Es ist wieder mehr Zug im Training. Im spanischen Marbella lässt Manuel Baum vorwiegend jene Dinge üben, für die der FCA seit seinem Aufstieg in die Bundesliga gefürchtet ist: Pressing- und schnelles Umschaltspiel. Die Einheiten sind sehr intensiv und von hohem Tempo geprägt. Diese Art von Training haben die Spieler nach dem Abgang von Markus Weinzierl zum FC Schalke 04 vermisst.
Als Dirk Schuster von Darmstadt nach Augsburg gewechselt war, glaubten die Verantwortlichen des FCA man hätte den Trainerposten optimal besetzt. Doch irgendwie klappte es nicht so richtig mit dem "Trainer des Jahres". Der ehemalige Bundesliga-Verteidiger wählte öfters spielerische Trainingsmethoden. Doch schon bei den ersten Einheiten unter Schuster fiel auf, dass der eine oder andere Spieler bei manchen Übungen abschätzig grinste. Damals dachte man an Anfangsschwierigkeiten. Dazu vermittelten die meisten FCA-Spieler den Eindruck, dass sie Markus Weinzierl hinterher trauerten.
Für Schuster war der FCA eine neue Welt. In Darmstadt war er eine Art Alleinherrscher gewesen. Kein Manager stand ihm zur Seite und Präsident Rüdiger Fritsch mischte sich so gut wie gar nicht ins Tagesgeschäft ein. Das Scouting hatten dort Schusters mittlerweile 75-jähriger Vater Eberhard und Horst Franz (76), der Vater von Schusters Co-Trainer Sascha Franz, übernommen. Der SV Darmstadt lief sozusagen als kleiner Familienbetrieb.
Fans klagten über unattraktive Spielweise
In Augsburg musste sich Schuster unterordnen. Das hat nicht funktioniert. Mit Stefan Reuter hatte Schuster ständig einen Vorgesetzten neben sich. Die Dienste von Vater Schuster waren beim FCA unerwünscht. Zudem beklagten sich die Fans immer mehr über eine unattraktive Spielweise des FCA. Philipp Max, den Schuster vom linken Verteidiger zum linken Offensivstürmer umgeschult hatte, schilderte dessen Taktik so: "Er sagt immer, wir sollen vorne wilde Sau spielen."
Mit wilde Sau sei gemeint, selbst kreative Laufwege zu finden. In der Offensive werde kein Schema F vorgeschrieben, so Schuster. "Dort ist die individuelle Klasse auszuleben, ohne dass man in etwas reingepresst wird, so wie wir es im Defensiv-Verbund teilweise fordern", erklärte der Coach seine Spielweise, doch er konnte damit nicht mehr so richtig überzeugen.
In Marbella ist Schuster kein Thema mehr. Höchstens verklausuliert. Etwa wenn Kapitän Paul Verhaegh davon spricht, "dass mit Manuel Baum jetzt ein Trainer da ist, der einen Plan hat".
Im Umkehrschluss könnte man meinen, Schuster hätte keinen Plan gehabt. Das wäre zu einfach. Natürlich hatte Schuster einen Plan, aber eben einen, der nicht zum FCA passte. Vielleicht vertrug sich der süddeutsche Klub auch nicht mit der ostdeutschen Mentalität. Schusters Punkteausbeute war jedenfalls durchaus okay, wenn man berücksichtigt, mit wie viel Verletzungspech er kämpfen musste.
Das "System Schuster" passte nicht zum FCA
Irgendwelche Vorfälle (spekuliert wurde auch schon mal über eine Schlägerei) hat es anscheinend nie gegeben. Das versicherten Stefan Reuter und Schusters Berater Ronny Zeller. Es war wohl so, wie es kommuniziert wurde: Dem FCA gefiel das "System Schuster" nicht. Ansonsten schweigen sich die beteiligten Parteien aus. Nach Informationen unserer Zeitung haben die Rechtsanwälte, die Schuster und seine ebenfalls freigestellten Co-Trainer vertreten, dazu geraten, die Füße still zu halten.
Mit Manuel Baum hat der FCA nun wieder einen Trainer, der bedingungslos die Vereins-Philosophie mitträgt. Ein bisschen müssen sich die Spieler wieder umstellen. So kann es passieren, dass Baum mal einen Spieler während des Trainings zu sich an die Taktiktafel ruft. Eine "wilde Sau" wird es unter ihm keine mehr geben.
Der FCA und Schuster – das war ein großes Missverständnis. Und vermutlich kein billiges.
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