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FC Augsburg: FCA-Finanzchef warnt: "Dann gibt es keine 18 Bundesligavereine mehr"

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FCA-Finanzchef warnt: "Dann gibt es keine 18 Bundesligavereine mehr"

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    Nichts geht mehr gerade in der Augsburger WWK-Arena, der Fußball muss wegen der Corona-Krise pausieren. Wann es weitergeht, ist völlig offen. Für einige Vereine könnte das zu einer ganz gefährlichen Situation führen.
    Nichts geht mehr gerade in der Augsburger WWK-Arena, der Fußball muss wegen der Corona-Krise pausieren. Wann es weitergeht, ist völlig offen. Für einige Vereine könnte das zu einer ganz gefährlichen Situation führen. Foto: Ulrich Wagner

    Herr Ströll, können Sie als Geschäftsführer des FC Augsburg angesichts der existenziellen Krise derzeit noch gut schlafen?

    Michael Ströll: Vermutlich kann ich aktuell etwas beruhigter schlafen, als der eine oder andere Kollege in der Liga, aber auch uns beschäftigt diese unsichere Situation natürlich enorm.

    Ist auch der FCA vom wirtschaftlichen Kollaps bedroht?

    Ströll: Bei uns ist es so, dass wir aufgrund unseres wirtschaftlichen Handelns der letzten Jahre eine vernünftige Grundlage haben, um auch die momentane Phase zu überstehen. Sollte aber ein Szenario eintreten, bei dem wir selbst im Juni nicht spielen könnten, wird es auch für uns eine existenzielle Situation.

    Corona: Mittel des FCA in einigen Monaten aufgebraucht

    Was bedeutete eine gute Grundlage? Was sind die Kennzahlen dafür?

    Ströll: Das sind beispielsweise Kennzahlen wie Eigenkapital oder auch die liquiden Mittel.

    Wie hoch sind diese beiden Kennzahlen denn bei Ihnen?

    Ströll: Wir verfügen bei beiden Kennzahlen über eine solide und gute Grundausstattung. Auch unsere Eigenkapitalquote von über 40 Prozent ist sicherlich nicht schlecht. Es ist ohne Einnahmen jedoch nur eine Frage von Monaten, bis auch unsere verfügbaren Mittel aufgebraucht sind.

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    Sie sprechen von Monaten. Es gibt derzeit ja zwei Szenarien. Das eine ist, dass man die Saison mit Geisterspielen zu Ende spielt, und das andere, dass man die Saison abbrechen muss.

    Ströll: So schade und bitter das für die Fans und auch für uns ist, so sind Spiele ohne Zuschauer, sobald sie aus gesundheitlicher Sicht überhaupt wieder stattfinden können, leider alternativlos für den gesamten deutschen Profifußball. Sollten wir in den nächsten Monaten keine Spiele mehr austragen können, dann haben wir keinerlei Einnahmen. Es fließt kein TV-Geld, keine Sponsoren-Gelder, und die Zuschauer-Einnahmen brechen sowieso weg. Wenn wir hingegen die Spiele ohne Zuschauer austragen können, haben wir zumindest das TV-Geld, das bei uns rund 60 Prozent der Einnahmen ausmacht. Darüber hinaus könnten wir mit den TV-relevanten Sponsoring-Einnahmen rechnen. Das sind zwar nicht alle, aber unter anderem Hauptsponsor, Ausrüster, und Ärmelsponsor.

    Zur Person: Michael Ströll

    Michael Ströll (geb. am 1. Juni 1984 im oberpfälzischen Nabburg/Lkr. Schwandorf) arbeitet seit 13 Jahren beim FC Augsburg und ist seit 2016 kaufmännischer Geschäftsführer.

    Sein Vertrag läuft noch bis Juni 2024. Unter seiner Regie schrieb der FCA acht Jahre in Folge schwarze Zahlen.

