Die Zahlen sprechen schon ganz alleine für Tim Matavz, 25. FC Groningen: 99 Spiele, 42 Tore. PSV Eindhoven: 102 Liga-Spiele, 42 Tore. 18 Europa-League-Spiele für PSV, zwölf Tore. 28 Spiele für die slowenische Nationalmannschaft, zehn Tore (alle lt. Transfermarkt). Der Mann ist der personifizierte Torgarant. Das findet auch Stefan Reuter. „Man braucht sich nur seine Statistiken anschauen, er hat überall getroffen, egal ob in der Nationalmannschaft oder in seinen Verein“, schwärmt der Manager des FC Augsburg von seiner Sommer-Verpflichtung.
Matavz der teuerste Einkauf in der Vereinsgeschichte
Auch im FCA-Trikot bewies der Slowene gleich seinen Torinstinkt. Sechs Spiele, ein Treffer im Heimspiel gegen Borussia Dortmund, ein Tor im Heimspiel gegen Werder Bremen – es gab schon schlechtere Bundesliga-Debütanten. Ciro Immobile zum Beispiel, der italienische 18-Millionen-Transfer von Borussia Dortmund hat bisher auch nicht öfters getroffen. Dennoch wird der Slowene schon jetzt von nicht wenigen FCA-Fans durchaus kritisch gesehen. Denn Matavz, immerhin der teuerste Einkauf in der Vereinsgeschichte, stand bisher nur im Auftaktspiel in Hoffenheim in der Startelf, ansonsten spielte er mal 20 Minuten, mal zehn Minuten, zweimal kam er gar nicht zum Einsatz.
Vier Millionen Euro, so war bisher fast überall zu lesen, soll Matavz dem FCA gekostet haben. „Diese Summe ist deutlich zu hoch“, sagt Reuter ohne in guter alter FCA-Tradition genaue Zahlen zu nennen. Nach Informationen unserer Zeitung soll der FCA rund drei Millionen Euro an den PSV Eindhoven überwiesen haben.
Gut angelegtes Geld, findet Reuter und bittet alle Kritiker noch um ein wenig Geduld: „Ich habe bei Borussia Dortmund sehr viele Zugänge erlebt, die im ersten halben Jahr noch nicht annähernd ihr Leistungspotenzial ausgeschöpft haben. Auch da ist oft Kritik aufgekommen. Das muss man dann einfach mal wegstecken, den Weg konsequent weiter gehen, weiter hart arbeiten.“
Matavz mit Kurzeinsätzen nicht zufrieden
Auch Matavz ist mit seinen Kurzeinsätzen nicht zufrieden, obwohl er von den Umstellungsproblemen nicht überrascht wurde: „In Eindhoven hatten wir meist den Ball, wir diktierten das Tempo.“ Und er konnte wie die Spinne im Netz auf seine Chance lauern, um dann zuschlagen.
Beim FCA muss er sich ins Kollektiv einfinden, muss mitarbeiten, muss als erster Verteidiger das Pressing einleiten. Dinge, die Matavz lernen will: „Natürlich will ich spielen, aber ich bin nicht enttäuscht. Jetzt weiß ich was ich tun muss, um zu spielen. Ich spüre, dass es Tag für Tag besser wird.“
Doch er hat harte Konkurrenz. Vor allem Sascha Mölders, 29. Es ist das Aufeinandertreffen zweier Welten. Dort der Fußball-Malocher aus Essen, mitten aus dem Ruhrpott, der das Kämpfen zu seiner persönlichen Stilform veredelt hat. Dort der mit viel Talent und Technik ausgestattete Stürmer aus der slowenischen Kleinstadt Sempeter pri Gorici, die nah an der Grenze zu Italien liegt, dessen Karriere bisher fast nur geradlinig nach oben verläuft. Fußball pur: BVB bereit für Siege
Mit 14 wechselt Matavz zu ND Gorica, eine bekannte Talentschmiede in Slowenien. Mit 17 wird er mit Gorica slowenischer Vizemeister, spielt die UEFA-Cup-Qualifikation und mit seinen Toren macht er die Talentspäher vom FC Groningen auf sich aufmerksam. Er unterschreibt beim niederländischen Erstligisten einen Fünf-Jahres-Vertrag und macht weiter das, was er am besten kann. Er schießt Tore. Der PSV Eindhoven holt ihn 2011 und Matavz trifft weiter – auch bei der Spitzenmannschaft.
Russen bekommen kalte Füße
Rubin Kasan bietet für ihn im Februar 2014 acht Millionen Euro. Der Vertrag mit dem zweifachen russischen Meister aus der Hauptstadt der zentralrussischen Republik Tatarstan ist schon aufgesetzt, doch dann bekommen die Russen kalte Füße. Im Oktober 2013 hatte sich Matavz am rechten Meniskus operieren lassen, musste lange pausieren. Der Medizincheck gefällt den Russen nicht. Der Transfer platzt.
Der FCA wittert seine Chance. Im Sommer holt Eindhoven den glücklosen Luuk de Jong aus der Bundesliga zurück. Matavz ist auf dem Markt.
Der FCA greift zu. „Wir haben genau den richtigen Zeitpunkt erwischt“, freut sich Reuter. Nicht aber ohne vorher Matavz genau durchzuchecken. „Wenn wir etwas in Augsburg haben, dann sind es Top-Leute in der Hessingpark Clinic, was das Knie angeht“, sagt Reuter. Die Ärzte geben grünes Licht. Der FCA investiert.
FCA bleibt geduldig
Und bleibt geduldig. „Er hat in einem anderen Land, in einer anderen Liga gespielt. Er hatte in dem letzten halben Jahr keinen guten Rhythmus, deshalb ist es für mich auch nicht ungewöhnlich, dass er noch nicht richtig angekommen ist“, sagt Reuter.
Auch in der slowenischen Nationalmannschaft muss Matavz Geduld zeigen. In der Euro-Qualifikation steht ihm derzeit der Ex-Kölner Milivoje Novakovic, 35, im Weg. „Wenn ich im Verein nicht spiele, ist es auch dort schwierig zu spielen“, sagt Matavz, ohne nervös zu wirken. Der sprachbegabte Slowene (er spricht niederländisch, englisch, italienisch, slowenisch und lernt derzeit deutsch) hat die nächste Stufe in seiner Karriereplanung erreicht. „Ich wollte in einer besseren Liga spielen als in Holland. Hier herrscht mehr Tempo. Es gibt bessere Mannschaften, jedes Spiel ist umkämpft.“
Vertrag bis 2019
Matavz hat Zeit, sein Vertrag läuft bis 2019. Er fühlt sich mit Frau Polona und Töchterchen Tia (2) wohl in Augsburg. Aber es kann auch schnell gehen. Gut möglich, dass er schon am Samstag (15.30 Uhr) beim Heimspiel gegen den SC Freiburg von Beginn an auflaufen wird. Für Mölders kommt dieses Spiel noch zu früh. Im Training wechseln sich Matavz und Nikola Djurdjic, 28, ab.
Reuter freut der Konkurrenzkampf und er ist sich sicher, dass Matavz bald die Rendite der Millionen-Investition in Form von Toren liefern wird: „Wenn die Qualität da ist, ist es einfach eine Frage der Zeit, bis man sie auch konstant zeigt. Und Matavz hat Qualität.“ Sagt die Statistik.