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FC Augsburg : FCA-Trainer Thorup: „Ich weiß nicht, wer die Nummer eins wird“

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FCA-Trainer Thorup: „Ich weiß nicht, wer die Nummer eins wird“

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    Jess Thorup geht mit dem FC Augsburg in seine zweite Saison beim FC Augsburg.
    Jess Thorup geht mit dem FC Augsburg in seine zweite Saison beim FC Augsburg. Foto: Ulrich Wagner

    Herr Thorup, wie war Ihr Urlaub?
    JESS THORUP: In meiner Laufbahn als Trainer war es das erste Mal, dass ich im Sommer über vier Wochen Urlaub hatte. In Dänemark ist die Sommerpause kurz, dafür ist die Pause im Winter länger. Meine Frau, unsere zwei Kinder und ich haben diese Zeit genutzt. Wir waren eine Woche mit dem Auto auf Sizilien, haben Zeit in unserem Ferienhaus an der dänischen Westküste verbracht und waren in der Türkei sowie in Kopenhagen. Bevor wir nach Augsburg zurückgekommen sind, haben wir aber noch einen Zwischenstopp in Dortmund gemacht und das Achtelfinale Deutschland gegen Dänemark angeschaut.

    „In meiner Laufbahn als Trainer war es das erste Mal, dass ich im Sommer über vier Wochen Urlaub hatte“

    Jess Thorup, FCA-Trainer

    Das Dänemark 0:2 verloren hat.
    THORUP: Leider, ja. Aber Deutschland hat verdient gewonnen. Das mögliche 1:0 für uns war ganz knapp Abseits, zwei Minuten später gab es einen Elfmeter für Deutschland. Das hat das Spiel entschieden. Ich glaube, wir Dänen haben uns etwas mehr erhofft. Vor allem in der Vorrunde. Insgesamt hat Dänemark in vier Spielen nur zwei Tore geschossen.

    Wie stehen Sie nach diesen Szenen in Dortmund zum VAR?
    THORUP: Er ist da und wird bleiben. Und ich muss sagen, Abseits ist Abseits. Ob es jetzt ein Millimeter oder zwei Zentimeter sind. Da muss man auf die Technologie vertrauen. Beim Handspiel kann man diskutieren.

    Können Sie im Urlaub ganz vom FC Augsburg abschalten?
    THORUP: Nein. Fußball ist für mich Passion, Leidenschaft. Ich denke nicht 24 Stunden am Tag an den Fußball, doch im Hinterkopf ist Augsburg immer präsent. Ich versuche im Urlaub aber schon für die Familie da zu sein. Da bleibt das Handy auch mal zu Hause. Ich rufe dann abends zurück. Ich hatte auch fast jeden Tag Kontakt mit Marinko (Jurendic, den FCA-Sportdirektor) und es gab viele Zoom-Calls mit Agenten und Spielern.

    Was hat die Analyse der vergangenen Saison ergeben?
    THORUP: Wenn jemand vor der Saison gesagt hätte, ihr habt den Klassenerhalt fünf Spieltage vor Schluss sicher und werdet am Ende Elfter, hätte es jeder genommen. So sagt nach den fünf Niederlagen am Saisonende jeder, es wäre mehr drin gewesen. Es wäre wohl besser gewesen, wir hätten die vier Spiele im Februar und März verloren und die letzten vier Spiele gewonnen. Da hätte jeder gesagt: top, es war die drittbeste Saison der Vereinsgeschichte in der Bundesliga und alle wären glücklich. So war es aber nicht. Auch, weil wir am Ende viele Verletzte hatten. Ich habe das nie als Entschuldigung gebraucht. Aber es ist klar, dass wir in der Planung für die kommende Saison berücksichtigen werden, wie wir das Niveau halten können, auch wenn wir ein paar Verletzte haben.

    Wie nehmen Sie Einfluss auf die Kaderplanungen?
    THORUP: Wir sprechen seit drei, vier Monaten über die Möglichkeiten, uns zu verbessern. Da habe ich schon gesagt, auf dieser und jener Position hätte ich gerne Veränderungen. Die Scoutingabteilung weiß genau, welche Fähigkeiten die Spieler haben sollen. Dann schauen wir uns die Spieler an und gehen in Gespräche.

    „Es gibt Eigenschaften, die für mich Priorität haben, an den anderen können wir dann arbeiten“

    Jess Thorup, FCA-Trainer

    Großer Handlungsbedarf liegt bei den Außenverteidigern. Wie ist da ihr Anforderungsprofil?
    THORUP: Das ist eine gute Frage. Unsere Außenverteidiger brauchen Laufbereitschaft, Schnelligkeit, ein gutes Zusammenspiel mit dem Mittelfeld, die Fähigkeit zum Durchbruch ins letzte Drittel. Sie sollten Assists geben und vielleicht auch Tore machen können. Das ist das offensive Mindset. In Deutschland wird viel über die Flügel gespielt. Da müssen sie defensiv auch stark im Eins gegen Eins, in der Box-Verteidigung und im Verhindern von Flanken sein. Als Trainer willst du einen Spieler, der in allen Bereichen top ist. Ich weiß, das ist schwierig. Aber es gibt Eigenschaften, die für mich Priorität haben, an den anderen können wir dann arbeiten.

