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FC Augsburg: Manuel Baum lobt Nachfolger Herrlich: "Er schafft ein Wir-Gefühl"

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Manuel Baum lobt Nachfolger Herrlich: "Er schafft ein Wir-Gefühl"

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    Manuel Baum, U20-Coach des DFB und Ex-Trainer des FC Augsburg, glaubt: Die fehlende Zuschauerkulisse hat bei den Bundesligaspielern zu einer Unsicherheit geführt.
    Manuel Baum, U20-Coach des DFB und Ex-Trainer des FC Augsburg, glaubt: Die fehlende Zuschauerkulisse hat bei den Bundesligaspielern zu einer Unsicherheit geführt. Foto: Matthias Balk, dpa

    Von Dezember 2016 bis April 2019 trainierte Manuel Baum den FC Augsburg in der Bundesliga. Mittlerweile arbeitet der 40-Jährige als Trainer der U20-Nationalmannschaft des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sowie als Analyst für den Pay-TV-Sender Sky. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagt Baum, wie sich seiner Meinung nach die fehlende Zuschauerkulisse des ersten Geisterspieltags der Bundesliga auf die Spieler ausgewirkt hat, wie er das Hygiene-Konzept der DFL sieht und wie er die Lage des FC Augsburg mit den neuen Coach Heiko Herrlich einschätzt.

    Herr Baum, Sie haben gesagt, Sie freuen sich auf den Re-Start der Bundesliga. Nicht nur als Analyst von Sky oder DFB-U20-Bundestrainer, sondern auch als Fußball-Fan. War ihre Vorfreude berechtigt?

    Manuel Baum: Es war schon etwas gewöhnungsbedürftig, besonders wenn die Kulisse im Hintergrund nicht zu hören war. Deshalb habe ich gleich bei Sky die Option der Fangesänge hinzugeschaltet und dann war es für mich mehr oder weniger wie ein normales Bundesligaspiel. Als Trainer schaue ich eine Partie ohnehin mit einem anderen Fokus, insofern habe ich keinen Unterschied mehr gemerkt.

    Wirklich? Das müssen Sie ja als Sky-Analyst sagen. Es ist doch komisch, wenn Schalke auf Dortmund 0:3 hinten liegt und man hört „Schalke, Schalke“-Gesänge.

    Baum: (lacht) Da kann ich ein anderes Beispiel nennen: Union lag gegen Bayern 0:1 hinten und hat sich von der eigenen Eckfahne überragend herauskombiniert, aber es gab keine Reaktion von den Rängen. Das war spannend zu sehen und daran ist mir bewusst geworden, dass für das Heimteam definitiv die Wirkung des Publikums fehlt. Denn in dem Moment wäre das Publikum mitgegangen und hätte die Spieler sicherlich noch einmal gepusht.

    Sie analysieren im TV ja schon seit Wochen alle Bundesliga-Teams. Ist Ihnen in der Spielweise etwas besonders aufgefallen?

    Baum: Nein, eigentlich nicht. Das Einzige, was in meiner Wahrnehmung wirklich auffällig war: Es gab am Anfang fast überall ein Abtasten, es war eine totale Unsicherheit da, keiner hatte mit so einer Situation jemals zu tun. Wir reden viel über die fehlenden Zuschauer, aber auch die Rahmenbedingungen sind komplett anders. Wenn die Routinen wegfallen, dann verunsichert das.

    Das DFL-Hygienekonzept hat eine "unheimliche Wirkung nach außen"

    Das von DFB und DFL ausgeklügelte Hygienekonzept war eine der Säulen, auf denen die behördliche Spielerlaubnis fußt. Darin wurde angemahnt, dass man auf den gewöhnlichen Torjubel verzichtet. Es gab zwar Zweikämpfe im Angesicht zu Angesicht, aber im Moment der größten Emotionalität muss man sich zurückhalten.

    Baum: Es ist eine Empfehlung. Aber es hat eine unheimliche Wirkung nach außen. Hinter dem Hygiene-Konzept steckt auch eine riesige Chance für andere Sportarten. DFB und DFL haben bereits signalisiert, ihre Erfahrungen teilen zu wollen, auch die ausländischen Ligen schauen anerkennend auf Deutschland. Wir sind pionierartig unterwegs, da musst Du erst recht Deiner Vorbildfunktion gerecht werden und den Vertrauensvorschuss zurückzahlen. Ich verstehe aber auch die Fußballer: Emotionen gehören dazu, etwa beim Torjubel. Da ist es nicht leicht, stets konzeptkonform zu handeln.

