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Interview: FCA-Finanz-Chef Ströll: „Müssen zwingend keinen Spieler verkaufen“

Interview

FCA-Finanz-Chef Ströll: „Müssen zwingend keinen Spieler verkaufen“

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    Finanz-Geschäftsführer Michael Ströll glaubt, dass Zuschauer in der kommenden Saison wieder in die WWK-Arena dürfen.
    Finanz-Geschäftsführer Michael Ströll glaubt, dass Zuschauer in der kommenden Saison wieder in die WWK-Arena dürfen. Foto: Ulrich Wagner

    Herr Ströll, hatten Sie als kaufmännischer Geschäftsführer des FC Augsburg vor dem entscheidenden Spiel gegen Werder Bremen schlaflose Nächte?

    Michael Ströll: Ich habe grundsätzlich keinen besonders tiefen Schlaf. Aber wir haben in den letzten Jahren so gewirtschaftet, dass wir eine bessere finanzielle Stabilität haben als der eine oder andere Verein, den es jetzt am Ende erwischt hat. Deshalb konnte ich wahrscheinlich ruhiger schlafen als manche Kollegen.

    Wie hoch ist der Verlust in der abgelaufenen Saison? Sie gingen im Dezember mal von Umsatzeinbußen von 35 Millionen Euro aus seit Beginn der Pandemie bis zum Ende dieser Saison.

    Ströll: Umsatzeinbußen sind nicht gleichzusetzen mit Verlust. Das sind unterschiedliche Parameter. Unser Verlust wird durch verschiedene Faktoren und Maßnahmen, die wir eingeleitet haben, aber geringer ausfallen als befürchtet. Unter anderem erhalten wir noch variable Transferentschädigungen für abgegebene Spieler aufgrund von Nichtabstiegen oder Spieleinsätzen.

    FCA rechnet mit einstelligen Millionen-Verlust durch Corona-Pandemie

    Können Sie das etwas genauer sagen?

    Ströll: Voraussichtlich wird sich unser Verlust auf einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag beschränken, aber wir können das noch nicht valide sagen, da noch nicht alle Zahlen exakt vorliegen. Damit gehören wir aber sicher zu den Bundesligavereinen mit den geringsten Verlusten.

    Beim FC Augsburg war Gehaltsverzicht der Spieler kein Thema mehr

    Mussten auch die Spieler noch einmal auf Gehalt verzichten?

    Ströll: Das war am Ende kein Thema mehr, weil wir uns auf einem relativ guten Weg befunden haben, die Saison trotz der Pandemie und damit einhergehenden Einbußen wirtschaftlich vernünftig abzuschließen.

    Was hätte ein Abstieg für den FCA finanziell bedeutet?

    Ströll: In erster Linie planen wir immer zweigleisig, alles andere wäre als FC Augsburg unseriös. Deshalb wären wir auch im Falle eines Abstiegs solide aufgestellt. In einem ersten Schritt hätten wir zwar Leistungsprämien nicht auszahlen müssen, aber der finanzielle Einschnitt durch einen massiven Rückgang der TV-Gelder wäre in der nächsten Saison dann umso heftiger geworden.

    Wie hoch sind die TV-Einnahmen in dieser Saison?

    Ströll: Wir haben aus den TV-Vermarktungserlösen aus der Bundesliga in dieser Saison 51 Millionen Euro erhalten.

    Und mit wie viel TV-Geld planen Sie in der kommenden Saison? Zwei Schwergewichte wie Schalke und Bremen sind ja abgestiegen.

    Ströll: Das wird aufgrund des niedrigen TV-Vertrags und der Platzierung in der TV-Geld-Tabelle deutlich weniger sein. Bitter war, dass der VfB uns in dieser Tabelle noch überholt hat. Somit erhalten wir in der kommenden Saison lediglich rund 45 Millionen Euro.

    Die Dauerkartenbesitzer mussten bis 15. Mai ihre Karte kündigen, weil an diesem Tag mit dem Sieg gegen Bremen der Klassenerhalt feststand. Wie hoch ist die Kündigungsquote?

    Ströll: Die Kündigungsquote liegt circa bei einem Drittel des Vorjahrs. Es ist toll, wie uns die Fans die Treue halten. Das wissen wir zu schätzen.

    Dann sind derzeit rund 16.500 Dauerkarten vergeben. Stimmt das?

    Ströll: Das können wir abschließend noch nicht ganz genau sagen. Wir sind noch im Prozess, alle Daten auszuwerten.

    Die Inzidenz sinkt bundesweit, es werden schon wieder die ersten Zuschauer in andere Stadien gelassen. Wie sieht ihr Öffnungsplan für die kommende Saison aus?

    Ströll: Wir waren ja in der vergangenen Saison schon vorbereitet und hatten verschiedene Szenarien erarbeitet und mit dem Gesundheitsamt abgestimmt. Die haben wir immer noch in der Schublade. Jetzt sind wir von einem Signal der Behörden abhängig, wie eine Öffnung aussehen kann. Wir haben alle möglichen Szenarien mit Impfpässen oder Schnelltests in den vergangenen Monaten diskutiert und sind bereit, sobald wir grünes Licht bekommen.

    FCA hat Pläne für Zuschauer in der WWK-Arena in der Schublade

    Gibt es schon Signale?

