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FC Augsburg: Aussortierter FCA-Stürmer Schieber: "Menschlich ist es schwer"

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Aussortierter FCA-Stürmer Schieber: "Menschlich ist es schwer"

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    Selten stand Julian Schieber im Kader des FC Augsburg. Im Sommer teilte der Fußball-Bundesligisten dem 31-Jährigen mit, nicht mehr mit ihm zu planen.
    Selten stand Julian Schieber im Kader des FC Augsburg. Im Sommer teilte der Fußball-Bundesligisten dem 31-Jährigen mit, nicht mehr mit ihm zu planen. Foto: Ulrich Wagner

    Julian Schieber hinterlässt einen aufgeräumten Eindruck. Als wäre eine Bestätigung nötig, sagt er: "Ich bin im Reinen mit mir. Mir geht es gut." Sein ausdrücklicher Wunsch war es, sich in einem Café zu treffen. Schieber hätte die Medienanfrage unbeantwortet lassen können, zu einem Interview kann ihn niemand zwingen, jetzt sah er aber den Zeitpunkt gekommen, sich öffentlich zu äußern.

    Selbstbestimmt wollte er agieren, nachdem er sich zuletzt den Gesetzen des Fußballgeschäfts unterordnen musste. Der FC Augsburg hatte keine Verwendung mehr für den 31-Jährigen. Das klingt nicht nur hart, das ist hart. Schieber kennt die Gepflogenheiten des Profifußballs, verdient viel Geld, führt ein komfortables Leben, dennoch hat es bei ihm Spuren hinterlassen, aussortiert zu werden.

    Selbst nach der Corona-Pause, als fünf Einwechslungen pro Spiel erlaubt waren, kam Schieber nicht zum Einsatz. An sein letztes von insgesamt 167 Bundesligaspielen kann er sich nicht einmal mehr erinnern. Ende November 2019 stand Schieber beim 4:0 gegen Hertha BSC für 18 Minuten auf dem Platz.

    Julian Schieber musste seinen Spind beim FC Augsburg räumen

    Im Sommer sendeten Sportgeschäftsführer Stefan Reuter und Trainer Heiko Herrlich klare Signale. Sie wollten den Kader verschlanken, mit einigen Spielern wurde nicht mehr geplant. Gewissheit hatte Schieber nach dem Urlaub, vor dem Trainingsauftakt, als ihm der Berater die finale Entscheidung des Bundesligisten mitteilte.

    Der FCA schaffte Fakten: Schieber sollte seinen Spind räumen, das Trainingsgelände der Profis meiden und fiel aus dem Corona-Testpool der Mannschaft. Schieber überraschte nicht, dass er auf der Streichliste stand. Der Verein hatte personelle Veränderungen angekündigt, Schieber hatte wegen seines Alters, seiner Vertragslaufzeit, langer Verletzungspausen und wenig Einsätzen wenig Argumente auf seiner Seite. "Rein sportlich kann ich es akzeptieren, menschlich ist es schwer."

    Schieber: "Entsetzen, Enttäuschung, Wut – es ist eine Mischung"

    Der 31-Jährige betont, mit ihm sei fair umgegangen worden und der Verein hätte keinen Druck aufgebaut, ihn wegzubekommen. Getroffen hat es ihn dennoch. Schieber beschreibt seine damalige Gefühlslage: "Entsetzen, Enttäuschung, Wut – es ist eine Mischung aus allem und kein schönes Gefühl. Ich habe die Entscheidung akzeptiert, sie nagt aber an einem und kratzt am Ego."

    Schiebers Ausgangslage war indes vor der Sommertransferperiode nicht so schlecht. Sein Vertrag läuft noch bis 2021, er war nicht arbeitslos und konnte sich in Ruhe orientieren und den Markt sondieren. Bis 5. Oktober blieb ihm schließlich Zeit, einen neuen Verein zu finden. Schiebers Situation hätte sich verbessert, hätte er mit der Mannschaft trainieren und vielleicht sogar ein Testspiel bestreiten dürfen. Die Sportliche Leitung entschied sich aus verständlichen Gründen dagegen, profitiert hätte nur der Spieler.

    Trotz intensiver Bemühungen seines Beraters fand sich kein neuer Arbeitgeber. Eine Woche vor Transferschluss suchte Schieber nochmals das Gespräch mit Reuter, erklärte, es werde sich wohl nichts mehr ergeben. "Die Angebote haben mich emotional nicht gepackt. Ich hatte keine Lust, jeden Verein zu nehmen. Dabei ging es nicht ums Finanzielle, soweit fortgeschritten waren die Gespräche gar nicht", stellt er klar.

    Im Winter verlässt Familie Schieber die bisherige Bleibe in Leitershofen

    Schieber hat drei Kinder, die Familie wird im Dezember die Bleibe in Leitershofen (Kreis Augsburg) verlassen und in seinen Heimatort Backnang, nahe Stuttgart, ziehen. Weil er bei Klubs in Stuttgart, Berlin, Dortmund und zuletzt Augsburg gutes Geld verdient hat, muss er nicht mehr jedes Angebot annehmen.

    Profis haben vertraglich ein Recht auf sportliche Betreuung. Während der Vorbereitung bekamen Schieber und Georg Teigl, der inzwischen bei Austria Wien untergekommen ist, Einzeltraining im Nachwuchsleistungszentrum (NLZ). Die Co-Trainer Jonas Scheuermann, Iraklis Metaxas und Tobias Zellner kümmerten sich abwechselnd um die aussortierten Spieler. Auch jetzt spielt sich Schiebers Berufsalltag am NLZ ab.

    Weil kein Wechsel zustande kam, trainiert er mit dem viertklassigen U23-Team. "Vereinbarung ist, dass ich Teil der Mannschaft sein darf. Ich werde mich professionell verhalten, mich dem Team unterordnen und jungen Spielern helfen. Ich stelle mich darauf ein, dass ich hier die nächsten neun Monate rumwirbeln darf."

    Ob Schieber in der Regionalliga zum Einsatz kommen wird, darüber haben Profi und Verein bislang nicht gesprochen. Schieber betont: "Ich bin mir meiner Situation bewusst. Lieber habe ich in der Regionalliga ein paar Minuten Spielzeit in Aussicht als gar kein Spiel."

    Schieber und seine Familie werden zwar im Winter sesshaft und beenden die Reise durch die Republik, die Karriere beenden will er aber noch nicht. "Ich sehe mich immer noch in der Lage, professionell Fußball zu spielen." Intensiv beschäftigt sich der Asienliebhaber mit der thailändischen Liga, im Januar öffnet dort das Transferfenster. Drei, vier Monate dort zu spielen, kann sich Schieber gut vorstellen. "Es war immer mein Traum, nochmals eine neue Erfahrung zu machen. Dort könnte ich nochmals die Liebe zum Fußball entdecken."

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast mit Florian Niederlechner an, den wir kurz vor Saisonstart aufgenommen haben:

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