    Im Geschäftsjahr 18/19 erwirtschaftete der FCA Erträge in Höhe von fast 95 Millionen Euro. Das TV-Geld war darin mit fast 59 Millionen Euro der größte Posten. Das waren rund 62 Prozent aller Einnahmen. Der Jahresüberschuss nach Steuern betrug demnach 9,6 Millionen Euro. (ötz)

    FCA fehlen wegen Corona bis Juni 20 Millionen Euro

    Verzerren Geisterspiele nicht den Wettbewerb?

    Ströll: Wir tun gut daran, erst einmal zu schauen, dass wir den gesamten deutschen Profifußball am Laufen halten, sprich, die Saison überhaupt zu Ende zu spielen. Dass es zu Situationen kommen kann, die für einen Verein nicht ideal sind, müssen wir dann wohl in Kauf nehmen.

    Heiko Herrlich ist gerade erst als FCA-Trainer im Amt. Wegen der Corona-Krise stand er noch bei keinem Bundesligaspiel an der Seitenlinie.
    Heiko Herrlich ist gerade erst als FCA-Trainer im Amt. Wegen der Corona-Krise stand er noch bei keinem Bundesligaspiel an der Seitenlinie. Foto: Stefan Puchner, dpa

    Ein Geisterspieltag würde dem FCA pro Spiel einen hohen sechsstelligen Verlust bescheren, was bei fünf ausstehenden Heimspielen eine Mindereinnahme von rund fünf Millionen Euro bedeuten würde. Wie viel würde den FCA der Saisonabbruch kosten?

    Ströll: Aktuell würden uns allein bis zum 30. Juni mehr als 20 Millionen Euro fehlen. Dieser Fehlbetrag ist für andere Vereine zum Teil noch deutlich höher, und nicht alle Vereine haben unsere wirtschaftliche Stabilität. Das heißt im Klartext: Wenn wir die Spiele nicht austragen könnten, würde es, wie es DFL-Chef Christian Seifert auch gesagt hat, den deutschen Profi-Fußball in seiner jetzigen Form nicht mehr geben. Dann gibt es keine 18 Vereine mehr in der Bundesliga, weil ganz viele Klubs das nicht stemmen können.

    FCA denkt wegen Corona nicht an staatliche Hilfen

    Haben Sie beim FCA den „Worst Case“ schon durchgespielt?

    Ströll: Natürlich, wir tun nichts anderes die letzten Tage als unterschiedlichste Szenarien durchzuspielen. Wir halten schon eine gewisse Zeit aus. Aber wenn gar kein Geld mehr reinkommt, wird es dünn. Selbstverständlich machen auch wir uns Gedanken, wie wir solch einem Worst-Case-Szenario entgegensteuern können, sei es über Einsparpotenziale in sämtlichen Bereichen oder auch über mögliche Kredite.

    Es gibt bereits Vereine, bei denen Spieler auf einen Teil des Gehaltes verzichten, in anderen Sportarten wird Kurzarbeitergeld beantragt. Gibt es da schon Überlegungen beim FCA?

    Ströll: Zuerst müssen wir alles zu Ende rechnen und die Auswirkungen auf den FC Augsburg zu 100 Prozent für uns bewerten. Derzeit haben die Spieler Anrecht auf ihr volles Grundgehalt. Fakt ist aber auch, dass wir im Notfall alle den Gürtel enger schnallen müssen. Über staatliche Hilfen nachzudenken, dazu zählt ja auch Kurzarbeitergeld, ist meiner Meinung nach der falsche Zeitpunkt. Jetzt müssen wir Profiklubs erst einmal schauen, dass wir unsere eigenen Hausaufgaben machen. Und uns dann gemeinsam solidarisch zeigen, um den deutschen Profifußball aufrecht zu erhalten.

    Michael Ströll hält eine Wiederaufnahme der Bundesliga Anfang April für unrealistisch.
    Michael Ströll hält eine Wiederaufnahme der Bundesliga Anfang April für unrealistisch. Foto: Ulrich Wagner

    Was wäre ein gemeinsames Zeichen? Ein Solidarfonds zum Beispiel? Gibt es da schon Gedankenspiele?

