Hinter Martin Hinteregger liegt ein aufregendes Jahr. Der Österreicher brauchte Zeit, ehe er sich in Augsburg und beim dortigen Fußball-Bundesligisten eingelebt hatte. Längst ist er angekommen, geprägt von Höhen und Tiefen einer aufregenden Saison mit medialem Aufsehen, Trainerwechsel und Abstiegskampf.
Hinteregger sitzt auf einem grauen Sofa in der Lobby des Hilton-Hotels Southampton. Müde wirkt der 24-Jährige, die anstrengenden Übungseinheiten während des England-Aufenthalts haben Spuren hinterlassen. Ähnlich der zurückliegenden Spielzeit. Ein anderer Mensch sei er geworden, erzählt er gewohnt offen. „Ich dachte, wenn du Meister werden musst, bedeutet das Druck. Aber der Druck im Abstiegskampf ist viel schlimmer.“ Er fügt hinzu, er habe gelernt, auf Stress gelassener zu reagieren.
Das FCA-Team bekommt ein anderes Gesicht
Schon in der vergangenen Saison übernahm Hinteregger auf dem Platz Führungsaufgaben. Nicht verbal, vielmehr durch beherztes Auftreten, durch Wille und Einsatz. Er riss Mitspieler mit, erzielte zudem wichtige Treffer, die nicht schön, sondern erzwungen waren. Darin sieht der kernige Innenverteidiger seine Aufgaben. Hinteregger ist einer, dem in den kommenden Wochen und Monaten verstärkt diese Art Führung übertragen werden wird. Denn der FCA verändert seine Mannschaftsstruktur. Umbruch und Verjüngung – das FCA-Team bekommt ein anderes Gesicht. Halil Altintop hat den Klub verlassen, Kapitän Paul Verhaegh wird wohl folgen und der Verbleib von Torhüter Marwin Hitz ist fraglich. Das Trio war Teil des Mannschaftsrates und übernahm auf und abseits des Platzes Verantwortung. Nun müssen andere in diese Lücken stoßen.
Erst vor zwei Wochen hatte Trainer Manuel Baum Verhaegh zum Kapitän bestimmt, nun muss er umdenken. Wahrscheinlichste Lösung: Daniel Baier bekleidet das Amt. Beim morgigen Test gegen den Premier-League-Klub FC Southampton (20.45) führt er die FCA-Elf wohl bereits aufs Feld. Kandidaten für den Mannschaftsrat sind zudem die erfahrenen Christoph Janker und Jan-Ingwer Callsen-Bracker. Zudem wird Baum Spieler wählen, die zur Stammelf zählen und einer jüngeren Generation angehören, etwa ein Jeffrey Gouweleeuw oder eben Hinteregger. Dass die Verträge mit Gouweleeuw, Baier, Linksverteidiger Philipp Max und Offensivspieler Caiuby jüngst verlängert wurden, zeigt, wie der FCA sein Gerüst zusammenstellt.
Erfahrung sei wichtig, erklärt der Trainer. Das heißt nicht, dass führende Köpfe zwingend älter als 30 Jahre sein müssen. Baum begründet: „Gerade junge Spieler haben in der vergangenen Saison viel Erfahrung gesammelt.“
Baum nutzt die Vorbereitung, um sich ein Bild von der künftigen Struktur des Teams zu machen. Er setzt darauf, dass sich im ständigen Zusammensein, erst in Südtirol, jetzt im Süden Englands, von selbst eine Hierarchie entwickelt, die er formen kann.
Das Klima beim FC Augsburg nicht mehr von Leitwölfen geprägt
Das Klima innerhalb eines Profiteams ist längst nicht mehr von Autoritäten und Leitwölfen geprägt, so räumen auch ältere Spieler Trainingsmaterialien auf und tragen Tore. Dennoch spricht sich Baum für eine gewisse „Hackordnung“ aus. Das erleichtere die Kommunikation. „Man braucht fünf, sechs Spieler, über die man Dinge in die Mannschaft einspielen kann“, erklärt er.
Nach der England-Reise, die mit dem Rückflug am Donnerstagvormittag endet, will sich Baum beim Mannschaftsrat festlegen. Bekäme Hinteregger darin einen Platz, es wäre nicht verwunderlich.
Lesen Sie auch: Daniel Baier lebt den FC Augsburg