    Eine besondere Vorbildfunktion haben da die Trainer. Der neue FCA-Coach Heiko Herrlich hat sich nicht an die Regeln gehalten. Er ist aus dem Quarantäne-Hotel einkaufen gegangen.

    Baum: Zu diesem Thema haben sich so viele Menschen geäußert, Heiko selbst hat sich auch erklärt - damit, denke ich, sollte es dann auch abgeschlossen sein.

    FCA-Coach Heiko Herrlich bezeichnete seinen Supermarktbesuch in der Quarantäne als «naiv, dumm oder doof».
    FCA-Coach Heiko Herrlich bezeichnete seinen Supermarktbesuch in der Quarantäne als «naiv, dumm oder doof». Foto: Stefan Puchner/dpa

    Sie kennen ihn sehr genau. Er war 2011 Cheftrainer beim damaligen Drittligisten SpVgg Unterhaching und hat sie als Co dazu geholt. Warum ist er der richtige Trainer für den FCA?

    Baum: Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man sich als Trainer extrem weiterentwickelt. Unsere Zusammenarbeit liegt jetzt schon über achte Jahre zurück. Daraus jetzt ein Bild über jemanden zu zeichnen ist schwierig. Er kann, aufgrund seiner Erfahrung als Profi, aber auch als Mensch, viel von dem, was er erlebt hat, an die Jungs ranbringen. Er hat in Unterhaching immer wieder betont, dass er Leute um sich herum nicht kleinhalten will. Im Gegenteil: Spieler sollen ihre Größe zeigen, in dem sie zum Beispiel ihre Konkurrenten oder Neuzugänge nicht wegdrücken, sondern integrieren. Er schafft damit sicherlich ein Wir-Gefühl. Eine Herausforderung war für ihn bestimmt, dass er als neuer Trainer aufgrund der Corona-Zeit nur sieben Tage Zeit hatte, an den Entwicklungsfeldern im mannschaftstaktischen Bereich zu arbeiten.

    Was hat er für eine Spielphilosophie?

    Baum: Eine sehr moderne. Er hat aus meiner Sicht nicht nur eine Spielphilosophie, die er durchdrücken will. Mit Jahn Regensburg hatte er eine gute Pressing-Mannschaft, die er dann ja auch in die 2. Liga geführt hat, Leverkusen war hingegen sehr spielstark. Augsburg ist eine Mannschaft, die gut pressen kann, aber sich auch mit Ball nicht verstecken muss. Ich schätze ihn so ein, dass er versucht zu schauen, was am besten zur Mannschaft passt.

    Haben Sie bei dem 1:2 gegen Wolfsburg schon ein Unterschied zur Spielweise seines Vorgängers Martin Schmidt gesehen?

    Baum: Man hat schon gesehen, dass sich da das eine oder andere verändert hat. Mein Gefühl war, dass sie versucht haben, höher anzulaufen. Aber im Detail wird man das erst in den nächsten Spieltagen sehen. Denn - noch einmal - der erste Spieltag stand coronabedingt eher im Eindruck der Verunsicherung. Jeder hat geschaut, wie fühlt sich das an, wie sieht es aus. Erst ab dem dritten, oder vierten Spieltag wird man sehen, in was für eine Richtung es gehen wird.

    War es ein großer Nachteil, dass Heiko Herrlich nicht gecoacht hat?

    Baum: Ich als Trainer hatte immer den Eindruck, dass man nur bis nach der Besprechung im Hotel richtig Einfluss auf die Spieler nehmen kannst. Sobald die Spieler aber in den Bus reingehen, sind sie fokussiert und ‚im Tunnel’. Klar kann man im Spiel auch coachen, ohne Zuschauer wird man da schon besser gehört. Aber an den Stellschrauben kann man eigentlich nur in der Halbzeit drehen mit den entsprechenden taktischen und personellen Umstellungen. Wie weit da die Kommunikation mit Heiko ging, weiß ich nicht. Aber Tobi Zellner hat ja auch relativ viel Erfahrung. Er hat mit Markus Weinzierl, mir und Martin Schmidt zusammengearbeitet. Im Fernsehen hat seine Körpersprache sehr gut gewirkt. Ich hatte den Eindruck, dass er sich wohlgefühlt hat.

    Wäre das Spiel in einer vollen WWK-Arena anders ausgegangen?

