Jahrelang stand der FC Augsburg für unaufgeregtes Handeln. Je wilder der Sturm tobte, je ausgeprägter die sportliche Krise, desto gelassener ruhten die Verantwortlichen des Fußball-Bundesligisten in sich. So jedenfalls wirkte es. Demgegenüber steht die überraschendste Trainerentlassung der jüngeren FCA-Vereinsgeschichte. Zwei Spieltage vor der Winterpause trennte sich der Klub am Mittwoch von Dirk Schuster und seinem Trainerteam. Allein dieser Zeitpunkt wirft Fragen auf.
Als der FCA einen Weinzierl-Nachfolger suchte, entschied er sich ganz bewusst für den hemdsärmeligen Schuster. Dieser hatte in Darmstadt mit begrenzten Mitteln maximalen Erfolg erreicht, hatte den Klassenerhalt geschafft und wurde als „Trainer des Jahres“ ausgezeichnet. FCA-Manager Stefan Reuter und weitere Entscheider wussten, wie Schuster in Darmstadt erfolgreich arbeitete: mit Mauertaktik, einem bulligen Torjäger und Torgefahr nach ruhenden Bällen. Dem FCA war Schuster angeblich rund eine Million Euro Ablöse wert.
Beim FC Augsburg punktemäßig alles im Lot
Dass dieser beim FCA nicht von seiner Spielidee abrückte – erst recht, nachdem ihm im Angriff Stammkräfte weggebrochen waren –, ist nachvollziehbar. Schuster hatte stets ein schlagkräftiges Argument: 14 Punkte und Tabellenplatz 13 nach 14 Spieltagen. So gesehen war damit beim Bundesligisten aus Bayerisch-Schwaben alles im Lot. Verantwortliche redeten sich im Konzert der Großen fortwährend klein, pflegten das Image eines geerdeten Bundesliga-Standorts und gaben den Klassenerhalt als Ziel aus.
Insgeheim denken Präsident Klaus Hofmann und Verantwortliche wohl anders. Die Erwartungen sind nach fünf Jahren Erstklassigkeit gestiegen. Im Stadion herrschte zuletzt gedämpfte Stimmung, Dauerkarteninhaber überlegten, nach der Saison ihr Abo zu kündigen. Ergebnisse allein stimmen nicht zufrieden, weder die Führungsriege noch die Anhängerschaft. Der FC Augsburg soll attraktiv spielen und schön siegen.
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Verein will mit Trainerentlassung entgegensteuern
Stattdessen mühte er sich zu Punkten, in der Liga befindet er sich auf dem Weg zu einem Verein ohne Alleinstellungsmerkmal. Wirtschaftlich entwickelt er sich weiter, sportlich war das vergangene Jahr trotz Europapokal-Höhepunkten ein Rückschritt. Dem will der Verein mit der Trainerentlassung wohl entgegensteuern.
Wie er dies vollzogen hat, ist fragwürdig. War das Sportliche wirklich einziger Grund der Trennung? In der Winterpause hätte sich Gelegenheit geboten, Bilanz zu ziehen. Warum jetzt? Nicht nur der Trainer muss hinterfragt werden, ebenso enttäuschende Neuzugänge. Jahrelang stand der FCA für personelle Kontinuität. Dass, vor allem auch wie, Schuster jetzt gehen musste, wirft ein schlechtes Licht auf den Verein.