    Der Umbruch wird groß sein.
    THORUP: Das weiß ich noch nicht. Wir haben ein Fundament, auf dem wir aufbauen können. Ich bin ein Trainer, der sagt: Wenn sich eine Türe schließt, öffnet sich dafür eine neue und vielleicht wird es besser. Ich versuche immer, das Positive zu sehen. Ich weiß, dass wir keinen kompletten Neuaufbau brauchen, aber ein paar Veränderungen wird es geben.

    Ist es nicht problematisch, mit Spielern wie Demirovic, Uduokhai oder Vargas in die Vorbereitung zu gehen, die zum Saisonbeginn vielleicht weg sind?
    THORUP: Ich kümmere mich nicht um Gerüchte oder Spekulationen. Mein Fokus liegt auf den Spielern, die da sind. Und bis auf Ruben sind alle da und starten mit uns am Montag auf dem Trainingsplatz in die Vorbereitung.. Es ist klar, je näher wir dem Saisonstart kommen, werde ich mich schon fragen, mit wem kann ich fest planen. Aber jetzt liegt mein Fokus auf den Spielern, die hier sind. Zu 100 Prozent.

    Sind die Neuzugänge schon da?
    THORUP: Ja.

    Auch der neue Torhüter Nediljko Labrovic?
    THORUP: Ja.

    Was hat für ihn gesprochen?
    THORUP: Finn hat eine ordentliche erste Bundesliga-Saison gespielt. Aber wir wollen ihn weiterentwickeln. Wir wollen, wie auf jeder anderen Position, auch bei den Torhütern mehr Konkurrenzkampf. Muss ein Spieler auf dem Platz kämpfen, wird jeder Spieler besser. Darum wollen wir einen starken Konkurrenten für Finn. Wir haben über viele Torhüter gesprochen, aber für mich hat Labrovic hohes Entwicklungspotenzial. Das war für mich wichtig. Er hat auch Fähigkeiten, die uns sofort weiterhelfen können. Er ist groß, er kann die Box verteidigen, er ist mit den Füßen gut, er hat Ausstrahlung und Persönlichkeit. Er hat für mich alles, was ein Torhüter haben muss. Aber ich weiß nicht, wer jetzt die Nummer eins wird, das müssen sie mir auf dem Platz zeigen.

    „Er hat für mich alles, was ein Torhüter haben muss“

    Jess Thorup zum neuen Torhüter Nediljko Labrovic, FCA-Trainer

    Dahmen ist aber noch verletzt.
    THORUP: Ich hoffe, er wird Anfang August wieder dabei sein.

    Nediljko Labrovic bei seiner Vorstellung beim FC Augsburg.
    Nediljko Labrovic bei seiner Vorstellung beim FC Augsburg. Foto: FC Augsburg

    Trainiert wird er dann vom neuen Torwarttrainer Marco Langner. Haben Sie ihn ausgesucht?
    THORUP: Wir haben mit einigen Kandidaten gesprochen und ich war in den Gesprächen dabei.

    Was hat sie bei Stürmer Samuel Essende überzeugt?
    THORUP: Für uns war interessant, dass er bei einem kleineren Verein in Portugal als Stoßstürmer 15 Tore gemacht hat. Er verkörpert Fähigkeiten, die uns gefehlt haben: Power und Schnelligkeit. Er macht tiefe Läufe und kann Spiele entscheiden. Sein Profil passt zu uns, weil wir dadurch im Angriff flexibler werden.

    Ein 15-Tore-Stürmer ersetzt einen anderen. Rechnen Sie mit einem Abgang von Ermedin Demirovic?
    THORUP: Was soll ich dazu sagen? Fakt ist: Er hat eine überragende Saison gespielt. Wenn ein Spieler viele Scorerpunkte macht, wird er automatisch für größere Klubs interessant. Aber bei einem Transfer muss es für alle Beteiligten passen. Aktuell ist er immer noch unser Kapitän, aber bis zum Ende der Transferfrist kann viel passieren.

    Sven Michel verlässt den FCA, Dijon Beljo wirkte in der Rückrunde unzufrieden. Bleibt er?
    THORUP: Man muss immer schauen, was die beste Lösung für den Spieler und den Verein ist. Mal ist es besser, einen Schritt nach links oder nach hinten zu gehen, um zwei Schritte nach vorne zu machen. Dafür bin ich offen, so sehe ich das bei allen Spielern. Vargas, Demirovic und Tietz haben gut auf und neben dem Platz funktioniert. Da war es für die anderen Offensivspieler natürlich schwer, vorbeizukommen. Pep Biel hätte auch gerne gespielt, hat aber auch gesehen, dass die anderen es gut gemacht haben.

