Als die Begegnung zwischen 1860 München und Jahn Regensburg abgepfiffen ist, stürzt sich Erik Thommy nicht sogleich in die Jubeltraube seiner Mitspieler. Statt seine Regensburger Teamkollegen zu herzen, tröstet er zunächst am Boden liegende Löwen-Profis. Eine feine Geste, die ein wenig untergeht in den Feierlichkeiten der Gäste. Auch später, als Thommy in der Mixed-Zone den Medienvertretern begegnet, denkt er an die Münchner Verlierer, die mit dem Abstieg in die 3. Liga einen Tiefpunkt in ihrem allgemeinen Vereinschaos erreichen. "Ein Abstieg ist keine schöne Sache", sagt Thommy. "Aber", fügt er hinzu, "das Leben geht weiter."
Thommy, 22 Jahre jung, hat selbst erfahren, welche Ausschläge nach oben und unten das Fußballgeschäft mit sich bringt. Als 15-Jähriger wechselte der gebürtige Ulmer zum Nachwuchs des FC Augsburg, spielte in den U-Mannschaften, trainierte mit den Profis und brachte es auf vier Bundesligaeinsätze. Letztlich war der Sprung in die 1. Liga zu gewaltig. Der FCA entschied sich, das Talent zu verleihen, um ihm Spielzeit zu verschaffen. Thommy schloss sich ab Januar 2015 für ein Jahr dem 1. FC Kaiserslautern an. In der Rückrunde bremste ihn zunächst eine Schulterverletzung aus, in der darauffolgenden Spielzeit stand er oft im Kader, aber selten auf dem Platz. Thommy kam lediglich auf vier Zweitligaeinsätze und kehrte zurück zum FCA.
Erik Thommy verpasst nur ein Spiel
Als er beim Bundesligisten erneut nicht zum Zug kommt, macht ihm Drittligist Regensburg ein Angebot. SSV-Trainer Heiko Herrlich sucht lernwillige, junge Spieler, die diese Spielklasse als Karrieresprungbrett sehen. Herrlich, unter anderem einst Profi in Dortmund, macht Thommy bereits in den ersten Gesprächen klar, was er erwartet. "Ich habe gesagt: Wenn du zu uns kommst, dann musst du mit diesem Verein verheiratet sein. Sonst macht das keinen Sinn." Thommy lässt sich auf Regensburg ein, nimmt das Angebot an und verlässt erneut als Leihspieler Augsburg. Er macht einen Schritt zurück, um zwei Schritte nach vorne zu machen. Diese Entscheidung sollte er nicht bereuen.
Von Beginn an steht er als Stammspieler auf dem Rasen, er verpasst lediglich ein Spiel wegen eines Handgelenkbruchs. In den ersten Begegnungen glänzt er als Vorbereiter, in der Schlussphase der Saison, als Regensburg den Spitzenplatz in der Tabelle sichert, erzielt er selbst regelmäßig Treffer. Acht Mal trifft der Außenbahnspieler, sieben Mal inszeniert er einen Torerfolg. Außerdem legt der schmächtige Linksaußen körperlich zu.
In den zwei Relegationsspielen gegen 1860 München narrt er nicht nur Gegenspieler, er bereitet zweimal das wichtige 1:0 vor und beteiligt sich so maßgeblich am Aufstieg in die 2. Liga. Entsprechend positiv fällt Thommys Fazit aus, das er –körperlich ausgelaugt – im Bauch der Münchner Arena zieht: "Das war ein tolles Jahr für mich. Ich habe an Substanz und Erfahrung gewonnen."
FC Augsburg verlängert den Vertrag mit Thommy wohl
Während der Saison bestand zwischen dem Profi und dem FCA loser Kontakt, die Konzentration sollte auf dem Wesentlichen liegen, Thommy beschreibt, er wollte "im Tunnel bleiben". Unter Beobachtung stand der Spieler dennoch. Beim Relegationsrückspiel gegen 1860 saß Stephan Schwarz, Technischer Direktor des FCA, auf der Tribüne. Wohl auch, um sich nochmals ein Bild von Thommy zu machen. Was er sah, dürfte ihn überzeugt haben. FCA-Manager Stefan Reuter hat gegenüber den Regensburgern erklärt, man wolle Thommy am Saisonende zurückholen. Der FCA wird den Vertrag, der 2018 ausläuft, wohl verlängern. Ein Verkauf gilt als unwahrscheinlich. Danach hat der Klub zwei Optionen: Er kann Thommy in seinen Kader integrieren oder ihn erneut verleihen. Der Spieler hält sich bedeckt, er wolle jetzt den Aufstieg feiern und Urlaub machen. "Danach werden wir alles besprechen", kündigt Thommy an.
Jahn-Trainer Heiko Herrlich würde den Spieler allzu gerne ein weiteres Jahr zur Verfügung haben. Neben dem sportlichen Können lobt er den Charakter des 22-Jährigen, er habe sich toll in die Gemeinschaft eingebracht, ohne Starallüren. Herrlich kennt die vertragliche Ausgangslage, sieht dennoch eine "reelle Chance", ihn halten zu können. "Wenn er nochmals ein Jahr bei uns bleibt, ist er so weit, dass er Stammspieler in der Bundesliga wird", sagt Herrlich. Um sogleich seine Aussage zu relativieren. "Vielleicht", sagt er mit einem Lächeln.