Vor einigen Monaten hatte Christian Streich das dringende Gefühl, etwas geraderücken zu müssen. Als der Cheftrainer des SC Freiburg von Freiburger Journalisten ein Buch geschenkt bekam, wunderte er sich und kommentierte das Geschenk auf ungewöhnliche Weise. „Ihr denkt immer, ich sei ein Intellektueller, aber ich lese gar nicht viel“, sagte Streich und legte das dicke Buch zur Seite. Die Geschichte passt ganz gut zur derzeitigen Situation des SC Freiburg und zu dem, was Streich in anderen Bereichen klarstellte. Streich sieht sich vielmehr als pragmatischer Trainer. „Wir kicken gegen die“ kommt ihm leichter über die Zunge als Begriffe wie „Matchplan“.
Vergangenen Sommer, als Streich öfter als sonst vor dem Fernseher saß und sich EM-Spiele anschaute, entstand der Plan, etwas zu ändern im Spiel des SC. Mehr Flexibilität sollte es sein, mehr körperliche Präsenz auf dem Rasen und mehr Pragmatismus. Wenn der Ball auf die Tribüne muss, dann muss er das, wenn es hilft, ein Ergebnis zu halten. „Wenn wir nicht hundert Prozent geben, dann gewinnen wir in der Bundesliga nichts“, sagte Streich.
Der FC Augsburg muss sich auf ein verändertes Freiburg einstellen
Mancher hatte danach den Eindruck, den bisher als „Bubi-Team“ oder „Breisgau-Brasilianer“ Eingestuften nicht wieder zu erkennen, was reichlich übertrieben ist. Aber die Gegner müssen sich auf ein leicht verändertes Freiburg einstellen, das gilt sicher auch für Rückkehrer Jonathan Schmid, der in Freiburg den Sprung in die Bundesliga und den Durchbruch schaffte und mit dem FCA nun an seine alte Wirkungsstätte zurückkehrt.
Im Freiburger Spiel geht es unzweifelhaft eine Spur rustikaler zu, was zu weiteren Missverständnissen führte. So nannte die Süddeutsche Zeitung die SC-Kicker die „Breisgau-Rustikalos“, was wiederum die Freiburger wundert. Zuletzt kam es im Baden-Württemberg-Duell gegen die TSG Hoffenheim zum offenen Schlagabtausch, weil Hoffenheims Manager Alexander Rosen den Freiburgern ungewohnte Aggressivität unterstellte und sich der SC in die „Klopper-Ecke“ gedrängt fühlte. Streich witterte gar eine Kampagne. Freiburgs Sportvorstand Jochen Saier gab mittlerweile die Devise aus, nach vorne zu schauen und sich um den nächsten Gegner FC Augsburg zu kümmern. Zuvor hatte sich Saier vehement gegen die Vorwürfe gewehrt und manchen Zeitungen eine oberflächliche Berichterstattung vorgeworfen. Aber auch Saier sieht das Mehr als „körperliche Präsenz“ grundsätzlich positiv und weit entfernt von aufgeregten Diskussionen, die sich um zu viel Härte drehen.
Die Freiburger haben bisher alle Heimspiele gewonnen
Die Freiburger Feinjustierung funktionierte bisher vor allem in Heimspielen. Drei Spiele, drei Siege stehen nach den Duellen gegen Mönchengladbach, den HSV und Eintracht Frankfurt zu Buche. In allen drei Partien zeigten die Freiburger vor allem eine Menge Leidenschaft, während es auswärts in vier Spielen vier Niederlagen gab. Leidenschaft darf auch der FCA im Breisgau erwarten. Weil die Auswärtsbilanz zu wünschen übrig lässt, stehen die Freiburger zu Hause etwas mehr unter Zugzwang als gewöhnlich.
Vor dem Duell gegen Augsburg hat sich die Verletztenlage in der SC-Abwehr entspannt, Trainer Streich kann nahezu auf den gesamten Kader zurückgreifen. Für ihn bedeutet das, er kann taktisch auf eine Dreier- oder Fünferkette in der Verteidigung setzen. Manuel Gulde und Marc Terrejon, die nach Verletzungen zurückkehren, und Caglar Söyüneü sollen in erster Linie den Job vor dem eigenen Tor erledigen. Mit gesunder Härte versteht sich. Am Ende sollen drei Punkte stehen und keine Diskussionen über Freiburg als überharte Mannschaft.