    Sollten Demirovic, Vargas und Uduokhai gehen, müssten Sie ein neues Gerüst aufbauen.
    THORUP: Sollte es so kommen, ist es so. Junge Spieler zu holen, sie auf ein höheres Niveau zu bringen und zu verkaufen, ist ein Baustein unserer Transferpolitik. Leistungsträger und Führungsspieler zu verlieren, ist für jede Mannschaft schwierig. Aber der Klub ist vorbereitet, ist ins Risiko gegangen und hat schon einige Spieler geholt, ohne vorher jemanden zu verkaufen. Das finde ich gut und weitsichtig.

    Beim FCA haben Sie erstmals eine lange Vorbereitung mit dem Team. Wo setzen Sie Schwerpunkte?
    THORUP: Wir fangen am Montag nicht bei null an, sondern haben in den vergangenen Monaten viel gelernt. Wir wissen, was wir machen müssen, um Erfolg zu haben. Wir haben ein funktionierendes System, nehmen vielleicht Anpassungen vor, um flexibler zu agieren. Das Mindset wird offensiv bleiben, der Grundgedanke aus Pressing und Kompaktheit bestehen. Aber was können wir tun, um weniger ausrechenbar zu sein und dem Gegner wehzutun?

    Die Augsburger Ermedin Demirovic (links) als Zuschauer und Ruben Vargas als Ersatzspieler bei der EM.
    Die Augsburger Ermedin Demirovic (links) als Zuschauer und Ruben Vargas als Ersatzspieler bei der EM. Foto: Marc Niemeyer, Imago

    Steht Neuzugang Yusuf Kabadayi für diese Flexibilität?
    THORUP: Ja, seine Schnelligkeit kann ein X-Faktor sein. Im Sturm kann er verschiedene Positionen einnehmen, das eröffnet uns Möglichkeiten. Ich mag junge Spieler, die Dynamik und Unbekümmertheit ausstrahlen. Wir brauchen Spieler mit verschiedenen Fähigkeiten, um auf Spielphasen besser reagieren zu können.

    Sie waren mit Ihrem Trainer- und Betreuerteam im Pitztal, um sich auf die Saison einzustimmen.
    THORUP: Uns geht es darum, dass wir alle an einem Strang ziehen und eine Sprache sprechen, auch im Trainerteam. Alle haben das gleiche Ziel, alle gehen den gleichen Weg. Wir haben viel miteinander gesprochen, waren Wandern, haben gemeinsam die EM geschaut. Das war wirklich schön.

    Das Trainingslager findet diesmal nicht in den Bergen, sondern in Südafrika statt.
    THORUP: Priorität hat für mich der Fußball. Wir werden perfekte Bedingungen vorfinden. Weil wir 24/7 zusammen sind, kann ich viele Gespräche führen. In der Gruppe, aber auch einzeln. Zugleich werden wir enger zusammenrücken und viele Eindrücke sammeln. Südafrika wird eine tolle Erfahrung für uns alle. Ein Besuch im Kruger-Nationalpark wird sicher spannend. Wenn wir in einem Township sehen, wie die Menschen dort leben, dass sie kein Essen und kein Wasser haben, dann merkt ein Spieler vielleicht, dass eine kaputte Uhr eher ein kleines Problem ist. Man blickt mit anderen Augen auf die Welt.

    Ihnen wäre es wohl am liebsten, der Kader wäre dann komplett.
    THORUP: Je früher der Kader steht, desto besser ist das natürlich für einen Trainer. Aber wahrscheinlich wird es auch danach noch Transfers geben. Das ist so im Fußball.

    Sie starten mit einem Heimspiel gegen Bremen in die Saison, danach treffen Sie auf Heidenheim, St. Pauli und Mainz. Ein guter Saison-Start scheint möglich.
    THORUP: In der Bundesliga gibt es keine einfachen Spiele. In den ersten Begegnungen ergeben sich bei drei Heimspielen für uns Möglichkeiten. Der Fokus wird aber wie immer auf unserem Team und der nächsten Partie liegen. Für mich geht die Saison mit dem DFB-Pokalspiel bei Viktoria Berlin los. Als Spieler und Trainer habe ich den Pokal gewonnen. Ich möchte so lange wie möglich im Wettbewerb bleiben. Ich hätte nichts dagegen, nochmals nach Berlin zu reisen.

    Das ist Jess Thorup

    Jess Thorup, 54, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Als Fußball-Profi spielte der Stürmer unter anderem für den damaligen Zweitligisten KFC Uerdingen (1996 und 1997). Als Trainer betreute der Däne, der in Esbjerg (Jütland) geboren ist, unter anderem die dänische U20- und U21-Nationalmannschaft und den FC Kopenhagen. Mit Kopenhagen und dem FC Midtjyland wurde er jeweils dänischer Meister.

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