wie Reuter anmerkte, "Köln in unserem Sechser-Bereich viele zweite Bälle bekommen hat". Die Entwicklung des Profis zeigt klar nach oben, auch wenn die Serie des FCA mit vier Spielen in Folge ohne Niederlage erst mal gerissen ist.
FCA-Profi Elvis Rexhbecaj wirkt abgezockter als andere 24-Jährige
Tatsächlich wirkt Rexhbecaj im Gespräch abgezockter als die bald 25 Lebensjahre, die er im November vollmachen wird, vermuten lassen. Nach dem Schlusspfiff gab er sich gelassen über seinen ersten Einsatz als Spielführer eines Bundesliga-Teams: "Ich habe mir da keine Gedanken darüber gemacht. Das ist für mich eine schöne Sache gewesen, aber mein Spiel hat das nicht verändert."
Dass er auch keine Hemmungen hat, gegen seine ehemaligen Kollegen aus Köln (in der Saison 20/21 kickte er auf Leihbasis für die Rheinländer) verbal Stellung zu beziehen, zeigte er kurz vor der Halbzeit. Nach einem Foul von Ruben Vargas an Timo Hübers kam es zu einer Rudelbildung. Kölns Trainer Steffen Baumgart bedachte die Bank des FCA mit deftigen Worten, während sich Rexhbecaj ein verbales Scharmützel mit dem Kölner Spielführer Jonas Hector lieferte. Nach Spielende in den Katakomben war der Ärger vergessen – Rexhbecaj reagierte achselzuckend auf die Szene: "Warum soll ich da nicht hingehen?" Mit dem Spielergebnis zeigte er sich nicht zufrieden: "Bis zum 1:0 haben wir es gut gemacht, danach sind wir ins Schwimmen gekommen." Speziell nach der Pause habe nur noch wenig gepasst: "Wir haben uns viel zu tief fallen lassen und sind dann nicht mehr herausgekommen. Vor allem, wie wir das dritte Tor bekommen haben, nach einem Einwurf, das ist viel zu billig."
Beim Pokal-Heimspiel am Mittwoch gegen den FC Bayern München (ZDF/20.45 Uhr) muss Rexhbecaj die Kapitänsbinde wieder abgeben, der in Köln Gelb-gesperrte Chef Gouweleeuw kehrt zurück. Falls mal wieder alle fünf Kapitäne fehlen, hat Enrico Maaßen nun eine passende Alternative.