Als es um die verbale Aufarbeitung der 0:2-Niederlage des FC Augsburg beim SC Freiburg ging, da stellten sich Phillip Tietz und Ermedin Demirovic in der Mixed-Zone des Europapark-Stadions ohne Zögern. Das ehrt sie. Zwar besetzten die beiden Stürmer an diesem wunderschönen ersten Oktober-Sonntag im Breisgau zwei Schlüsselrollen. Doch im sportlichen Drama des FCA waren sie diesmal nicht die Helden. Im Gegenteil.
Es lief die 9. Minute. Der FCA lag durch den verwandelten Elfmeter von Vinzenco Grifo, den Iago unnötigerweise verschuldet hatte, schon 0:1 zurück. Doch der frühe Ausgleich schien fast sicher. Tietz war auf dem Weg zu seinem ersten Bundesliga-Tor eigentlich nicht mehr aufzuhalten.
FCA-Stürmer Phillip Tietz scheitert alleine vor Freiburgs Torhüter Noah Atubolu
Mit dem Instinkt eines erfahrenen Zweitliga-Torjägers hatte der 26-Jährige den viel zu kurzen Rückpass des Freiburgers Yannik Keitel erlaufen. Nur noch Freiburgs Torhüter Noah Atubolu stand vor ihm. Tietz wollte links an ihm vorbei, schaffte es auch fast, schloss dann mit links ab, doch Atubolu hielt den Ball.
„Ich wollte es so machen. Nachdem ich mir jetzt die Szene noch einmal angeschaut habe, hätte ich mir den Ball aber noch einmal auf meinen stärkeren rechten Fuß legen sollen. Am Ende ist man immer schlauer. Ich muss da noch kaltschnäuziger werden“, zeigte sich Tietz selbstkritisch.
Erst im Sommer war er vom SV Darmstadt 98 zum FCA in die Bundesliga gewechselt. Er war der Torgarant bei den Hessen, trug mit seinen zwölf Treffern maßgeblich zum Aufstieg in die Bundesliga bei. An seiner Entscheidung, zum FCA zu wechseln, änderte das aber nichts mehr.
Phillip Tietz muss sich an die Bundesliga noch gewöhnen
Und so sammelt der gebürtige Braunschweiger jetzt in Augsburg seine ersten Bundesligaerfahrungen. Und die sind nicht immer angenehm, wie er in Freiburg feststellen musste. Nicht nur, dass er den schnellen Ausgleich vergab, auch beim 0:2 (56.) durch Philipp Lienhart musste er Lehrgeld zahlen. Der Freiburger schüttelte zuerst Jeffrey Gouweleeuw ab und köpfte dann die Ecke von Grifo am kurzen Pfosten unhaltbar für FCA-Torhüter Finn Dahmen ein. Genau dort, wo eigentlich Tietz über die Lufthoheit wachen sollte. „Wir schenken uns zweimal die Tore selbst ein. Einen Elfmeter und ein Standard, bei dem ich auch nicht gut aussehe“, gab er zu. „Das ist mein Raum und normalerweise verteidige ich da jeden Ball. Da muss ich mehr hingehen.“
Warum versucht es Ermedin Demirovic mit dem "Bauern-Spitz"?
Vielleicht hätte sich trotzdem alles noch zum Guten für den FCA wenden können, hätte Sturmpartner Ermedin Demirovic seine Riesen-Chance in der 67. Minute zum 1:2 genutzt. Die Bild titelte dann auch gleich, immer auf der Suche nach griffigen Schlagzeilen „Kaum zu glauben! Mega-Fehlschuss aus drei Metern“.
Tietz hatte seinen Kapitän im Getümmel nach einer Ecke drei Meter vor dem Tor geschickt angespielt, doch der Ex-Freiburger trat den Ball mit einem "Bauern-Spitz" am Tor vorbei. „Ich wollte den schnellsten Weg zum Ball nehmen. Treffe ihn aber mit dem großen Zeh und dadurch hat er einen Linksdrall“, versuchte Demirovic seine außergewöhnliche Schusshaltung zu erklären. Demirovic, der im Sommer 2022 vom Breisgau nach Augsburg gewechselt war, war konsterniert: „Ich hätte heute gerne ein Tor gemacht.“
Die Chance dazu hatte er auch noch einmal in der 80. Minute nach einem Konter. Demirovic zog mit links ab, Sven Michel rutschte in den Ball, bugsierte ihn über die Linie, allerdings aus einer Abseitsposition.
Der Treffer zählte nicht. „Es war eigentlich ein Schuss und Querlegen in einem. Ich wollte schießen und er rutscht ein wenig ab“, erzählte Demirovic nach dem Schlusspfiff.
Nach dem Weggang von Mergim Berisha trägt Demirovic die Hauptverantwortung
Der Kapitän trägt nach dem Weggang von Mergim Berisha (jetzt TSG 1899 Hoffenheim) derzeit die Hauptlast in der Augsburger Offensive. An sechs von neun Toren war er beteiligt. Die sportliche Lücke, die Berisha hinterlassen hat, versuchte die sportliche Leitung des FCA mit einem Talent (Beljo), einem Zweitliga-Stürmer mit Potenzial (Tietz) und einem Routinier (Michel) zu schließen. Alles Spieler, die an einem guten Tag durchaus auch in der Bundesliga für Furore sorgen können. Die aber, so ist es nicht zu übersehen, genauso gut aber auch abtauchen können. Und nicht immer kann Demirovic, auch erst 25, Halt geben.
Und so passten die missglückten Offensiv-Aktionen zu diesem sechsten Saison-Spieltag, an dem der FCA wieder einmal mehr an sich selbst scheiterte, als er sich einen übermächtigen Gegner geschlagen geben musste. „Es ist extrem bitter“, sagte dann auch Kapitän Demirovic und fügte an. „Wir hatten zu keinem Moment des Spiels das Gefühl, dass wir die schlechtere Mannschaft sind. Wir waren auf jeden Fall ebenbürtig. Deswegen tut es umso mehr weh, wenn wir nicht mal einen Punkt mitnehmen können.“
Am Samstag Heimspiel gegen Aufsteiger SV Darmstadt 98
Am Samstag (15.30 Uhr/Sky) trifft der FCA nun zu Hause auf den SV Darmstadt 98. Wieder einmal ein Heimspiel mit viel Druck. Demirovic sieht das anders. „Wir verspüren keinen Druck. Wir denken nicht an die Tabellensituation, sondern nur daran, dieses Spiel zu gewinnen.“ Und Phillip Tietz sagte vor dem Duell mit seinem Ex-Klub nur: „Wir dürfen jetzt nicht die Köpfe in den Sand stecken.“
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