    Ströll: Ein Anhaltspunkt ist die Anzahl der Besucher, die zu den EM-Spielen in München zugelassen werden. Das sind nach aktuellem Stand rund 14.500 Fans. Aber das ist natürlich auch immer abhängig vom Inzidenzwert. Diesbezüglich sind wir auch in Augsburg auf einem guten Weg. Deswegen bin ich zuversichtlich, dass wir beim ersten Heimspiel in der kommenden Saison wieder Zuschauer in der WWK-Arena begrüßen dürfen.

    Wie wollen Sie die Karten verteilen?

    Ströll: Diese Frage beantworten wir, wenn wir final wissen, wie viele Zuschauer wir ins Stadion lassen dürfen und wie viele Dauerkartenbesitzer wir bis dahin haben. Denkbar wäre wieder eine Vergabe wie beim Spiel gegen Dortmund in dieser Saison, als 6.000 Fans unsere Mannschaft unterstützt haben. Da haben wir uns aber noch nicht festgelegt.

    Mit welchem Etat planen Sie in der kommenden Saison. In der vergangenen Spielzeit lag er bei rund 90 Millionen.

    Ströll: Auch da ist eine valide Antwort noch nicht abschließend möglich. Das hängt zum Beispiel auch davon ab, wie viele Zuschauer wir ins Stadion lassen dürfen. Wir planen ungefähr mit einem Umsatz zwischen 70 und 75 Millionen Euro.

    Wo stehen Sie da im Bundesliga-Vergleich?

    Ströll: Wir sind auf jeden Fall wieder im unteren Drittel platziert. Bielefeld, Fürth und Bochum werden vermutlich finanziell hinter uns liegen und, wenn sie aufsteigen, Kiel. Union Berlin hat wahrscheinlich ein ähnliches Niveau wie wir.

    Hat dieser Rückgang Auswirkungen auf die Kaderplanung? Sind Neuzugänge überhaupt möglich oder muss der FCA vielleicht Spieler verkaufen?

    Ströll: Nein, wir müssen nicht zwingend Spieler verkaufen. Die Stabilität haben wir uns in den letzten Jahren hart erarbeitet. Unser Eigenkapital bewegt sich immer noch im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Das unterscheidet uns auch von dem einen oder anderen Konkurrenten. Aber wir müssen natürlich trotzdem jede Investition prüfen und in Relation setzen. Mit Toptalent Lasse Günther vom FC Bayern München konnten wir nun auch schon den ersten Neuzugang für die kommende Saison präsentieren.

    Lasse Günther kommt vom FC Bayern nach Augsburg.
    Lasse Günther kommt vom FC Bayern nach Augsburg. Foto: Ulrich Wagner

    Michael Ströll spricht von Wettbewerbsverzerrung in der Bundesliga

    Wie sehen Sie denn überhaupt die finanzielle Lage in der Bundesliga nach einem Jahr Corona?

    Ströll: Die wirtschaftliche Lage der Liga sehe ich kritisch. Nicht umsonst müssen Vereine Anleihen aufnehmen oder sich anderweitig fremdfinanzieren. Da kann man schon von Wettbewerbsverzerrung sprechen. Es müssen in der 1. und 2. Liga dringend Regularien eingeführt werden, um wieder mehr wirtschaftliche Vernunft walten zu lassen. Offensichtlich haben einige Vereine in der Vergangenheit deutlich über ihre Verhältnisse gelebt.

    Auch Union Berlin hat sich zum Beispiel auf dem Kapitalmarkt Geld beschafft.

    Ströll: Ich möchte gar nicht über einzelne Vereine sprechen, sondern über die Gesamtlage. Wenn man sieht, wer sich über Anleihen, Kredite oder Staatshilfen wie Kurzarbeitergeld finanzieren musste, ist das bedenklich.

    Was kann man ändern?

    Ströll: Man muss Regularien finden, die dieses Agieren im Grenzbereich beenden. Es muss sichergestellt werden, dass man nur das ausgeben darf, was man auch einnimmt. Ein Salary-Cap wäre zum Beispiel ein guter Gedanke, auch wenn ich glaube, dass er vor dem Hintergrund des EU-Rechts nicht so einfach umsetzbar ist. Und wenn, müsste er gesamteuropäisch umgesetzt werden, weil sonst die Konkurrenzfähigkeit leiden würde.

    FCA-Geschäftsführer kann Axel Hellmann, Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt, nicht verstehen

    Frankfurt-Vorstandssprecher Axel Hellmann sorgt sich um die Strahlkraft der Bundesliga, wenn Traditionsklubs wie Schalke verschwinden.

    Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann fürchtet sich um die Strahlkraft der Bundesliga.
    Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann fürchtet sich um die Strahlkraft der Bundesliga. Foto: Arne Dedert, dpa

    Ströll: Die Aussagen von Axel Hellmann kann ich nicht im Geringsten teilen, da dies der falsche Ansatz ist. Tradition und Historie können nicht das allein entscheidende Kriterium sein, um in der Bundesliga spielen zu dürfen. Ich bin der Meinung, dass es weiterhin der sportliche Wettbewerb sein muss, der über die Bundesliga-Zugehörigkeit entscheidet. Wenn sich kleinere Vereine mit weniger Mitteln sportlich qualifizieren, haben diese Vereine nachweislich besser gearbeitet als andere. Von daher finde ich diese Aussagen in Bezug auf die Geldverteilung absurd, da Vereine mit mehr Möglichkeiten für ihre in Relation schwächere Leistung auch noch belohnt werden sollen.

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