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FC Augsburg: Ex-Manager Rettig erinnert sich an den FCA: "Ich dachte mir: Auweia"

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Ex-Manager Rettig erinnert sich an den FCA: "Ich dachte mir: Auweia"

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    Andreas Rettig erinnert sich gerne an seine Zeit als Manager des FC Augsburg. Auch wenn er in den Anfangsjahren Pionierarbeit leisten musste.
    Andreas Rettig erinnert sich gerne an seine Zeit als Manager des FC Augsburg. Auch wenn er in den Anfangsjahren Pionierarbeit leisten musste. Foto: Sina Schuldt, dpa

    Herr Rettig, wie geht es Ihnen?

    Andreas Rettig: Leider werde ich immer dicker, aber das ist wohl öfter das Los eines Fußball-Funktionärs, wenn er mit ins Trainingslager fährt und alles mitmacht, außer die Trainingseinheiten (lacht).

    Es läuft nicht so recht beim Zweitligisten FC St. Pauli.

    Rettig: Nein, aber es ist schon irre. Uns haben beim ersten Spiel zehn verletzte Spieler gefehlt. Zuletzt gegen Fürth musste auch noch Kapitän Christopher Avevor mit Wadenbeinbruch vom Platz. Aber es hilft nichts, da müssen wir durch.

    Sprechen wir über den FCA. Können Sie sich noch an die ersten Kontakte erinnern?

    Rettig: Ich bin beim 1. FC Köln im Dezember 2005 zurückgetreten (Rettig hatte damals auf eine Abfindung verzichtet, Anm. d. Red.). Kurze Zeit später bekam ich einen Anruf von Walther Seinsch. Er hat mich gefragt, ob ich ihn kenne. Ich sagte: Nein, tut mir leid. Er hat gesagt, er wäre der Präsident des FC Augsburg und ob ich mir vorstellen könnte, dort zu arbeiten. Ich habe gesagt, dass ich dafür momentan keinen Kopf habe, aber dass er mich in ein paar Wochen wieder anrufen kann. Ich wollte zur Ruhe kommen.

    Wie ging es dann weiter?

    Rettig: Irgendwann fällt einem ja daheim die Decke auf den Kopf. Von Herrn Seinsch habe ich nichts gehört, dennoch habe ich zu meiner Frau gesagt: Wir fahren mal nach Augsburg und schauen uns die Stadt an. Wir hatten keine Vorstellung. Ich muss aber gestehen, dass wir beim Erkunden der Stadt angetan waren.

    Dann kam wieder ein Anruf.

    Rettig: Stimmt. Und dann ging es ganz schnell. Ich war bei ihm zu Hause und er hat mir seine Stadionpläne vorgestellt. Ich habe mir nur gedacht: Auweia, ob das alles so aufgeht. Dann habe ich einen Zweijahresvertrag unterschrieben. Leistungsbezogen – was sich nicht als Nachteil herausstellen sollte. Den Vertrag hatte Herr Seinsch selbst mit der Schreibmaschine aufgesetzt. Passte, glaube ich, auf eine DIN-A4-Seite – in der heutigen Zeit kaum vorstellbar.

    Nicht immer einer Meinung: Walther Seinsch und Andreas Rettig im Jahr 2006.
    Nicht immer einer Meinung: Walther Seinsch und Andreas Rettig im Jahr 2006. Foto: Fred Schöllhorn

    Es wurde dann sowohl für den Verein als auch für Sie eine sehr erfolgreiche Zeit.

    Rettig: Absolut. Für meine Frau und mich war es die längste Zeit an einem Standort. Immerhin waren wir sechs Jahre in Augsburg. Es war ähnlich wie zu meiner Zeit in Freiburg. Mit Freiburg sind wir auch in die Bundesliga aufgestiegen, haben die erste Fußball-Schule in Deutschland errichtet und nebenbei mit unserem Mickey-Mouse-Etat international gespielt.

    Es war damals sehr spartanisch, aber Sie haben damals gesagt: Wir brauchen keine goldenen Wasserhähne.

    Rettig: (lacht) Die waren tatsächlich eher rostig. Das war noch okay. Aber auf dem Trainingsgelände hatte ich ein Büro oberhalb einer Kneipe, deren Toilette auf der Ebene der Büroräume war. Hin und wieder verlief sich einer und stand bei mir im Büro.

    Der FCA war damals in die 2. Liga aufgestiegen. Sie hatten sicher alle Hände voll zu tun?

    Rettig: Wir haben Pionierarbeit geleistet. Und es war nicht einfach, zumal es ja gleich Proteste der Fans gab.

    Ich kann mich erinnern.

    Rettig: Ja, wir haben beschlossen, dass wir bei unseren Heimspielen die Vereinshymne der Gäste spielen. Das haben wir übrigens bei St. Pauli abgekupfert. Als wir dann beim ersten Heimspiel gegen Köln die gegnerische Hymne gespielt haben, gab es heftige Pfiffe. Da habe ich zu meinem früheren Kölner Kollegen gesagt, er muss im Rückspiel unbedingt auch die Augsburg-Hymne spielen. Das hat er dann gemacht und den FCA-Fans hat es gefallen, ihre Hymne zu hören.