    Ströll: Die gibt es aktuell noch nicht. Unser vorrangiges Ziel ist es, die Saison unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Themen, die immer Vorrang haben, zu Ende zu spielen, wenn auch ohne Zuschauer. Wir wünschen uns, dass wir dieses Szenario umsetzen können. Ob es dann Ende Juni wird, oder vielleicht auch darüber hinaus geht, muss man abwarten.

    Ströll: "EM-Verschiebung alternativlos"

    Wie groß ist die Solidarität denn in den beiden Bundesligen? Hans-Joachim Watzke, Chef bei Borussia Dortmund, hat sich da nicht so begeistert gezeigt.

    Ströll: Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich am Montag in Frankfurt sehr wohl eine große Einigkeit unter den Klubs verspürt habe. Es ist aktuell sicher nicht an der Zeit, mit dem Finger auf andere zu zeigen und zu bewerten, wer gut oder wer schlecht gewirtschaftet hat. Es muss uns allen klar sein, dass es momentan um mehr geht, nämlich darum, den deutschen Profifußball in Gänze zu retten. Hierfür benötigen wir eine solidarische Grundhaltung.

    Die FCA-Fans müssen wohl noch lange warten, bis sie wieder ins Stadion dürfen.
    Die FCA-Fans müssen wohl noch lange warten, bis sie wieder ins Stadion dürfen. Foto: Ulrich Wagner

    Dass die EM um ein Jahr verlegt worden ist, gibt der DFL etwas Luft zum Atmen.

    Ströll: Das war für die gesamten europäischen Ligen alternativlos und verschafft uns allen dringend nötige Zeit.

    Wenn die Saison aber vielleicht über den 30. Juni hinausgeht, was ist dann mit den auslaufenden Verträgen? Die enden bei den Fußball-Profis ja immer am 30. Juni.

    Ströll: Die Vertragslaufzeit und die Dauer des Transferfensters sind sicherlich Themen, über die man in den nächsten Wochen nachdenken muss.

    FCA: Ströll hält Bundesliga am 2. April nicht für realistisch

    Kann man in dieser Situation eigentlich schon personelle Planungen für die kommende Saison vorantreiben?

    Ströll: Ich denke, wir können aufgrund unserer wirtschaftlichen Stabilität personelle Planungen etwas früher forcieren als einige unserer Konkurrenten.

    Beim letzten Auftritt vor der Bundesliga-Pause verlor der FC Augsburg mit 0:2 bei Bayern München.
    Beim letzten Auftritt vor der Bundesliga-Pause verlor der FC Augsburg mit 0:2 bei Bayern München. Foto: Matthias Balk, dpa

    Die FCA-Profis halten sich jetzt individuell fit und sollen ab Montag wieder in kleinen Gruppen auf dem Platz trainieren. Sinnvoll?

    Ströll: Wir sind in ständigem Austausch mit Behörden, Ärzten, Verbands- und Vereinsvertretern. Die meisten gehen dazu über, ab nächster Woche in kleinen Gruppen zu trainieren. Manche trainieren auch jetzt schon so. Wir planen dies auch unter besonderen Schutzmaßnahmen wie Aufteilung auf verschiedene Trainingsplätze zu unterschiedlichen Trainingszeiten der Gruppen.

    Glauben Sie wirklich, dass die Liga am 2. April wieder spielen kann?

    Ströll: Es ist allen Bundesligavereinen bewusst, dass dieser Termin nicht realistisch ist. Deswegen besprechen wir am 31. März mittels einer Videokonferenz das weitere Vorgehen. Es ist aber davon auszugehen, dass wir die Saison weiter aussetzen müssen.

    Über alle Entwicklungen rund um das Coronavirus informieren wir Sie in unserem Live-Blog.

    Lesen Sie dazu auch:

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