Eigentlich hätte Reece Oxford am Donnerstagmittag neben Trainer Markus Weinzierl sitzen sollen. Hätte auf der Pressekonferenz Fragen beantworten sollen, warum er in dieser Spielzeit beim FC Augsburg den Status einer Stammkraft und nicht mehr den eines Ergänzungsspielers innehat. Doch der Stuhl neben Weinzierl blieb leer. Statt Auskünfte zu erteilen, ließ sich Oxford beim Arzt untersuchen. Im Training hatte er sich zuvor eine Muskelverletzung zugezogen.
Weinzierl wollte sich nicht genauer festlegen, wie schwerwiegend die Verletzung letztlich sei und wie lange der Spieler ausfallen werde. Eines allerdings stellte der Trainer klar: In der Partie bei Hertha BSC wird er ohne seine Stammkraft auskommen müssen (Samstag, 15.30 Uhr/Sky). „Das trifft uns natürlich“, meinte Weinzierl. „Er war sehr gut in den Spielen und hat sehr viel investiert.“
In der Viererkette des FC Augsburg war Reece Oxford gesetzt
In den vergangenen Wochen hat sich der FC Augsburg in der Defensive stabilisiert und bedeutend weniger Gegentreffer kassiert als im ersten Drittel der Spielzeit. Nach einer ausgiebigen Phase des Suchens und Findens hat sich Weinzierl auf ein taktisches und personelles Grundgerüst festgelegt, auf dem Augsburger Erfolge wie der jüngste gegen den FC Bayern München (2:1) basierten. Fester Bestandteil war die Viererabwehrkette mit Kapitän Jeffrey Gouweleeuw und Oxford in dessen Zentrum.
Weinzierl lobt die Auftritte des jungen Engländers, der beim FCA eine erstaunliche Entwicklung hingelegt hat. Seit dem zweiten Spieltag hat Oxford jede Partie über die volle Länge der Spielzeit bestritten. Wiederholt hat der Trainer in den vergangenen Wochen Oxford hervorgehoben, der defensiv kompromisslos verteidigt und offensiv nach Standardsituationen Gefahr ausstrahlt. Zwei Ligatreffer gelangen ihm per Kopfball. Nach dem Sieg gegen den VfB Stuttgart betonte Weinzierl: „Du lebst in einer Viererkette von den beiden Innenverteidigern. Das haben sie beide gut gemacht.“ Dieses Duo wird nun auseinandergerissen. Für Oxford und den FCA bitter.
Die Vorbereitung auf die Saison hatte der 1,90-Meter-Hüne wegen eines Eingriffs im Knie großteils verpasst, umso erstaunlicher war seine Rückkehr. Gegen Frankfurt stand er am zweiten Spieltag in der Startelf, die er seitdem nicht mehr verließ. Vorübergehend war die Baustelle im Abwehrzentrum geschlossen, nun wird sie wieder geöffnet.
FC Augsburg kämpft mit mehreren Verletzungsproblemen
Auf keiner anderen Position ist der Kader des FCA derart dünn besetzt. Schon in der Vorbereitung plagten Trainer Weinzierl dort Sorgen. Ein funktionierendes Abwehrsystem konnte er nie einstudieren. Oxford (Reha nach Knie-OP) und Uduokhai (Olympia) fehlten mehrere Wochen, Kevin Danso provozierte einen Vereinswechsel und Gouweleeuw (Adduktorenverletzung) verpasste in der Anfangsphase der Saison die Partien gegen Frankfurt und Leverkusen.
Danach zog sich Udoukhai einen Sehnenanriss im Oberschenkel zu. Sein bislang letztes Spiel bestritt der ehemalige U21-Nationalspieler Ende August. Teile des Mannschaftstrainings absolviert Uduokhai mit seinen Teamkollegen, einen Einsatz gegen Berlin schloss Weinzierl aber aus. „Es wäre Harakiri, wenn er am Samstag spielt.“
In der Vorbereitung half Mittelfeldspieler Tobias Strobl als Innenverteidiger aus, nach seinem Kreuzbandriss ist die Saison für den 31-Jährigen vorzeitig beendet. Bleibt einzig Frederik Winther als Alternative. Weinzierl bestätigt, er tendiere zu einem Einsatz des 20-Jährigen – als Reaktion auf den Oxford-Ausfall. „Das ist die Chance für junge Spieler, sich zu zeigen und zu beweisen.“
Weinzierl macht, was jeder Trainer in einer solchen Notlage machen würde: Er redet seinen Spieler stark, hebt dessen Qualitäten hervor und spricht ihm sein Vertrauen aus: „Er macht es im Training gut und ich bin zufrieden mit ihm. Er hat einen guten linken Fuß, ist ruhig im Spielaufbau.“ Dem gegenüber steht, dass der dänische U21-Nationalspieler noch nie in der Bundesliga zum Einsatz gekommen ist. Sein bislang einziges Pflichtspiel für den FCA bestritt er in der ersten DFB-Pokalrunde gegen den Oberligisten Greifswalder FC. Beim 4:2 erzielte der schlaksige Däne immerhin einen Treffer.
Bereits im Sommer 2020 hatte der FCA Winther für eine kolportierte Ablöse von 1,3 Millionen Euro verpflichtet. Als Leihspieler blieb der Abwehrspieler aber für eine weitere Saison beim dänischen Erstligisten Lyngby BK. Die Spielzeit dort verlief enttäuschend: mit wenig Spielzeit und dem Abstieg in die Zweitklassigkeit. Beim FCA sammelte Winther zuletzt in der viertklassigen Regionalliga gegen die SpVgg Unterhaching Spielpraxis. Jetzt steht er kurz vor seinem Bundesligadebüt.