Diese Bilder haben sich eingebrannt: Gewalttäter greifen in Dortmund Leipziger Fußballfans auf dem Weg ins Stadion an, darunter Frauen und Kinder. Steine und Fäuste fliegen, normale Stadiongänger werden verletzt. Anfang Februar eskaliert der Hass gegen das Fußballprojekt RB. Innenpolitiker, Fanforscher und Polizeigewerkschaft melden sich zu Wort. Wenn sie sich zum Fußball äußern, dann haben Bundesligisten und deren Dachverband DFL ein Problem gesellschaftspolitischen Ausmaßes.
Wie sehr die Verantwortlichen des FC Augsburg das Thema Fangewalt umtreibt, verdeutlicht der Bundesligist am Dienstagnachmittag: Vor dem Heimspiel am Freitag gegen Leipzig bezieht er öffentlich Stellung, verurteilt Gewalt und Hass, appelliert für ein friedliches Miteinander. Der Klub will sich später nicht vorwerfen lassen, das Risiko unterschätzt zu haben. Er verlautbart, die Sicherheitsvorkehrungen verschärft zu haben und mehr Ordnungskräfte einzusetzen.
FCA will gegen RB Leipzig mehr Stadion-Ordner einsetzen
Alarmiert ist nicht nur der FCA, die Polizei reagiert ebenso auf die jüngste Eskalation. Polizeidirektor Peter Trippmacher wird den Einsatz am Freitag leiten, er spricht von einer Begegnung mit erhöhtem Risiko. Sein Motto: Null Toleranz bei Gewalt gegen Personen und Randale. Wie er mit seinen Beamten für Sicherheit sorgen will, verheimlicht er aus taktischen Gründen. Er sagt lediglich: „Wir werden noch stärker darauf achten, dass wir die Fanlager trennen.“ Bewerkstelligen will Trippmacher dies mit zusätzlichem Personal, mehr Polizisten als üblich werden eingesetzt.
Seit dem Aufstieg in die erste Liga polarisiert RB Leipzig, das Fußball-projekt aus dem Osten der Republik, finanziert von den Red-Bull-Millionen. Kritiker werfen dem Klub fehlende Vereinsstruktur und die auf die Spitze getriebene Vermarktung eines Produkts vor; der Sport ist nicht sinnstiftend, er ist Mittel zum Zweck. Befürworter loben die Professionalität, das nachhaltige Nachwuchskonzept und die sportlichen Darbietungen mit erfrischendem Offensivfußball.
Fans müssen Plakate vom Verein genehmigen lassen
Die Formen des Protests unterscheiden sich, finden Ausdruck in witzigen, ironischen Plakaten, allerdings ebenso in Gewalt und Hass. Augsburgs aktive Fanszene, die sogenannten Ultras, boykottierte das Hinspiel in Leipzig. Im darauffolgenden Heimspiel waren Banner zu lesen, auf denen Georg Teigl angegangen wurde. Ihm wurde mit Hass begegnet, weil Leipziger Fans den Ex-RB-Profi nach der FCA-Niederlage vor ihrer Kurve mit Sprechchören gefeiert hatten.
Um diffamierende Botschaften auszuschließen, hat der FCA Maßnahmen ergriffen. Plakate und Spruchbänder müssen vom Verein genehmigt werden. Ebenso kontrolliert wird der Inhalt der „Supporter News“. In den selbst verfassten Heftchen, die Ultras bei Heimspielen verteilen, waren die Leipziger zuletzt als „Bullenschweine“ beschimpft worden. FCA-Geschäftsführer Michael Ströll erklärt auf Nachfrage, bisher habe man die Verteilung auf Vertrauensbasis ohne Inhaltsprüfung erlaubt. Der Entscheider hält am Prinzip der freien Meinungsäußerung fest, stellt jedoch klar: „Wenn dieses Vertrauen durch Beleidigungen missbraucht wird, sehen wir uns gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen.“
Friedliche Anti-RB-Aktionen soll es trotzdem geben
Die Bundesligisten tun sich weiterhin schwer im Umgang mit den Ultras, die einerseits für Choreografien und Stimmung sorgen, andererseits nach einem eigenen Kodex leben und sich über Autoritäten oder das Pyro-Verbot hinwegsetzen. Gewissheit, wie die aktive Fanszene sich am Freitagabend verhalten wird, gibt es daher nicht. Hält sie sich an Absprachen mit dem FCA? Ströll ist optimistisch, erzählt davon, den Dialog vor dem Leipzigspiel intensiviert zu haben. „Wir möchten dadurch deeskalierend einwirken“, betont er.
Die aktive Fanszene wird nicht gänzlich auf Anti-RB-Aktionen verzichten. FCA-Geschäftsführer Ströll meint zudem, eine kritische Auseinandersetzung mit dem Konstrukt RB müsse möglich sein. Allerdings haben sich der FC Augsburg und die Ultra-Meinungsführer wohl auf humorvollere, nicht beleidigende Botschaften verständigt.