Der FC Augsburg kann auch Abstiegskampf. In einem mit harten, aber nicht unfairen Bandagen geführten Bundesliga-Duell gegen den Tabellendritten Union Berlin zeigten die Augsburger vor 30.660 Zuschauerinnen und Zuschauern in der wieder ausverkauften WWK-Arena über die komplette Spielzeit das, was ihnen immer mal wieder abgesprochen worden war: Kampfgeist. Belohnt wurden sie dafür mit einem 1:0 (0:0)-Sieg und drei wegweisenden Punkten im Kampf um den Klassenerhalt. Dion Beljo hatte in der 53. Minute den Treffer des Tages erzielt, Torhüter Tomas Koubek sorgte mit seinen Paraden immer wieder für Rückhalt im eigenen Tor und dass die Null Bestand hatte.
Mit Blick auf die Tabellensituation und die Ergebnisse der Konkurrenten schien auch FCA-Trainer Enrico Maaßen ein Stein vom Herzen gefallen zu sein: "Ich bin sehr sehr glücklich und stolz auf meine Mannschaft, dass wir dieses Spiel gewonnen haben. Sehr gut, dass wir nach sieben Spielen endlich wieder dreifach gepunktet haben", sagte er in der anschließenden Pressekonferenz. "In einem engen Spiel hatten wir heute das Quäntchen Glück auf unserer Seite. Durch die Art und Weise, wie wir gespielt haben, ist der Sieg nicht unverdient", betonte er mit einem kleinen Seitenblick auf seinen Berliner Kollegen Urs Fischer, der das das etwas anders sah. "Wenn man gewinnt, ist es ja meistens verdient. Ich tue mich schwer damit. Ich würde es so beschreiben: Es ist für uns eine unnötige und ärgerliche Niederlage", sagte Fischer, der einräumte, wie sehr "es wurmt", dass seine Mannschaft wegen einer einzigen Unaufmerksamkeit nun als Verlierer dastehe.
Trotzdem musste das personell gebeutelte Team von Trainer Enrico Maaßen alles in die Waagschale werfen, um den Champions-League-Anwärter aus der Hauptstadt, der bisher noch nie beim FCA gewonnen hat, in die Knie zu zwingen. Schon bei der Mannschaftsaufstellung wurden die Unterschiede bei den beiden Bundesliga-Konkurrenten offensichtlich. Beim FC Augsburg zeigte sich die personell weiterhin angespannte Lage daran, dass Torhüter Rafal Gikiewicz erneut mit Schulterproblemen ausfiel und Tomas Koubek zwischen den Pfosten stand. Im Frankfurt-Spiel hatte sich zudem Julian Baumgartlinger ohne Gegnereinwirkung eine Knieverletzung zugezogen, musste operiert werden und fehlt dem FCA für den Rest der Saison. Toptorjäger Mergim Berisha saß nach seiner Fußverletzung immerhin wieder auf der Bank, ebenso wie der von seiner Nasenoperation genesene Niklas Dorsch, doch beide waren für die Startelf noch keine Option.
Union Berlin war vor der Partie gegen den FC Augsburg im Trainingslager am Tegernsee
Union Berlin hingegen konnte aus dem Vollen schöpfen, hatte nicht einen verletzungsbedingten Ausfall auf dem Zettel. Vor der Partie gegen den FCA war die Mannschaft schon ein paar Tage früher in den Süden gefahren und hatte am Tegernsee ein kleines Trainingslager absolviert, um "aus gewohnten Abläufen auszubrechen", wie es Union-Trainer Urs Fischer im Vorfeld formuliert hatte.
FCA-Coach Maaßen hatte sich allerdings eine Aufstellung einfallen lassen, an der die Unioner erst einmal knabberten. Er setzte auf eine Dreierkette mit Maximilian Bauer, der für Renato Veiga in die Startelf gerückt war, Jeffrey Gouweleeuw und Felix Uduokhai. Arne Maier kam diesmal die besondere Aufgabe zu, hinter den Spitzen Beljo und Demirovic zu agieren. Anfangs mit großem Erfolg, denn der FCA setzte in der ersten Viertelstunde die offensiven Akzente. Zwar entwischte der Berliner Jerome Roussillon einmal und versuchte es mit einem Weitschuss aufs Augsburger Tor, der aber war kein Problem für Tomas Koubek (4.). Auf der Gegenseite zog Ermedin Demirovic aus rund 17 Metern einfach mal ab, aber seinen Schuss hielt Rönnow (6.).
