Die letzte Herausforderung hatte Heiko Herrlich noch vor sich. Die Saison unter Corona-Bedingungen bringt ganz spezielle Begleitumstände mit sich. Die Pressekonferenzen finden nur virtuell statt, die Räume, in denen die Bundesliga-Trainer dafür sitzen, sind nicht immer die gleichen wie zu normalen Zeiten. In Freiburg bedeutete das am Sonntag nach dem 0:2 des FC Augsburg, dass Herrlich viele Stufen der Haupttribüne des Schwarzwaldstadions hinauf steigen musste, um den Raum für die Nachbesprechung zu erreichen.
Sein Kollege Christian Streich marschierte munter vorneweg, ihm dürften die Schritte mit der Euphorie des Sieges deutlich leichter gefallen sein. Als die Gruppe mit Trainer, den beiden Pressesprechern und FCA-Manager Stefan Reuter angekommen war, musste Herrlich erst einmal zu Atem kommen. "Jetzt muss ich erst mal durchschnaufen nach diesen vielen Treppen", sagte er lachend, ehe er mit der Analyse begann.
Vor der Freiburger Führung spazierte Christian Günter durch die FCA-Abwehr
Auch sein FCA hätte durchschnaufen können, wäre die Partie erfolgreich gestaltet worden. Nach dem 0:2 und den Siegen von Mainz und Hertha BSC aber scheint sich die Lage im Tabellenkeller weiter zu verengen. Unruhe oder gar Panik aber wollen die Augsburger nicht aufkommen lassen. "Wir schauen nicht auf die anderen, wir müssen selbst unsere Punkte holen. Jetzt haben wir wieder mal verloren, Unruhe aber gibt das bei uns nicht", sagte Jeffrey Gouweleeuw. Der Kapitän war lange Zeit ein der stärksten Augsburger in Freiburg, ehe die Mannschaft aber zweimal beim Verteidigen patzte. Beim 0:1 durfte Christian Günter als Vorbereiter beinahe gegenwehrlos an vier FCA-Spielern vorbeimarschieren, ehe Roland Sallai zum 1:0 (51.) traf.
Philipp Lienhart legte noch das 2:0 (79.) nach, als die FCA-Abwehr nach einem Freistoß nicht aufpasste. "Da haben wir schlecht verteidigt, vor allem das 0:1 hat uns weh getan", sagte Stefan Reuter, der die Gesamtlage aber noch nicht zu kritisch sieht. "Das verändert sich von Woche zu Woche. Einmal sind wir die großen Gewinner, einmal die großen Verlierer des Spieltags. Zum Ende einer Saison passieren oft verrückte Dinge, wir sind gut beraten, nur auf uns zu schauen und weiter konzentriert zu sein", so Reuter.
Das Positive an der Situation: "Wir haben noch alles selbst in der Hand", sagte Herrlich. Der FCA-Trainer aber fügte auch ein wenig trotzig an: "Wir können auch die Tabelle lesen und sehen, dass die anderen näher kommen." Näher ja, aber noch mit einem vorerst beruhigend wirkenden Abstand. Zumal in den nächsten Partien nach der Länderspielpause gute Möglichkeiten folgen, um das Punktekonto aufzuhübschen: gegen Hoffenheim, auf Schalke und gegen Bielefeld.
Caligiuri hat beim FCA trotz der Niederlage Fortschritte gesehen
Zumal Daniel Caligiuri trotz der Niederlage Fortschritte gesehen hatte. "Es ist zu erkennen, dass wir im Offensivbereich eine Entwicklung haben. Es ist positiv, dass wir uns die Chancen herausarbeiten", sagte Caligiuri. Negativ war allerdings die Verwertung. Dem FCA fehlte die Effektivität, ganz anders noch als vor einer Woche, als mit nur drei Möglichkeiten gegen Mönchengladbach drei Treffer gelungen waren. Eine solch optimale Chancenverwertung aber ist selten wie ein entspannter Christian Streich auf der Trainerbank. Der Freiburger war von der ersten bis zur letzten Minute an der Seitenlinie, um korrigierend einzugreifen. Das war auch nötig, versuchte der FCA doch sehr angestrengt, dem Spiel noch eine Wende zu geben. "An der Mentalität lag es nicht. Wir haben 95 Minuten lang versucht, nach vorne zu spielen", sagte Caligiuri. Deshalb sei das Ergebnis bei seinem Ex-Verein auch so bitter.
Trotz der Freundschaft zu Christian Streich saß Caligiuri bei der Abfahrt um kurz nach 21 Uhr im FCA-Mannschaftsbus. Er blieb nicht noch auf ein Glas Wein im Breisgau. "Ich fahre zurück zu meiner Frau und meinem Sohn, um ein bisschen abzuschalten", sagte der Routinier. Er will die Länderspielpause nutzen, um Kraft für den Endspurt zu sammeln. Der könnte es für den FCA noch in sich haben.
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