Aus Martin Schmidt sprudeln die Worte nur so heraus. Mit jedem Satz, den er vor Medienvertretern von sich gibt, zeigt der Schweizer, wie sehr er auf eine weitere Chance in der Bundesliga gewartet hat. Vor 14 Monaten beendete er aus freien Stücken sein Engagement in Wolfsburg, nun sitzt er in Augsburg. Blaues Baumwollhemd im Vintage-Look, schulterlanges Haar, motiviert bis in die Haarspitzen. Als der FC Augsburg ihn kontaktiert hatte, musste er nicht lange überlegen. „Wenn es passt, ist der Draht von Kopf zu Bauch sehr, sehr kurz“, erzählt Schmidt. Sich selbst charakterisiert er als draufgängerisch. „Der Tatendrang war groß“, sagt der Schweizer.
Schmidt wirkt erholt, davon zeugt seine gesunde Gesichtsfarbe. In der Schweiz wohnt der Bergliebhaber im Kanton Wallis, in einem Tal, das Sonne gebucht hat. Seine erste Frage, als er um kurz vor 11 Uhr den Trainingsplatz nahe der Augsburger Arena betritt: „Wo habt ihr denn die Sonne gelassen?“ Die Antwort eines Fans kommt prompt. Dafür müsse er, also Schmidt, sorgen. Der Schweizer, am Freitag wird er 52 Jahre alt, geht sogleich auf Tuchfühlung, schon vor dem Training macht er Selfies mit FCA-Anhängern, plaudert kurz, bringt die Leute auf seine Seite. Diese sind empfänglich, nachdem Vorgänger Manuel Baum die Gunst der Fans eingebüßt hatte.
Vorerst wohnt der FCA-Trainer im Hotel
Später wird Schmidt sagen, die Nähe zu den Menschen sei ihm wichtig. Vorerst wohnt er im Hotel, doch Schmidt will sesshaft werden, will sich unters Volk mischen. Die Altstadt kennt er aus früheren Gastspielen mit Mainz und Wolfsburg. „Ich freue mich, nicht nur als Spaziergänger in Augsburg zu sein, sondern als Cheftrainer dieser motivierten Truppe“, sagt er nun. Genau darum geht es ihm: um Motivation. Er wolle Feuer entfachen, so Schmidt.
Auf dem Podium des Pressekonferenzraums versprüht er jene Aufbruchstimmung, die auf dem Trainingsplatz zu beobachten war. Zu spüren bekam das der verdutzte Nachwuchsprofi Simon Asta, den Schmidt beherzt am Arm packte, um ihm Laufwege aufzuzeigen. Der Schweizer erläutert, wie er mit dem FC Augsburg bei Eintracht Frankfurt (Sonntag, 18 Uhr) punkten und den Ligaverbleib sichern will. Während seinem Vorgänger Manuel Baum vorgeworfen wurde, mit taktischer Querdenkerei zu verwirren, will sich Schmidt auf das Wesentliche beschränken. Seine Mannschaft soll auf dem Rasen einen „hochintensiven, leidenschaftlichen, schnörkellosen Fußball“ spielen. Schmidt kündigt an, einen „einfachen Plan zu stricken“. Für andere Überlegungen fehlt ihm die Zeit. Schmidt: „Wir müssen Kontinuität reinbringen, damit man hier wieder ruhigere Zeiten erlebt.“
Manuel Baum ist bei den rund 80 Trainingsbeobachtern noch ein Thema, nachtrauern will ihm keiner. Mehr Empathie zeigt Philipp Max. Baum hat den 25-Jährigen einst in der Realschule Taufkirchen als Schüler unterrichtet, sie kennen sich lange. Natürlich gehe diese Trennung von Baum nicht spurlos an ihm vorbei, meint der Verteidiger, sie gehöre aber zum Fußballgeschäft. „Ob es etwas gebracht hat, werden wir sehen. Das Wichtigste ist, dass wir die Klasse halten“, so Max. Andere Spieler wie Alfred Finnbogason oder Rani Khedira wollen sich nicht äußern. Ebenso wenig Manuel Baum selbst, der auf Anfrage hin um Verständnis bat, dass er derzeit nichts sagen möchte.
Ganz anders Martin Schmidt. Als er zur Pressekonferenz schreitet, freut er sich regelrecht darüber, Auskünfte an die ungewöhnlich zahlreichen Medienvertreter zu erteilen. Der Schweizer hat wirklich sehnsüchtig auf die Rückkehr in die Bundesliga gewartet.