    Baum: Das ist reine Spekulation. Es gibt Momente im Spiel, in denen dir die eigenen Fans viel helfen können. Ich hatte Erlebnisse in der WWK-Arena, wo wir nach fünf Minuten dem gegnerischen Sechser den Ball geklaut haben. Und durch den Impuls der Zuschauer war dieser Ballgewinn viel wertiger. Diesen Push hat man schon gemerkt. Der Kopf spielt einfach eine übergeordnete Rolle. Abner das ist von Spieler zu Spieler auch ganz unterschiedlich.

    Torhüter Andreas Luthe ist beim FCA die Nummer eins.
    Torhüter Andreas Luthe ist beim FCA die Nummer eins. Foto: Ulrich Wagner

    Ex-FCA-Trainer Baum: "Für Andreas Luthe freut es mich"

    Heiko Herrlich hat sich für Andreas Luthe als Nummer eins entschieden. Wie bewerten Sie die Torhüterdiskussion beim FCA?

    Baum: Bei Tomas Koubek sieht man gerade einmal wieder, dass ausländische Spieler mitunter einfach Zeit brauchen, sich auf die Bundesliga einzustellen. Das ist doch noch einmal ein ganz anderes Niveau. Für Andi Luthe freut es mich, dass er seine Chance bekommen hat, denn er ist ein Supertyp und ein wichtiger Faktor in der Mannschaft. Er spricht das eine oder andere doch immer wieder an und hat einen sehr ausgeprägten Wertekompass. Aber die Idealvorstellung ist es natürlich, einen Stammtorhüter zu haben.

    Wie beurteilen Sie die Lage des FC Augsburg?

    Baum: Ich bin mir sicher, dass sich alle der Situation bewusst sind. Man hat jetzt noch vier Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz. Es ist keine ungewöhnliche Situation für Augsburg. Heiko (Herrlich) und Stefan (Reuter, Sport-Geschäftsführer des FCA) haben da schon extrem gute Antennen für die Lage. Man darf sich nichts schönreden, sondern muss achtsam bleiben.

    Sie arbeiten hauptamtlich als DFB-U-20-Trainer. Es gibt aber derzeit keine Trainingslager oder Spiele. Haben Sie jetzt unheimlich viel Freizeit?

    Baum: Ganz im Gegenteil. Wir stehen weiter mit unseren U-Nationalspielern in Kontakt, denn für die Jungs ist es ja auch keine einfache Situation. Da versuchen wir, Angebote zu schaffen. In der Corona-Pause gaben wir ihnen viele Impulse mit, wie sie auch individuell arbeiten und etwas für ihre Entwicklung sowie den Kopf tun können. Wir sind für die Jungs da und kommunizieren, gerade jetzt, wo es wieder losgegangen ist, viel mit den Spielern. Da trifft ein Florian Krüger in Aue, da spielen ein Josuha Vagnoman und ein Louis Beyer beim HSV von Anfang an. Das freut mich als U20-Nationaltrainer sehr, denn ich weiß, was diese Talente können.

    Wie sieht es mit Maurice Malone vom FCA aus? Er gehört ja auch dem weiteren Kreis der U20 an.

    Baum: Wir haben ihn auf dem Schirm, definitiv. Er hat seine Klasse auch schon angedeutet. Aber gerade bei jungen Spielern ist es wichtig, dass sie eine Quantität in der Qualität bekommen. Immer wieder die eigene Klasse nur aufblitzen zu lassen, reicht nicht. Er hat das Potenzial, aber er muss es häufiger zeigen.

    Sie sind auch bei der Trainerausbildung beim DFB tätig.

    Baum: Da gibt es extrem viele Projekte, die total spannend sind. Eines beschäftigt sich mit der Messbarkeit von Trainerqualität. Da versucht man, objektive Kriterien festzulegen, anhand derer man einen Trainer unabhängig vom Ergebnis beurteilen kann. Das braucht man zum Beispiel bei der Fußballlehrer-Aufnahmeprüfung, aber auch bei einem Bundesligaspiel, wenn ich als sportliche Leitung einen Trainer beurteilen will.

    Im Endeffekt entscheidet sich es aber im Profibereich doch an der Punkteanzahl und dem Tabellenplatz, ob der Trainer Erfolg hat oder nicht. Ob er gefeiert oder gefeuert wird?

    Baum: Aber es ist doch auch wichtig, die Ursachen herausfinden, warum es funktioniert - oder eben auch nicht. Wenn man dann zum Beispiel als Sportdirektor solche Kriterien bei der Trainerauswahl anlegen kann, ist die Trefferwahrscheinlichkeit höher, dass es passt. Besonders über die DFB-Akademie sind wir viel im Austausch mit den Klubs.

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