Tomas Koubek ist gegen Union Berlin der Rückhalt im FCA-Tor
Nach einer Viertelstunde hatten sich die Berliner besser auf den FCA eingestellt und kamen ihrerseits zu immer besseren Chancen. Mehrfach sorgte Tomas Koubek dafür, dass das für den FCA keine nachhaltigen Folgen hatte. Vor allem der schnelle Roussillon auf der linken Seite ließ sich aber nur schwer ausbremsen. Große Aufregung dann, als Kapitän Jeffrey Gouweleeuw gegen Behrens zu rüde zu Werke ging und dafür Gelb kassierte und wenige Minuten später, als Doekhi während eines Zweikampfs Vargas im Gesicht hart erwischte. Die Fans quittierten das mit einem gellenden Pfeifkonzert auf den Rängen, die FCA-Bank wild gestikulierend. Weil ihm diese Aufregung deutlich zu ungestüm war, nahm sich Schiedsrichter Florian Badstüber FCA-Trainer Maaßen zur Brust, verzichtete nach einigen deutlichen Worten aber auf eine Verwarnung.
Dann konzentrierte man sich kollektiv wieder aufs Sportliche. Wo der FCA immer mehr unter Druck geriet. Vor allem durch den agilen Kevin Behrens, der ein ums andere Mail gefährlich vor Koubek auftauchte. Oder bei einer Co-Produktion von Roussillon mit Haberer, bei der Koubek aber ebenso wieder rechtzeitig zur Stelle war. Mit reiner Defensivarbeit beschäftigt hatte der FCA nur vereinzelt Luft für Befreiungsschläge. Einer davon aber führte zur besten Torchance der Augsburger. Torhüter Rönnow spielte unter Druck ab. Arne Engels, der zuvor seine fünfte Gelbe Karte gesehen hatte und damit für das Spiel beim VfL Bochum gesperrt ist, erwischte den Ball und bediente Beljo, doch dessen Schuss zog knapp am Außennetz vorbei (43.). Kurz darauf fand sich Arne Maier allein auf der rechten Außenbahn, jagte übers halbe Spielfeld und bediente Demirovic, dessen Pass allerdings keinen Augsburger Abnehmer fand (45.).
FC Augsburg gegen Union Berlin: Dion Beljo erzielt das Tor der Tages nach Flanke von Ruben Vargas
Mit noch mehr Biss und Engagement als zuvor kehrte der FCA nach der Halbzeitpause zurück auf den Rasen. Was in der 54. Minute dann auch in die verdiente Führung mündete. Ein schneller Einwurf erreichte Ruben Vargas und dessen Flanke drückte der im Sechzehner lauernde Dion Beljo mit seinem eigentlich schlechteren rechten Fuß passgenau zwischen den Pfosten und den herbeifliegenden Rönnow ins Tor (53.) – 1:0 für den FCA. Die Arena tobte, die Ersatzspieler lagen sich in den Armen.
Nur vier Minuten später hätte Ermedin Demirovic nachlegen können, doch er zielte zu hoch (64.). Union schien angezählt, die Chancen, zu denen sich die Berliner noch aufraffen konnten, wurden im Keim erstickt oder eine sichere Beute von Keeper Koubek. Und als Dorsch und Berisha (87.) schließlich noch eingewechselt wurden, feierten die Fans auf der Tribüne bereits lautstark mit stehenden Ovationen – in dem sicheren Gefühl, dass sich ihre Mannschaft an diesem Tag für ihren Kampfgeist belohnen würde. Und tatsächlich, im siebten Anlauf entglitt ihr der Sieg nicht mehr. Drei Spiele vor Saisonende hat der FCA mit nun 34 Punkten sechs Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz.
FCA-Trainer Enrico Maaßen blickt schon auf das nächste Spiel beim VfL Bochum
Eine gute Ausgangslage, aber noch kein sicheres Ufer, wie Enrico Maaßen betonte: "Es wäre sehr fahrlässig von uns zu sagen, wir sind durch, wenn man sieht wie unten wild gepunktet wird. Nein, das sind wir nicht. Deshalb dürfen wir uns heute noch freuen, müssen aber die Woche über dann schon Druck machen, damit wir gegen Bochum ein gutes Spiel machen. Das wird die Hölle dort, das wird richtig laut, das wird aggressiv und eklig."