Dass das Führungs-Dreigestirn des FC Augsburg beim ersten Training von Ricardo Pepi Schutz vor den heftigen Föhn-Böen in einem ausrangierten blauen Überseecontainer mit Trainingsutensilien Schutz suchten, ist Zufall. Doch es ist ein perfektes Symbol für die sportliche und auch wirtschaftliche Ausrichtung des Fußball-Bundesligisten: Die Blicke der beiden Geschäftsführer Michael Ströll (Finanzen), Stefan Reuter (Sport) und des Vereins-chefs Klaus Hofmann gehen schon länger über den Großen Teich, nach Amerika, speziell in die USA, eben nach Übersee.
Pepi-Transfer ist eine neue Dimension für den FCA
Pepi, 18-jähriger Fußballprofi geboren in El Paso, ist zwar nicht der erste US-Amerikaner in Diensten des FCA, 2013 trug Innenverteidiger Michael Parkhurst ein Jahr das FCA-Trikot, doch der Transfer von Pepi bedeutet eine neue Dimension im Transferverhalten des Klubs. 13 Millionen Euro, dazu kommen noch eventuelle Erfolgs-Boni, die den Preis durchaus auf 15 oder mehr Millionen Euro erhöhen können, lässt sich der FCA den Winterzugang vom FC Dallas kosten.
Hier in den USA und auch in Mittelamerika, Pepi hat mexikanische Eltern, sieht der FCA bessere Vermarktungsmöglichkeiten als im asiatischen Raum. Dabei helfen soll seit April 2021 auch der amerikanische Investor David Blitzer.
Hätte der FC Bayern oder der VfL Wolfsburg den Deal perfekt gemacht, wäre man in Fußball-Deutschland wohl schnell wieder zur Tagesordnung übergegangen, aber dass der FCA, der maximal zur Bundesliga-Mittelschicht gezählt wird, den Zuschlag bekam, sorgte für mediales Aufsehen und Stirnerunzeln: Wie kann sich der Tabellen-15., eher ein finanzielles Leichtgewicht der Liga, so einen Transfer und das auch noch in Corona-Zeiten leisten? „Warum der kleine FC Augsburg plötzlich protzen kann“, titelte zum Beispiel der Spiegel, und die WAZ (Funke-Medien-Gruppe) ließ nur das Adjektiv „kleine“ weg.
Transfersumme für Pepi überweist der FC Augsburg in Raten an den FC Dallas
Bei der Ursachenforschung wurde dann nicht so sehr das Hauptaugenmerk darauf gelegt, dass die sparsamen Schwaben seit ihrem Bundesliga-Aufstieg 2012 bis zur Corona-Krise nur positive Zahlen schrieben und so ihr Eigenkapital auf 53 Millionen Euro aufstocken konnten. Oder dass sie in den letzten Jahren, trotz manch überteuertem Einkauf, einen Transferüberschuss erwirtschafteten. Selbst erwirtschaftetes Geld, mit dem nun die Millionen für Pepi liquiditätsschonend in Raten abgezahlt werden, aber zum Beispiel auch eine Kindertagesstätte für vier Millionen Euro gebaut wird. Besser passte da der Blick auf den US-Finanzinvestor Blitzer, der seit April mit seiner „Bolt Football Holdings“ Anteile an der Klaus Hofmann Investoren GmbH besitzt. Mit dieser GmbH hält Hofmann beim FCA die Fäden in der Hand, denn sie besitzt rund 99,4 Prozent der Aktien an der Fußball-Club Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA, der ausgegliederten Profiabteilung des Stammvereins.
Es ist ein cleveres Konstrukt, das vor gut 20 Jahren Walther Seinsch beim FCA implementierte. Der heute 80-Jährige rettete den FCA damals vor dem Konkurs, sicherte sich so aber als Vereinspräsident, Anteilseigner und Geschäftsführer die Entscheidungshoheit, ohne die 50+1-Regel zu verletzen. Hofmann übernahm 2015 diese Konstellation, die nicht nur bei den Bundesliga-Konkurrenten, sondern auch in Kreisen der eigenen aktiven Fanszene kritisch gesehen wird, aber rechtlich in Ordnung ist.
Mann von Maria Höfl-Riesch verkaufte FCA-Anteile
Anfang 2021 wollten dann drei Gesellschafter, darunter Marcus Höfl, der Ehemann von Ex-Ski-Star Maria Höfl-Riesch, Anteile an der Hofmann GmbH verkaufen. Hofmann, der mit seinem Brandschutzunternehmen Minimax-Viking viel in den USA zu tun hat, brachte sie dann mit Blitzer zusammen. Er kennt den sportbegeisterten 52-Jährigen beruflich, zudem verbindet sie eine Freundschaft.
Wie viel Blitzer für die Anteile im Nennwert von 5,5 Millionen Euro (45 Prozent) an die Aussteiger tatsächlich zahlte, ist nicht bekannt. Hofmann hat auf jeden Fall zwei Fliegen mit einer Klappe: Er hat nun einen potenten Mit-Gesellschafter im Boot, der kein Mitspracherecht hat und auch keines einfordert, und er hat nun einen prominenten Türöffner für den amerikanischen Markt.
David Blitzer hantiert mit bei Blackstone mit Milliardensummen
Blitzer ist einer der führenden Köpfe der weltgrößten Beteiligungsgesellschaft Blackstone und hantiert dort mit Milliardensummen. Sein eigenes Vermögen investiert er gerne im Sport. Er hält Beteiligungen an den New Jersey Devils (Eishockey) und Philadelphia 76ers (Basketball), im europäischen Fußball ist er bei Crystal Palace (England) und Waaland-Beveren (Belgien) involviert.
Am Mittwoch wurde nun bekannt, dass er als Haupteigner einer Investorengruppe den MLS-Klub Real Salt Lake gekauft hat. Die relativ kleine FCA-Beteiligung ist damit in seinem Portfolio noch weiter nach hinten gerückt. Hier ist er gerne Ratgeber bei den Gesellschafter-Sitzungen. Wie beim Pepi-Deal. Ansonsten hält er sich aus dem operativen Geschäft, wie auch bei Palace, heraus.
Beim FCA versucht man nun, den Pepi-Hype zu nützen. Der englische Twitter-Kanal wird befeuert, schon jetzt kann man FCA-Pepi-Trikots bestellen, die Ende Januar ausgeliefert werden. Ohne Beflockung kosten sie 80 Dollar, mit dem Pepi-Aufdruck 125 Dollar. Ein paar hundert seien schon jetzt verkauft worden, war zu hören.
Doch viel wichtiger ist jetzt, dass der 18-jährige Stürmer Pepi sportlich einschlägt. Am Samstag (15.30 Uhr/Sky) startet der abstiegsbedrohte Klub mit dem Auswärtsspiel bei der TSG 1899 Hoffenheim in die Rückrunde. Steht da am Ende der Klassenerhalt mit ein paar Pepi-Toren, hätte sich die Rekord-Investition schon wieder rentiert.