Es war ein langer Kampf von Simon, den der 19-Jährige am vergangenen Samstag gewonnen hat. Sein Klub, der FC Augsburg, hatte zwar gegen den FSV Mainz 05 1:3 verloren, doch der FCA-Fan war dennoch ein Sieger. Denn fast genau ein Jahr nach seinem schweren Unfall kehrte Simon in seine zweite Heimat, die Nordkurve in der WWK-Arena zurück, um wieder ein Spiel seines FC Augsburg live zu verfolgen.
Im September 2015 war der damals 18-Jährige als Beifahrer zusammen mit vier Freunden bei der Rückfahrt vom Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach mit dem Auto schwer verunglückt. Zwei Insassen starben, zwei Mitfahrer wurden relativ leicht verletzt. Simon erlitt schwere Gehirnverletzungen und kämpft seitdem um die Rückkehr in ein normales Leben. (Wie FCA-Fan Simon sich zurück ins Leben kämpft)
Seit rund einem halben Jahr wird Simon in Burgau (Kreis Günzburg) in einer Spezialklinik für Hirngeschädigte behandelt. Und macht dabei kontinuierlich Fortschritte. Die Ärzte hatten kurz nach dem Unfall gemutmaßt, dass Simon womöglich ein schwerer Pflegefall bleiben könnte. Doch Simon überrascht alle. Er lernt langsam wieder zu reden, selbstständig zu essen, zu lesen, zu rechnen.
Auch den Besuch im Stadion hatte ihm zu diesem Zeitpunkt kein Experte zugetraut. Nur seine Mutter und seine engsten Vertrauten wollten ihm diesen großen Wunsch unbedingt ermöglichen. "Ich stand unheimlich unter Strom. Wie verkraftet Simon das alles? War es die richtige Entscheidung?", berichtet Marion Schönle ein paar Tage später. Jetzt weiß sie: "Ja, sie war es."
Auch die Mainzer präsentieren ein Banner
In einem Krankenwagen liegend wurde Simon bis ins Stadion gefahren, dann in einen Spezialrollstuhl gesetzt. Als Simon dann im M-Block auftauchte, stimmten die FCA-Ultras ihr Lied „Kämpfen, Simon, kämpfen“ an und rollten das Spruchband „Immer weiter kämpfen Simon – Wir stehen hinter dir!“ aus. Seit seinem Unfall kümmern sich einige Ultras intensiv um Simon. Mutter Marion Schönle erzählt: "Er ist im M-Block aufgeblüht, hat die Faust zu den Gesängen gehoben und so gut wie es ging mitgesungen." Auch die Mainzer Fans, die seit einem Zaunfahnen-Klau in Augsburg nicht gut gelitten sind, präsentierten einen Banner "Kämpfen und siegen Simon".
Das Spiel verfolgte Simon, eingehüllt in einer roten FCA-Decke, im Rollstuhlfahrerbereich der Arena. Dass sein FC Augsburg an diesem regnerischen Tag 1:3 verloren hat, war ihm diesmal nicht so wichtig. "Er hatte den Kopf mehr bei seinen Jungs als auf dem Spielfeld", sagt Marion Schönle. Ohne die Unterstützung der FCA-Ultras und seiner Freunde, die ihn immer wieder motivieren, wäre Simon längst nicht so weit. Da ist sich Schönle sicher.
Für die Mutter war der Stadion-Besuch ein ganz wichtiger Etappensieg auf dem langen Weg zurück in die Normalität, den Simon noch zurücklegen muss. „Es war für ihn sehr anstrengend“, sagt Marion Schönle. Als Simon nach dem Abendessen im Bett war, habe er bloß noch "Gott sei Dank" gesagt. Aber die 90 Minuten im Stadion würden ihm einen neuen Schub geben, berichtet Schönle. "Er hat jetzt die ersten Sprossen auf einer Leiter überwunden, bei der niemand weiß, wo sie enden wird."