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FCA-Gegner: Gladbachs Sportdirektor Eberl: "Wer schreit, hat nicht zwingend recht"

FCA-Gegner

Gladbachs Sportdirektor Eberl: "Wer schreit, hat nicht zwingend recht"

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    Gladbachs Sportdirektor Max Eberl vertritt klare Meinungen. „Wir haben mit Bobadilla seine wildeste Zeit erlebt.“
    Gladbachs Sportdirektor Max Eberl vertritt klare Meinungen. „Wir haben mit Bobadilla seine wildeste Zeit erlebt.“ Foto: Marius Becker, dpa

    Herr Eberl, ist es sinnvoll, die Transferperiode früher enden zu lassen?

    Eberl: Ich spreche mich für ein Transferende zum Saisonstart aus. Allerdings müssten andere Ligen und Verbände zustimmen. Sonst sind wir in der Bundesliga reglementiert, während Spanier, Engländer oder Franzosen sich auf unsere Spieler stürzen. Hinter der Thematik muss ein gesamteuropäisches Interesse stecken.

    Die Ablösesummen sind explodiert.

    Eberl: Das begeistert niemanden, bringt aber eine freie Marktwirtschaft mit sich. Durch die 222 Millionen für Neymar wurde eine neue Dimension erreicht. In Deutschland passt das Verhältnis zwischen Ausgaben und Einnahmen noch, die Zahlen sind greifbar. Wenn ein Klub 100 Millionen ausgibt, nimmt er woanders 100 Millionen ein. Das ist in anderen Ländern nicht mehr der Fall.

    Sind die Bundesligaklubs benachteiligt, weil sie solide wirtschaften?

    Eberl: Man fragt sich natürlich: Wie lässt sich das mit dem Financial Fairplay der Uefa (Einnahmen müssen Ausgaben ausgleichen, d. R.) vereinbaren? Wie soll ein Defizit von maximal 30 Millionen Euro pro Jahr erklärt werden? Das ist schon dubios.

    Eberl: "Volkssport Fußball muss ein Volkssport bleiben"

    Man gewinnt den Eindruck, 40 Millionen Euro für einen Spieler sind normal geworden.

    Eberl: Das ist weiterhin eine hohe Summe, darüber dürfen wir nicht einfach hinweggehen. Wir müssen aufpassen, dass der Volkssport Fußball ein Volkssport bleibt. Es ist eine gefährliche Entwicklung.

    Welche Gefahren drohen konkret?

    Eberl: Dass Fans das irgendwann nicht mehr mittragen. Dass Fernsehgelder nicht mehr gezahlt werden, weil das Interesse sinkt. Natürlich wird es immer Geldgeber geben. Aber der Fußball lebt nicht von einem finanzstarken Verein, sondern vom Wettbewerb. Man fragt sich: Wie lange geht das gut? Stellt die chinesische Regierung die Super League ein, fällt dieser unrealistische Markt wieder weg. Und was macht ein Mäzen, wenn er die Lust an seinem europäischen Klub verliert?

    Heißt: Die Bundesliga macht den Transferwahnsinn mit, will aber keine Grenzen überschreiten.

    Eberl: Diesen Eindruck habe ich. Den Wahnsinn mitmachen könnten Bayern, Dortmund, vielleicht Leipzig. Sie wollen es aber nach eigener Aussage nicht tun, weil dort hoch professionell und seriös gearbeitet wird. Niemand will den Anschluss verlieren, aber letztlich zählt das Wirtschaftliche.

    Raúl Bobadilla spielt am Samstag nicht gegen den FCA

    Wirtschaftlich gepasst hat für Sie dann wohl auch Raúl Bobadilla.

    Eberl: Wir wollten einen anderen Typ Stürmer, der trotzdem in unser System passt. Der Spieler sollte die Bundesliga kennen und uns sofort weiterhelfen. Und wir wollten einen finanziell sehr überschaubaren Aufwand, um das Risiko gering zu halten. Raúl Bobadilla vereint all das.

    FCA-Präsident Klaus Hofmann hat gegenüber unserer Zeitung erklärt, er sei Bobadillas „Extrawürste leid gewesen“.

    Eberl: Was Herr Hofmann in diesem Zusammenhang sagt, ist für mich nicht relevant. Wir haben mit Bobadilla seine wildeste Zeit erlebt, als er in der Bundesliga erste Schritte getan hat. 2012 haben wir ihn an Bern abgegeben, weil es emotional nicht mehr gepasst hat. Wir haben die letzten Jahre verfolgt. Er ist ruhiger, professioneller und Vater geworden und hat erfolgreich für Augsburg gespielt.

