Es ist das wichtigste Trainingslager des FC Augsburg seit einigen Jahren: Gerade mal ein Punkt trennt die Mannschaft von Trainer Manuel Baum von den Abstiegsrängen. Baum selbst zog im Trainingslager im spanischen Algorfa die Zügel an, kritisierte seine Spieler - ein Novum - sogar öffentlich und sprach den Lebenswandel außerhalb des Platzes an. Einen seiner Spieler dürfte Baum dabei besonders gemeint haben: Caiuby. Wenige Tage vor dem Start der Rückrunde fehlt vom Brasilianer jede Spur, er verpasste die komplette Vorbereitung und hält sich weiterhin in seiner Heimat auf. Wie und ob der 30-Jährige nach seiner Rückkehr bestraft wird, wollen sich sowohl Baum als auch FCA-Manager Stefan Reuter bislang offen lassen.
Beide wissen aber auch: Die Handlungsspielräume des FC Augsburg sind begrenzt. Wenn es im Profi-Fußball zum Kräftemessen zwischen einem gut bezahlten Kicker und einem Klub kommt, sitzt der Spieler meistens am längeren Hebel. Das ist auch im Fall Caiuby der Fall, dessen Arbeitspapier beim FC Augsburg bis Sommer 2020 datiert ist. FCA-Manager Stefan Reuter kündigte an, mit dem Mittelfeldspieler nach dessen Rückkehr aus Brasilien ein Gespräch führen zu wollen: „Es wird erst wieder was Neues geben, wenn wir das Gespräch geführt haben.“ Der FC Augsburg hat dabei folgende Optionen:
Fall 1: Caiuby wird nicht bestraft
Das wäre nur dann der Fall, wenn Caiuby eine gute Begründung vorlegen kann. Und selbst dann ist er darauf angewiesen, dass der FCA beide Augen zudrückt. Denn aus arbeitsrechtlicher Sicht ist eine vorübergehende Verhinderung im Paragraf 616 BGB geregelt: Dieser besagt, dass ein Arbeitnehmer seinen Dienst dann nicht antreten muss, wenn er einen persönlichen Verhinderungsgrund wie zum Beispiel die Geburt eines Kindes, eine schwere Erkrankung eines Familienmitglieds oder die Vorladung vor Gericht vorweisen kann. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer aber nur eine kurze Zeit fehlen - bei Caiuby sind es schon zwei Wochen. Im vergangenen Sommer konnte er jedenfalls keinen guten Grund vorlegen.
Fall 2: Caiuby bekommt eine Geldstrafe
So war es beim letzten Mal im Sommer, als Caiuby seinen Heimaturlaub gleich um zehn Tage verlängert hatte. Stefan Reuter sprach damals vom "teuersten Urlaub" im Leben des Brasilianers, ohne Zahlen zu nennen. Dem Vernehmen nach handelte es sich um eine Geldstrafe in Höhe von 30.000 Euro. Eine Summe, die offenbar nur wenig Wirkung erzielt hatte: Aktuell fehlt der 30-Jährige schon 14 Tage. Dass Caiuby auch diesmal mit einer Geldstrafe davon kommt, scheint deswegen unwahrscheinlich zu sein - zumal FCA-Trainer Baum betont hatte, die Zügel nun anziehen zu wollen.
Fall 3: Der FC Augsburg löst den Vertrag mit Caiuby auf
Um einen Angestellten fristlos zu kündigen, muss ein Arbeitgeber aber einige Voraussetzungen beachten, wie Thomas Hockauf sagt. Der Augsburger ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und betont, dass in einem solchen Fall die Vorgeschichte wichtig ist - zum Beispiel, ob der Angestellte wegen einer ähnlichen Verfehlung schon abgemahnt wurde. Entscheidend ist dabei nicht die Anzahl der Abmahnungen: "Es kommt auf die Intensität der Verfehlung an."
Bei Caiuby würde es nach Einschätzung Hockaufs schon dann für eine fristlose Kündigung reichen, wenn der FCA eine Abmahnung ausspricht, die mit einer Frist verbunden ist, wieder am Arbeitsplatz zu erscheinen. "Wenn er diese Zeit nicht einhält, könnte der FCA ihm kündigen." Hockauf betont aber: "Ganz entscheidend ist dabei immer die Entschuldigung, die man vorbringen kann." Bei Caiuby ist bislang nur bekannt, dass er sich um "private Angelegenheiten" kümmern möchte.
Eine fristlose Kündigung wäre für den FCA ein Verlust von fünf Millionen Euro
Sollte der FC Augsburg den Brasilianer tatsächlich vor die Tür setzen, würde das einige Probleme aufwerfen. Denn Caiuby, derzeit mit einem Arbeitspapier bis 2020 ausgestattet, wäre in diesem Fall vertragslos und somit ablösefrei zu haben. Ein Verlust von fünf Millionen Euro - so hoch stuft der Branchendienst Transfermarkt.de den derzeitigen Marktwert des Brasilianers ein. Abgesehen davon bleibt für Caiuby die Möglichkeit offen, sich mit einem Anwalt gegen die Kündigung zu wehren und sich in den Trainingsbetrieb einzuklagen - ein Szenario, das man beim auf möglichst wenig Schlagzeilen bedachten FC Augsburg tunlichst vermeiden möchte.
Beim im Februar 2018 suspendierten Daniel Opare lief der Vertrag damals noch ein halbes Jahr. Der FC Augsburg hatte den Ghanaer zwar aus dem Kader gestrichen, ihn aber noch bis zum Ende der Vertragslaufzeit separat trainieren lassen bis er ablösefrei nach Antwerpen wechselte.
Gut möglich, dass der FC Augsburg versucht, Caiuby in der noch bis Ende Januar laufenden Transferphase oder spätestens im Sommer loszuwerden. Dabei stellt sich nur die Frage: Welcher Verein ist aktuell dazu bereit, Caiuby unter Vertrag zu nehmen?