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FC Augsburg: Was Sportdirektor Jurendic beim FCA bewirken soll

FC Augsburg

Was Sportdirektor Jurendic beim FCA bewirken soll

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    2022 haben Sportdirektor Marinko Jurendic (links) und Trainer André Breitenreiter (rechts) mit dem FC Zürich den Meistertitel in der Schweiz geholt.
    2022 haben Sportdirektor Marinko Jurendic (links) und Trainer André Breitenreiter (rechts) mit dem FC Zürich den Meistertitel in der Schweiz geholt. Foto: Claudio Thoma, Witters

    Als Klaus Hofmann vor einem Jahr als Präsident des FC Augsburg zurücktrat, waren interne Machtkämpfe der Auslöser. Unter anderem beabsichtigte der Vereinsboss, über Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter einen Sportvorstand zu installieren. Diese Position sollte nach Informationen unserer Redaktion Armin Veh einnehmen. Reuter und Finanz-Geschäftsführer Michael Ströll wehrten sich allerdings erfolgreich gegen diese Beschneidung ihrer Kompetenzen. Jetzt, mit einem Jahr Verzögerung, stellt sich der Fußball-Bundesligist tatsächlich breiter auf. Allerdings wird keine übergeordnete Ebene im sportlichen Bereich eingezogen, sondern eine zwischen dem Trainerteam rund um deren Chef Enrico Maaßen und Reuter. 

    Marinko Jurendic besetzt die neu geschaffene Stelle des Sportdirektors. Zuletzt war er beim Schweizer Erstligisten FC Zürich tätig, nun soll der 45-Jährige mit seiner Expertise, seinem Wissen und seinem Netzwerk dafür sorgen, dass sich der FCA sportlich weiterentwickelt. Mit der Verpflichtung von Jurendic nimmt der Klub grundlegende Veränderungen vor.

    Reuter, 56, ist seit über zehn Jahren in Augsburg als Manager beziehungsweise Sport-Geschäftsführer angestellt. Unter seiner Ägide gelang Jahr für Jahr der Klassenerhalt, mit Trainer Markus Weinzierl stürmte er in der Europa League. Danach jedoch stagnierte der Klub in seiner Entwicklung. Bis in die Schlussphase einer Spielzeit hinein zu zittern wurde ebenso zur Routine wie das beinahe jährliche Wechseln des Übungsleiters. Kritiker warfen Reuter vor, nur mehr selten Gespür für den richtigen Mann an der Seitenlinie zu haben. Zugleich gelangen dem Entscheider seltener Transfers, die Erwartungen vollends erfüllten oder sogar übertrafen. Auch intern soll die Arbeit des Sport-Geschäftsführers in der jüngeren Vergangenheit genauer beäugt worden sein. 

    Während der FCA-Spiele: Jurendic auf der Bank, Reuter auf der Tribüne

    Reuters Rolle wird nun definitiv eine andere werden. Seine Kompetenzen werden womöglich nochmals anwachsen, seine öffentliche Präsenz womöglich sinken. Dass künftig Jurendic während der Spiele neben Maaßen auf der Bank sitzen und Reuter oben auf der Tribüne Platz nehmen wird, steht sinnbildlich. Reuter wird wohl seltener direkten Kontakt zu Mannschaft und Trainer haben, während Jurendic tagtäglich mit Maaßen im Austausch sein wird. Der Schweizer mit Wurzeln im ehemaligen Jugoslawien trägt die Verantwortung für das Trainerteam, die Mitarbeiter rund ums Team, das Scouting, die medizinische Abteilung und den Nachwuchs. Wie Christoph Janker, Vertrauter Reuters und derzeit Leiter der Lizenzspielerabteilung, in dieses Konstrukt passt, wird sich zeigen.

    Die Rolle von Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter ist durch den neuen Sportdirektor Marinko Jurendic eine andere.
    Die Rolle von Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter ist durch den neuen Sportdirektor Marinko Jurendic eine andere. Foto: Stefan Puchner, dpa

    Reuter hat als Spieler sämtliche Titel gewonnen, die es zu gewinnen gibt. War Welt- und Europameister, hat die Champions-League-Trophäe gestemmt. Sein Name öffnet Türen. Sportliche Strategien entwickeln und Philosophien umsetzen soll nun Jurendic, der auf keine ruhmreiche Spielerkarriere zurückblickt. Der 45-Jährige bringt andere Qualitäten mit, die ihn in der Schweiz zu einem angesehenen Meistermacher werden ließen. Mit dem FC Zürich und dem damaligen Trainer André Breitenreiter holte er 2022 überraschend den nationalen Titel. Beinahe die Hälfte der Spieler stammte aus der eigenen Akademie, Jurendic hatte im Verbund mit dem Nachwuchsstrategen Heinz Moser eine hungrige, junge Mannschaft geformt. Auf dieses Modell setzt nun auch der FCA. Moser, 55, tituliert als "Leiter Entwicklung", soll als Bindeglied fungieren. Letztlich wird seine Arbeit daran gemessen, ob wieder mehr Spieler aus dem Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) Partien in der Profimannschaft bestreiten. Dass sie nicht mehr nur Verträge erhalten, um dann verliehen zu werden. 

    Jurendic nimmt seine Arbeit offiziell am 1. August auf, dann will er sich der Öffentlichkeit präsentieren. Wenngleich er derzeit noch einen reibungslosen Abgang bei seinem aktuellen Arbeitgeber organisiert, so wird er sich längst mit seinem neuen Arbeitgeber und dessen Kader beschäftigen. Dem FCA wird ein Interesse an Ron Schallenberg (SC Paderborn), Tim Breithaupt (Karlsruher SC) und Zan Vipotnik (NK Maribor) nachgesagt, bislang verpflichtet hat der Klub Torhüter Finn Dahmen (Mainz 05) und Innenverteidiger Patric Pfeiffer (Darmstadt 98). Baustellen gibt es deren viele, am 1. Juli öffnet das Transferfenster. 

    FCA-Sportdirektor Marinko Jurendic spricht fünf Sprachen

    Jurendic bringt soziale Kompetenz und pädagogisches Wissen mit, spricht zudem fünf Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Kroatisch). Sein Interesse galt stets dem Fußball, 2018 erwarb er die Uefa-Pro-Lizenz als Trainer. Weil seine Profikarriere aber bereits mit 28 Jahren wegen Beschwerden in der Leiste und der Hüfte geendet hatte, orientierte er sich zwischenzeitlich um. Er studierte Betriebswirtschaft, arbeitete für den inzwischen verstorbenen Unternehmer und FDP-Politiker Otto Ineichen, widmete sich sozialen Themen und hatte Kontakt zu Bundesräten. "Da war ich ziemlich weit weg vom Fußball", sagte er einmal in der Neuen Züricher Zeitung.

    In der Schweiz war Jurendic der breiten Öffentlichkeit lange Zeit nicht bekannt. Vorwiegend arbeitete er im Hintergrund, zog Fäden, analysierte, trieb Projekte voran. Nie treffe er Entscheidungen aus der Emotion heraus, heißt es dort. Wie groß der Einfluss Reuters auf die Arbeit von Jurendic sein wird, wird sich zeigen. Den neuen Mann beim FCA zu unterschätzen oder gar als Befehlsempfänger Reuters einzustufen, wäre allerdings ein Fehler. Auch wenn die künftige Hierarchie des FCA das hergäbe. 

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