    Mit dem FCA ist vereinbart, dass Bobadilla am Samstag nicht spielt.

    Eberl: Das ist ein Gentlemen’s Agreement zwischen Stefan Reuter (FCA-Geschäftsführer Sport, d. R.) und mir. Normalität ist das nicht. Wenn ich einen Spieler abgebe, dann will ich ihn nicht mehr. Dann kann ich nicht sagen: Er ist so gut, dass er nicht gegen mich spielen sollte. Ich habe es aber verstanden, weil der FCA sein erstes Heimspiel hat und Raúl ein Publikumsliebling war. Alternativ hätte der FCA dem Transfer erst nach dem Spiel zugestimmt.

    Zum Fall „Dembélé“. Sind Vereine von Spielern und Beratern erpressbar?

    Eberl: Mir wird zu sehr auf Berater eingeschlagen. Motto: Das sind alles schwarze Schafe. Wünsche der Spieler kann man ein Stück weit verstehen, wir haben das mit Xhaka, ter Stegen oder Reus erlebt. Schlecht finde ich Trainingsstreiks, Suspendierungen und die gezielt gesuchte Öffentlichkeit. Das hat einen faden Beigeschmack. Würde ich 50 Prozent des Gehalts kürzen, wenn der Spieler schlecht trainiert, würde er ausflippen. Hinter verschlossenen Türen kann man offen über alles diskutieren, darf auch streiten. Ich wehre mich aber dagegen, etwas zu erzwingen. Ein Vereinswechsel, der nicht funktioniert, ist kein Drama im Leben eines Profis.

    Gladbachs Sportdirektor Eberl zeigt Verständnis für Fanproteste

    Bei Fans wächst die Unzufriedenheit, sichtbar in Protesten der Ultra-Gruppierungen. Haben Sie Verständnis?

    Eberl: Verständnis ja, aber mir zielt die ganze Diskussion zu sehr auf Kommerz ab. Fußball ist eine große Unterhaltungsbranche, man darf Dinge aber nicht überziehen. Beispiel: Helene Fischer. Ein Event in der Halbzeit sollte nie in Konkurrenz zum Spiel stehen. Wir haben eine andere Sportkultur, das Spiel steht im Vordergrund.

    Streitpunkt ist auch die 50+1-Regel. Geldgeber sollen – anders als etwa in England – in den Klubs keine Stimmmehrheit bekommen.

    Eberl: Jeder Verein kann seine Profiabteilung ausgliedern und Anteile verkaufen. Die Entscheidungshoheit sollte aber beim Verein bleiben. Das ist der Istzustand. Klar ist aber auch: Ein starker Finanzpartner wird sich nicht von Mitgliedern sagen lassen, ob er Stürmer A oder B holen darf.

    Wie stehen Sie zur Kritik der Spieltagszerstückelung?

    Eberl: Kernspieltag ist weiterhin Samstag. Europa-League-Teilnehmer können wir an diesem Tag aber nicht spielen lassen. Auch die fünf Montagsspiele sind dem sportlichen Wettbewerb und dem Europapokal geschuldet.

    Eberl: "Es müssen alle Fanvertreter berücksichtigt werden"

    DFB-Präsident Grindel hat Kollektivstrafen ausgesetzt und Fangruppen zum Dialog eingeladen. Die Lösung?

    Eberl: Probleme werden nicht über Protestaktionen und die Medien geregelt. Faninteressen sind nicht automatisch Interessen der Ultras. Wer laut schreit, hat nicht zwingend recht. Berücksichtigt werden müssen alle Fanvertreter. Kommen alle an einem Tisch zusammen, werden wir eine Lösung finden. Klar ist: Wir wollen im Stadion keine Gewalt und keine Pyrotechnik.

    Zum Spiel in Augsburg. In sechs Spielzeiten hat die Borussia gegen den FCA nur zweimal gewonnen. Warum?

    Eberl: Das war immer eine harte Nuss. Das Stadion ist ungemein laut, der Gegner unangenehm schwer zu bespielen.

    Obwohl der FCA als Abstiegskandidat gehandelt wird?

    Eberl: Das ist für mich nicht relevant. Es gibt keine Abstiegskandidaten im klassischen Sinn. Der Ausgang der Bundesligasaison ist ganz schwer vorherzusagen.

    Lesen Sie auch: Warum Raphael Framberger der Prototyp eines FCA-Profis ist

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