Als der schwarze Mannschaftsbus des FC Augsburg um kurz nach 20 Uhr das Dreisamstadion verließ, waren die Vorhänge zugezogen, das Licht im Bus stark abgedimmt, dem Anlass entsprechend. Vier Stunden trostlose Fahrt lagen vor den Spielern des FCA, auch wenn der Luxusliner komfortabel ausgestattet ist. Mit 0:3 (0:3) hatte der FCA das letzte Spiel des SC Freiburg im betagten Dreisamstadion verloren und so den Gastgebern eine rauschende Abschiedsparty ermöglicht. Der FCA hingegen verließ den Ort der Feierlichkeiten mit einem heftigen Kater.
Es gab natürlich auch Tränen am letzten Bundesliga-Tag im alten Stadion. Freiburgs Trainer Christian Streich, der nie woanders trainiert hatte, zuerst in der Freiburger Fußballschule, dann seit 2011 als Cheftrainer, hatte auf jeden Fall rot unterlaufene Augen: "Es geht um 25 Jahre hier. Jeder Tag Arbeit, unzählige Spiele, tausende Trainings", sagte er mit etwas brüchiger Stimme in die Mikrofone der Journalisten.
Die ersten Umzugskartons werden schon am Montag gepackt, sie müssen jetzt vom heimeligen Stadtteil Waldsee ans andere Ende der Stadt zum Flughafen gebracht werden. Dort entstand das hypermoderne Europa-Park-Stadion (reine Baukosten 76 Millionen Euro), das Platz für über 34.000 Zuschauer bietet. Am 7. Oktober findet die Generalprobe gegen den FC St. Pauli statt, eine Woche beginnt mit dem Gastspiel des RB Leipzig eine neue Zeitrechnung im Breisgau.
Stefan Reuter über die Leistung: "Das war ein Sommerkick"
Ob der FCA im neuen Stadion in der kommenden Saison auch antreten darf, ist, wenn man die Leistung der ersten 45 Minuten an diesem späten Sonntagnachmittag zum Maßstab nimmt, gar nicht so sicher. "Die erste Halbzeit war das Schlechteste, was ich bisher von meiner Mannschaft gesehen habe", gab FCA-Geschäftsführer Stefan Reuter zu. "Das war ein Sommerkick." Die Mängelliste war lang, der Weltmeister von 1990 kam mit dem Aufzählen gar nicht nach. Egal ob Laufleistung, Laufintensität, Zweikampfstärke, Zweikampfverhalten oder Passsicherheit - der FCA war in der ersten Hälfte in allen Belangen unterlegen. "Das in der ersten Halbzeit war nicht unser Gesicht, hatte mit dem Spiel des FC Augsburg gar nichts zu tun", entschuldigte sich Reuter bei allen Augsburger Anhängern.
Schon nach 33 Minuten war das Spiel entschieden. Immer wieder filetierten die Freiburger die rechte Abwehrseite der Augsburger mit Raphael Framberger und Robert Gumny, fast jeder erfolgsversprechende Angriff hatte dort seinen Ursprung. Und in der Spielfeldmitte durften die Freiburger um den überragenden Stürmer Lucas Höler fast ungestört schalten und walten. Auch weil Zentrumsspieler Niklas Dorsch ohne Unterstützung aus der Dreierkette und ohne Mithilfe der anderen Mittelfeldspieler wie Routinier Daniel Caligiuri nicht nur einmal hilf- und ratlos umherirrte. Freiburg spielte sich in einen Rauschzustand und führte nach Treffern von Lukas Kübler (6.), Höler (25.) und Vincenzo Grifo (33./Handelfmeter) bereits 3:0. Dabei hatte Weinzierl die ganze Woche vor der Offensivkraft der linken Freiburger Seite gewarnt. Zugehört hatte anscheinend keiner. Die erste Hälfte war ein Desaster. Hinten konfus und nach vorne relativ planlos.
Zwar wurde es nach der Halbzeit und einer Systemumstellung ein paar Minuten besser, doch das war nur ein Strohfeuer. Am Ende konnte sich der FCA bei seinem Torhüter Rafal Gikiewicz bedanken, dass es kein ähnliches Debakel wurde wie für die Hertha in Leipzig (0:6).
Nach Abpfiff war FCA-Trainer Weinzierl geschockt
FCA-Trainer Weinzierl wirkte nach dem Schlusspfiff kurzzeitig geschockt. Nach dem 0:0 bei Union Berlin und dem 1:0-Sieg gegen Gladbach schien er doch mit einer Dreierkette das richtige System gefunden, die Niederlagen gegen Hoffenheim (0:4) und Leverkusen (1:4) aufgearbeitet zu haben. Davon war am Sonntag nicht viel zu sehen. Weinzierl: "Das Spiel heute war ein gutes Beispiel, dass wir immer 110 Prozent geben müssen, mit 90 Prozent gewinnst du kein Bundesligaspiel. Egal, was für ein System wir spielen." Die Einstellung müsse stimmen: "Es geht darum, dass jeder einzelne Spieler an sein Limit kommen muss. Wenn einer meint, dass es von alleine geht, ist er falsch gewickelt."
Kritik an der Kaderzusammenstellung wies Geschäftsführer Stefan Reuter zurück: "Wir sind in Frankfurt, gegen Union ganz anders aufgetreten und haben gegen Gladbach zu Hause gewonnen. Da war ähnliches Personal auf dem Platz." Er verortete die sonntägliche Schwachstelle im Bereich der ganzheitlichen Zusammenarbeit: "Wir haben es im Kollektiv nicht hingebracht."
Auf die Frage, ob er vor dem zweiten Auswärtsspiel in Folge bei Borussia Dortmund (Samstag, 15.30 Uhr) irgendetwas Positives an der Freiburg-Pleite finden konnte, sagte Reuter: "Das war extrem lehrreich. Wir sollten uns ein Beispiel nehmen an Freiburg." Auf allen Gebieten.