Der Lieblingsplatz von Stefan Reuter am Trainingsplatz im spanischen Algorfa war eine Woche lang ein etwas wackliges Gerüst. Warum das dort steht, weiß keiner so genau. Der Videoanalyst des FC Augsburg brauchte es auf jeden Fall nicht, um die Trainingseinheiten zu filmen. Der hat einen ausfahrbaren Teleskoparm oder seit Neuestem eine Drohne für Aufnahmen. Doch Reuter, der Geschäftsführer Sport des FC Augsburg, machte sich lieber selbst einen Eindruck vom Engagement seiner Profis nach dem unbefriedigenden Jahr 2018. Vor zwölf Monaten ging der FCA nach dem Trainingslager in Teneriffa als Neunter in die Bundesliga-Rückrunde. Doch nach nur 17 Punkten folgte eine noch enttäuschendere Vorrunde in dieser Saison. Mit nur 15 Punkten heißt die Gegenwart Abstiegskampf.
Eine Ausgangslage, die volle Konzentration aller Beteiligten erfordert. Die hat Reuter, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt, auch im Trainingslager gesehen: „Es geht darum, dass wir sehr geschlossen agieren und dass wir unser Spiel mit hoher Intensität umsetzen. Dafür brauchst du eine hohe Bereitschaft, dich zu quälen. Dies habe ich alles hier gesehen. In der Woche wurde dafür super gearbeitet, wir hatten hier ideale Bedingungen. Es war eine wichtige und gute Woche für uns.“ Das erste von zwei abschließenden Testspielen gegen Royal Antwerpen über je zwei Mal 30 Minuten gewann der FCA nach zwei Treffern von Alfred Finnbogason und einem Eigentor mit 3:0. Im zweiten Match siegte der belgische Erstligist 1:0.
Caiuby sorgte für den meisten Ärger
In der Vorrunde lag der Fokus nicht aller Spieler immer nur auf dem Fußball. Da ließen sich kurz vor wichtigen Spielen einige Spieler Tattoos stechen, da nahmen es einige mit Terminen und Uhrzeiten nicht so genau. Für das meiste Aufsehen sorgte aber Caiuby mit seinen diversen Aktionen. Wie im Sommer fehlte der Offensivspieler jetzt wieder im Trainingslager. Wenn auch diesmal entschuldigt aus privaten Gründen. Wann der Brasilianer wieder nach Deutschland kommt und was dann geschieht, darüber wollte Reuter keine Auskunft geben: „Es wird erst wieder was Neues geben, wenn wir das Gespräch geführt haben. Er ist derzeit noch in Brasilien.“
Es ist nicht nur die Causa Caiuby, die Trainer Manuel Baum veranlassten, in diesen Tagen in Spanien zuerst intern, aber dann auch etwas überraschend öffentlich, die Mannschaft in die Pflicht zu nehmen. Der Großteil der Undiszipliniertheiten würde niemanden groß interessieren, wenn der FCA nicht seit acht Punktspielen auf einen Sieg warten würde. Doch so waren sie auch für die sportliche Leitung ein Thema. Reuter sagt dazu: „Der Trainer legt großen Wert auf Disziplin und achtet auch darauf. Man kann spüren, dass die Jungs mitziehen. Aber in der Hinrunde ist außerhalb des Platzes das eine oder andere zu viel passiert, das aufgearbeitet wurde.“
Beim FC Augsburg will man die Krise gemeinsam meistern
Neben Reuter waren auch Stephan Schwarz, der technische Direktor, und Vereinschef Klaus Hofmann mit im Trainingslager. Das hat Tradition beim FCA, zeugte in diesen Tagen in Spanien aber auch von der Geschlossenheit des Vereins, die Krise gemeinsam zu meistern. Und außerdem konnte man so Aufgaben besser verteilen. Denn wenn Reuter den Trainingsplatz verlassen hatte, war er oft mit dem Handy am Ohr in der Hotellobby zu sehen. Derzeit ist Reuter bei den Beratern ein gefragter Mann: „Das ist in solchen Transferfenstern immer extrem. Wir haben ein relativ großes Netzwerk, von daher führen wir extrem viele Gespräche. Davon beschäftigt man sich vielleicht mit zehn Prozent intensiver und länger. Es sind aber auch viele Gespräche dabei, in denen wir sagen können, das kommt für uns nicht in Frage oder ist aktuell nicht interessant.“
Ob es im Trainingslager Entscheidungen bezüglich Zu- oder Abgängen gegeben hat, lässt Reuter offen. „Wir treffen immer Entscheidungen, aber erst wenn etwas zu verkünden ist, werden wir es tun.“ Den bisher einzigen Transfer verkündete er vor dem Trainingslager. Er lieh den talentierten Schweizer Torhüter Gregor Kobel, 21, für ein halbes Jahr von der TSG 1899 Hoffenheim aus. „Wir haben mit Gregor Kobel einen Torhüter dazugenommen, um die Konkurrenzsituation noch einmal zu verschärfen. Es ist keine leichte Situation für die Torhüter, weil sie einen besonderen Druck haben. Aber sie sind das ein Stück weit gewöhnt.“ Dennoch sorgt diese Personalie für Unruhe. Wer die Nummer eins wird? Noch scheint keine Entscheidung gefallen.
Andreas Luthe hat angedeutet, dass er eventuell seine Konsequenzen ziehen würde, wenn er, wie schon im Sommer, wieder das Nachsehen hätte. Aber es gibt auch andere Spieler, denen Abwanderungsgedanken nachgesagt werden. Da fallen Namen wie Jan-Ingwer Callsen-Bracker oder auch Philipp Max. Reuter will sich mit solchen Themen derzeit nicht beschäftigen. „Es ist relativ unwahrscheinlich, dass wir in der Winterpause noch einen Spieler abgeben. Denn grundsätzlich ist es schwierig, Ersatz zu finden und auch zu integrieren.“
FCA gegen Mitabstiegskonkurrent Düsseldorf
Er gibt seinen Profis viel lieber einen guten Rat mit in die Rückrunde: „Es muss jedem Spieler bewusst sein, der nächste Schritt in der Karriere oder ein Wechsel kann nur zustande kommen, wenn die Leistung jetzt stimmt. Von daher ist jeder gut beraten, sich auf die Situation hier zu konzentrieren, Gas zu geben, sich einzubringen. Dass erwarten wir.“ Am Samstag geht es Richtung Heimat und am kommenden Samstag (15 Uhr) startet der FCA mit dem Heimspiel gegen den Mitabstiegskonkurrenten Düsseldorf die Mission Klassenerhalt.
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