    Der Abschied vom FC Augsburg im Sommer 2012: Manager Rettig und Trainer Jos Luhukay (rechts) mit dem damaligen FCA-Präsident Walther Seinsch.
    Der Abschied vom FC Augsburg im Sommer 2012: Manager Rettig und Trainer Jos Luhukay (rechts) mit dem damaligen FCA-Präsident Walther Seinsch. Foto: Fred Schöllhorn

    Es gibt sicher einige Dinge, die in Erinnerung geblieben sind.

    Rettig: Logisch. Schön war, als wir 2008 am letzten Spieltag gegen Jena in der 2. Liga den Klassenerhalt gefeiert haben. Da kam einen Tag vorher Oberbürgermeister Kurt Gribl ins Training und hielt vor der Mannschaft eine Rede. Er sprach davon, wie wichtig der Klassenerhalt für die Stadt wäre. Das war eine tolle Geschichte. Ich erinnere mich auch sehr gern an unsere Kooperation mit der Augsburger Puppenkiste, die immer noch besteht. Für diese Allianz war ich dem Chef der Puppenkiste, Klaus Marschall, sehr dankbar. Letztes Jahr habe ich ihm zum 70. Geburtstag der Puppenkiste gratuliert.

    Mit den Fans hatten Sie noch einmal Ärger. Als Kritik von deren Seite gegen den FCA aufkam, haben Sie einmal gesagt: Wenn mir die Suppe nicht schmeckt, sage ich es dem Koch, oder gehe in ein anderes Restaurant. In Oberhausen beim Punktspiel hatten dann die Fans Kochmützen auf.

    Rettig: Da musste ich dann schon lachen. Das war großartig von der Fanszene. Ich glaube, dass ich noch eine Kochmütze zu Hause habe.

    Unsere Redaktion schrieb einmal die Geschichte "Der Problem-Manager". Wie war das für Sie, als Sie das gelesen haben?

    Rettig: Dass ich mich darüber nicht gefreut habe, ist klar. Da hilft mir immer, was ein kluger Kopf mal zu mir gesagt hat: Ärgere dich nicht über die Zeitung, die dich heute kritisiert. Morgen wird darin der alte Fisch eingepackt. Und um im Bild der Gastronomie zu bleiben: Wer die Hitze nicht vertragen kann, sollte kein Koch werden (lacht). Jeder gute Journalist sollte im Übrigen eine gewisse kritische Distanz zu denjenigen haben, über die er berichtet.

    Sie sind für viele kein einfacher Mensch. Waren oder sind Sie manchmal zu verbissen?

    Rettig: Mittlerweile bin ich sicher altersmilde geworden. Aber man ändert einen Charakter nicht mehr. Sie werden bleiben, wie Sie sind. Und ich werde bleiben, wie ich bin. Wichtig ist aber, dass man von den Dingen, die man macht, auch überzeugt ist. Ich denke da an unseren jahrelangen Kampf um den Erhalt der 50+1-Regel. Da bin ich Überzeugungstäter.

    Der damalige Manager Andreas Rettig präsentiert Neuzugang Tobias Werner aus Jena mit Freundin Chris in Augsburg. (Archiv)
    Der damalige Manager Andreas Rettig präsentiert Neuzugang Tobias Werner aus Jena mit Freundin Chris in Augsburg. (Archiv) Foto: Ulrich Wagner

    Sie waren Manager in Augsburg, als der Verein 2011 in die Bundesliga aufstieg. In dieser Saison geht der FCA in das neunte Bundesligajahr. Eigentlich unvorstellbar, oder?

    Rettig: Der FCA war oft in einer schwierigen Situation, aber Stefan Reuter, Klaus Hofmann und auch Michael Ströll, der sich mittlerweile im Kollegenkreis einen guten Namen gemacht hat, machen seit Jahren einen klasse Job. Vor allem, wie das Schiff nach dem Übergang von Seinsch auf Hofmann auf Kurs gehalten wurde, das verdient Respekt. Ich weiß, wie schwer es ist, den Klub mit diesen Mitteln und Möglichkeiten in der Liga zu halten. Die Bundesliga ist für den FCA immer noch ein Geschenk.

    Sie werden den FC St. Pauli am 30. September verlassen.

    Rettig: Ja, das habe ich dem Verein bereits zu Beginn des Jahres mitgeteilt. Es hat ausschließlich persönliche und private Gründe. Meine Frau und ich verlassen diese tolle Stadt und diesen Klub mit zwei weinenden Augen.

    Dieses Interview ist Teil unserer Bundesliga-Beilage, die am Mittwoch, 14. August, unserer Zeitung beiliegt.

    Lust auf noch mehr Fußball? Dann hören Sie sich hier unseren Podcast mit FCA-Kapitän Daniel Baier an:

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