Augsburg Wenn es eines letzten Beweises bedurft hätte, wie bedrohlich die Lage für viele Teams im Bundesliga-Keller geworden ist, dann ist es dieser: Beim abstiegsgefährdeten Hamburger SV arbeiten sie ganz ruhig weiter. Bei jenem Klub, bei dem ansonsten Rucksäcke mit Spielerverträgen im Park verloren werden, während des Abstiegskampfs Kurztrips nach Mallorca stattfinden oder Investoren dazwischenfunken, wird ganz seriös weitergearbeitet. Dass die Hamburger ganz nebenbei auch noch ziemlich erfolgreich sind, verkompliziert die Lage für viele andere Mannschaften.
Nach dem 2:1 gegen Borussia Mönchengladbach betonte HSV-Trainer Markus Gisdol: „Wir sollten ganz nah bei uns bleiben, ruhig bleiben. Demütig sein, bescheiden arbeiten, dann schaffen wir es und holen die nötigen Punkte.“ Richtig gelesen: Demut. Bescheidenheit. Ruhig bleiben. Vokabeln, mit denen Hamburg lange Zeit so viel gemein hatte wie die Landungsbrücken mit der Zugspitze. In Zahlen bedeutet das: Die Hamburger, die derzeit den Relegationsrang 16 belegen, holten aus den sieben Rückrundenspielen vier Siege und mit 13 Zählern ebenso viele Punkte wie in der ganzen Hinserie. Nicht einmal die traditionelle 0:8-Klatsche vor drei Wochen beim FC Bayern schaffte es, die Hanseaten in alte chaotische Verhaltensmuster zurückfallen zu lassen.
Abstiegsrennen ist so spannend wie selten zuvor
Und während der HSV punktet, lassen andere Federn. Das Abstiegsrennen ist so spannend wie selten zuvor: Zwischen dem Relegationsrang 16 und Platz zehn liegen gerade mal fünf Punkte. Während Darmstadt und Ingolstadt schon abgeschlagen zu sein scheinen, ist vor allem das Rennen um den Relegationsplatz spannend. Bremen etwa ist nur wegen des Torverhältnisses noch vor dem HSV. Und Mannschaften, die eine ruhige Restsaison vor sich wähnten, finden sich unverhofft im rauen Abstiegskampf wieder. Dazu zählt zum Beispiel Mainz 05 auf Rang zwölf, das im Herbst noch in der Europa League ran durfte. Ob seine Spieler sich rechtzeitig an den rauen Abstiegskampf gewöhnen, bezweifelt Trainer Martin Schmidt nach dem 1:2 in Darmstadt. Nach Abpfiff sprach der Schweizer resigniert in die Mikrofone: „Ich habe versucht, meinem Team in Wort, Bild und Videomaterial zu vermitteln, was hier passiert. Aber entweder habe ich undeutlich geredet oder das Team hatte taube Ohren.“
Ein Team, das auch fast schon gesichert schien, ist der FC Augsburg. Vor einem Monat noch hatte die Mannschaft von Manuel Baum einen Vorsprung von acht Punkten auf den Relegationsplatz. Nach dem 0:3 auf Schalke (hier finden Sie den Spielbericht) ist das Polster auf zwei Punkte zusammengeschmolzen. Dazu kommt, dass die Art und Weise, wie die Partie verloren ging, besorgniserregend ist. Schon nach einer halben Stunde waren die Gegentreffer gefallen. Torhüter Marwin Hitz sagte: „Es ist noch nicht einmal die Hälfte der Spiele vorbei, und wir haben schon fast so viele Tore kassiert wie in der Hinrunde – das müsste uns die Augen öffnen.“ Den 19 Gegentreffern in den ersten 17 Partien stehen 14 in zuletzt sieben Matches gegenüber. „Wir bekommen auch viel mehr Standardgegentore. Das ist alarmierend.“
Augsburger Restprogramm hat es in sich
Währenddessen bemüht sich Trainer Manuel Baum, die Ruhe zu bewahren. „Wir dürfen uns jetzt auch von einem Ausreißer nach unten nicht irritieren lassen“, sagte er nach dem Abpfiff. Die Sorgen dürften aber noch größer werden, wenn Baum an die kommenden Wochen denkt: Schlüsselspieler Raúl Bobadilla plagt sich mit einer Mittelfußprellung herum. Sein Einsatz gegen Freiburg am kommenden Samstag ist noch ungewiss. Danach steht die Auswärtspartie beim FC Bayern an, der derzeit in einer eigenen Liga zu spielen scheint.
Und das Restprogramm der Augsburger hat es in sich: In den letzten drei Saisonspielen geht es gegen die Topteams aus Mönchengladbach, Dortmund und Hoffenheim. Davor steht am 31. Spieltag in Augsburg ein Heimspiel gegen einen Gegner auf Augenhöhe an. Es ist der Hamburger SV.
Die Augsburger müssen in der nächsten Partie möglicherweise auf Raúl Bobadilla verzichten. Die Hintergründe lesen Sie hier.