Das Tattoo von Lorenzo Davids (24) auf dem rechten Unterarm ist ein kleines Kunstwerk. Verschlungen zeigt es einen Säugling und die verschnörkelten Buchstaben bilden den Namen Jairo. Es ist der jüngste Sohn (1) des Neuzuganges des FC Augsburg aus den Niederlanden. Es ist aber nicht sein einziges. „Auf dem Rücken habe ich noch ein Tattoo von meinem Sohn Oracio“, sagt Davids. Der ist jetzt fünf.
In den nächsten Tagen darf Davids dann noch eine weitere Fläche auf seinem Körper aussuchen. Denn dann erwartet seine Freundin Samantha (29) das dritte Kind. Noch lebt seine Familie in Holland, doch Davids sucht schon intensiv in Augsburg nach einer Wohnung. Nach dem Trainingslager will er möglichst schnell aus dem Hotel ausziehen und seine Familie nachkommen lassen. „Sie ist für mich sehr wichtig“, sagt Davids.
Zwar telefoniert er täglich mit der Heimat, doch bis Samstag gilt seine ganze Konzentration den Trainingseinheiten in Bad Gögging. Die sind für ihn ungewohnt intensiv. „Wir müssen viel mehr laufen als in Holland“, sagt er. Tattoo-Fan Davids macht die Quälerei aber nichts aus. „Ich brauche diese Anforderungen“, sagt er. Er will top vorbereitet das Abenteuer Bundesliga angehen.
Für ihn ist der Wechsel zum FCA der nächste Schritt in seiner Karriereplanung. „Die Bundesliga ist neben der Premier League und der Primera División eine der führenden Ligen in Europa“, schwärmt er. Es sei kein Vergleich mit der Eeredevise, der höchsten niederländischen Spielklasse. „Dort spielt man mit dem Kopf. Hier spielt man mit dem Kopf, mit viel Kondition, mit viel Technik und mit großem Herz“, sagt Davids. Es sei „eine Riesenherausforderung“ für ihn.
Und die will er mit dem FCA meistern. „Ich bin nach Augsburg gewechselt, um mitzuhelfen, damit der FCA in der Bundesliga bleibt.“ Davids klingt selbstbewusst, aber nicht überheblich. Mit 24 hat der Linksfuß schon 132 Spiele in der Eeredevise für den NEC Nijmegen absolviert. So stand Davids wohl nicht wegen seiner Rastalocken („Die habe ich erst seit sechs Jahren, zuvor hatte ich ganz kurze Haare.“) schon vor mehr als einem Jahr auf dem Wunschzettel von FCA-Trainer Jos Luhukay. Doch da Davids noch Vertrag hatte, scheiterte der Transfer an der Ablösesumme.
Luhukay strich ihn aber nicht von seiner Liste, sondern ließ den Kontakt nie abreißen. „Lorenzo ist ein toller Fußballer und Mensch.“ Die Integration läuft problemlos. Davids liegt mit Marcel Ndjeng in einem Zimmer. „Wir haben viel Spaß“, sagt Davids. Luhukay ist sich sicher, dass der 1,80 Meter große Mittelfeldspieler auch sportlich ein Riesengewinn ist: „Lorenzo wird für uns in der Bundesliga sehr wertvoll werden, da bin ich mir sicher.“ Davids’ Vertrag läuft bis 2013. Luhukay hat ihn auf der linken Seite im defensiven Mittelfeld, auf der Sechserposition, vorgesehen. Dort kann er seine Vorzüge am besten ausspielen. „Ich bin ein Kämpfer. Ich arbeite so lange, bis der Schiedsrichter abgepfiffen hat“, sagt Davids, dem sein Kampfgeist und sein Talent praktisch in die Wiege gelegt worden sind. Der Weltklassespieler Edgar Davids (38) ist der Cousin von Lorenzo Davids. Und beide kommen aus Surinam wie zum Beispiel Frank Rijkaard oder Ruud Gullit auch. „Wir haben wohl die richtige Einstellung. Wir spielen mit Herz, wir wollen immer lernen und uns überall durchsetzen“, beschreibt Lorenzo Davids die Mentalität.
Mit vier kommt Lorenzo Davids mit Vater und Opa aus der ehemaligen niederländischen Kolonie nach Amsterdam. Dort wird der Fußball schnell zu einem ganz wichtigen Lebensinhalt. Er hilft ihm, im nicht immer einfachen Alltag eines Einwandererkindes zu bestehen. „Es war oft hart, aber beim Fußball war alles vergessen. Mein Vater erzählt mir heute noch oft, dass ich nur Fußball im Kopf hatte. Und wenn er mir einmal den Ball wegnahm, habe ich geweint.“ Auf der Straße erhält er seine Grundausbildung, und die ist vom Feinsten. Zu seinen Spielkameraden zählen unter anderem Ryan Babel (1899 Hoffenheim) und Edson Braafheid (Bayern, jetzt Hoffenheim). Sein Talent und sein Wille öffnen ihm dann mit 17 das Tor zur Jugendabteilung von Feyenoord Rotterdam. Sein dortiger Trainer Mario Been wird nicht nur sein Förderer, sondern auch sein väterlicher Freund. Als Been zum NEC Nijmegen wechselt, holt er Davids im Winter 2006/2007 in die kleine Hansestadt im Osten der Niederlande. Davids wird schnell Stammspieler, jetzt will er den nächsten Schritt gehen. Sein berühmter Cousin, mit dem er viel telefoniert, hat ihm zum Wechsel gratuliert: „Er hat zu mir gesagt: In der Bundesliga spielst du nicht mehr mit kleinen Jungs, sondern mit richtigen Männern.“