Felix Uduokhai war der erste Spieler des FC Augsburg, der sich zu den Geschehnissen äußern durfte. Wobei, eher äußern musste. Der Abwehrspieler des FC Augsburg hatte das Pech, vielleicht auch das Glück, dass er nicht auf dem Rasen gestanden hatte. Eine Gelb-Sperre verhinderte das. Uduokhai stand also in der Halbzeitpause vor der TV-Kamera und analysierte als Gesprächspartner die ersten 45 Minuten der Partie gegen den 1. FC Köln. Er sollte also erklären, was er nicht erklären konnte. "Ich bin sprachlos. Mir fehlen die Worte", gestand der 23-Jährige.
Uduokhai, wie auch seinen Mitspielern, Trainer Heiko Herrlich oder Sportchef Stefan Reuter war der Schock ob dieses Auftritts anzusehen. In ihren Gesichtern spiegelte sich eine Mischung aus Entsetzen, Ratlosigkeit und Resignation. Ohne den Ansatz von Gegenwehr hatten die FCA-Profis sich in ihr Schicksal ergeben, selbst Kölner Spieler wunderten sich nach Schlusspfiff, wie bereitwillig die Augsburger ihnen Gelegenheiten zu Treffern bescherten. Letztlich waren es deren drei, die in der zweiten Hälfte nicht mehr aufzuholen waren, sodass eine 2:3-Niederlage stand.
Spieler des FC Augsburg werden auf Boden der Tatsachen geholt
Vor der Partie hatten sich alle so zuversichtlich gegeben. Bislang konnten sie sich ja im Verlauf der Saison schließlich darauf verlassen, auf dem Punkt da zu sein. Ein Sieg gegen Köln – und der Klassenerhalt wäre nur noch Formsache gewesen. Doch erst in der Halbzeitpause schien der Mannschaft bewusst geworden zu sein, was ihnen drohte: ein Zittern bis zum Abpfiff des letzten Spieltags. Als die Spieler des FCA nach dem 2:3 auf dem Rasen lagen oder saßen, waren sie endgültig auf den Boden der Tatsachen geholt worden.
Torwart Rafal Gikiewicz hatte auf dem Spielfeld vergeblich versucht, auf seine Spieler einzuwirken. Mit weit aufgerissenen Augen schrie er. Wollte verbal aufrütteln. Dass der 33-Jährige seine Vorderleute körperlich nicht so anging wie einst Bayerns Oliver Kahn Andreas Herzog, grenzte an ein Wunder. In Gikiewicz brodelte es gewaltig.
An dieser Stimmungslage änderten die ansehnliche zweite Spielhälfte, die Tore von Robert Gumny und Ruben Vargas und die beinahe erfolgreiche Aufholjagd wenig. Dem Spiel könne er nichts Positives abgewinnen, meinte der Torhüter. Mehr wollte er nicht sagen, "weil ich keine Strafe bekommen will". Wirklich daran halten konnte er sich aber nicht, dafür erlebt er den Fußball zu emotional. Erneut deuteten sich Parallelen zu Oliver Kahn an. Der Bayern-Torwart hatte einst von seinen Mitspielern mehr Männlichkeit eingefordert. Anlehnend daran sagte Rafal Gikiewicz: "In den ersten 45 Minuten haben wir die Eier in der Kabine gelassen", meinte der Torwart, "das war von allen eine skandalöse Leistung."
Gikiewicz hielt sich einmal mehr nicht mit Kritik zurück, fand klare Worte. "Wir reden Woche für Woche das Gleiche. Es geht nicht, dass wir nur eine Halbzeit gut spielen." So viel Platz wie die Kölner bei ihren Toren gäbe es sonst nicht mal im Training, schob er noch hinterher. Eine erschreckende Bestandsaufnahme. André Hahn wich in den TV-Interviews am Spielfeldrand ebenso nicht aus. "Die erste Halbzeit war bodenlos, das war eine absolute Frechheit, wie wir verteidigt haben. Das geht gar nicht", sagte der Stürmer.
Ebenso fehlten lange Zeit Impulse vom Spielfeldrand. Erst kurz vor und nach der Pause, als Herrlich dreimal wechselte, signalisierte der Trainer, dass er Bedarf zu Veränderung sah. Aber auch die warfen Fragen auf. Florian Niederlechner, Augsburgs bester Scorer der vergangenen Saison, kam gar nicht zum Einsatz. Marco Richter, zuletzt ein Aktivposten, erst in den letzten Minuten. Und Laszlo Benes, der Hoffnungsträger aus Mönchengladbach, blieb ebenso draußen.
Womöglich schien sich zudem bei einigen Spielern der Eindruck trügerischer Sicherheit verfestigt zu haben, sie wähnten sich nahe am Ziel Klassenerhalt und erhielten nun die Quittung für Nachlässigkeiten vergangener Wochen. Hahn: "Ich dachte, wir hätten es alle verstanden. An der ersten Halbzeit sehen wir, dass es nicht alle verstanden haben." Nicht einzelne, sondern das Kollektiv hatte versagt. Während der ersten Hälfte fand sich kein Führungsspieler, der auf dem Platz eingewirkt hätte. Das deutete auf mangelnden Zusammenhalt innerhalb des Teams hin. Längst nicht alle Spieler sollen sich eine weitere Zusammenarbeit mit Herrlich vorstellen können. Auch wegen der fehlenden spielerischen Entwicklung. Wenig Ballbesitz und ausschließliche Konzentration auf die Defensive kritisieren nicht nur die Fans – auch den Spielern gefällt das nicht zwangsläufig.
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