Als Ragnar Klavan im Sommer 2012 als vom niederländischen Erstligisten AZ Alkmaar zum FC Augsburg wechselte, hatte der damals 27-jährige Este ein wichtiges Anliegen: so schnell wie möglich Deutsch lernen. „Es ist wichtig für mich, die Sprache zu können. Auf dem Spielfeld, aber auch im Alltag. Damit drücke ich gegenüber meinem Gastgeberland Respekt aus“, sagte Klavan in einem späteren Interview in perfektem Deutsch. Jetzt kommt nach Niederländisch, Englisch und Deutsch eine vierte Fremdsprache hinzu: Italienisch. Klavan, inzwischen 32, wechselt mit sofortiger Wirkung vom FC Liverpool zum italienischen Erstligisten Calcio Cagliari.
Es war ein Überraschungstransfer am letzten Tag der Transfermöglichkeit nach Italien. Dort schloss das Transferfenster am 17. August. Der 124-fache Nationalspieler Estlands erhielt einen Zweijahresvertrag bis 2020 plus Option. Cagliari zahlt eine Ablöse von knapp 1,4 Millionen Euro, die sich durch Bonuszahlungen noch auf rund 2,2 Millionen Euro erhöhen kann.
Liverpool zahlte fünf Millionen Euro an den FCA
Ähnlich überraschend wie jetzt sein Weg nach Italien kam im Sommer 2016 sein Wechsel vom FCA auf die Insel zum FC Liverpool. Fünf Millionen Euro war Trainer Jürgen Klopp, der 2015 von Dortmund zu Liverpool gewechselt war, der Wechsel damals wert. Als Klopp sich damals bei ihm meldete, glaubte Klavan zunächst an einen Scherz. Er forderte den Trainer auf, ein Selfie per Whatsapp zu schicken, um ganz sicher zu gehen, dass es sich tatsächlich um Klopp handelt. Es war Klopp und auch der FCA wollte dem Wechsel von Klavan nicht im Wege stehen.
Schließlich hatte der estnische Kapitän in 125 Punktspielen, sechs Euro-League-Spielen und neun Pokalpartien für den FCA fast immer Höchstleitung gebracht und meist fehlerfrei gespielt. Genau das brauchte Klopp im Sommer 2016. Der ruhige, souveräne Klavan war für Klopp wichtig, um der Abwehr in der Umbruchsphase Stabilität zu verleihen. Und Klavan lieferte zuverlässig. Wie bei Alkmaar, wie beim FCA. Einer, der auf dem Feld nichts Außergewöhnliches macht, aber eben selten Fehler. Insgesamt absolvierte er für die Reds 53 Spiele, dabei gelangen ihm zwei Treffer. Er spielte sieben Mal in der Champions League. Beim verlorenen Finale gegen Real Madrid saß er auf der Bank.
Doch seine Zeit ist abgelaufen. Liverpool ist auf dem Weg nach oben, will Titel. Und Klopp richtet seinen Kader knallhart daraus aus. So sehr er Klavan und seine loyale Einstellung schätzt, Klopp baut auf mehr Qualität, auf Spieler wie Virgil van Dijk, Dejan Lovren, Joel Matip, Joe Gomez und Nathaniel Phillips in der Innenverteidigung. Dazu kommen noch die Youngster Conor Masterson und George Johnston. Für Klavan war es Zeit Abschied von der Anfield Road zu nehmen.
Jetzt geht es für ihn nach Cagliari, der Hauptstand (150.000 Einwohner) Sardiniens. Seine Liverpooler Teamkollegen bestärkten ihn. Dejan Lovren vermittelte ihn Kontakt zu Cagliari-Spieler Darijo Srna. „Srna riet mir hierher zu kommen. Ich bin mir sicher, ich kann hier einiges bewirken und freue mich darauf. Die Stadt ist wundervoll. Ich kann es kaum erwarten, loszulegen“, erklärte Klavan bi Sky Italia.
Auf der landschaftlich reizvollen zweitgrößten Insel im Mittelmeer, die als Urlaubsdomizil vieler Reichen gilt, wird sich Klavan mit seiner Familie sicher wohlfühlen. Und sportlich wird er wieder zum Stammspieler. Denn Cagliari konnte als 16. den Abstieg in der vergangenen Saison gerade noch vermeiden und strebt nun nach oben. Der neue Trainer Rolando Maran hat Klavan als Chef der Abwehr vorgesehen, um die Defensive zu stabilisieren.
Duell gegen Juventus Turin und Ronaldo am 4. November
Und über Arbeitsmangel wird sich Klavan, um den sich auch Fenerbace Istanbul bemüht haben soll, nicht beklagen müssen. Denn die Serie A ist wieder eine der Top-Adressen in Europa, was der Wechsel von Ronaldo zu Juventus Turin verdeutlicht. Auf ihn wird Klavan mit Cagliari am 4. November in Turin treffen. Klavan wird schon ein paar italienische Worte parat haben.