Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Eiskunstlauf: Der Wunderknabe auf dem Eis von Montréal

Eiskunstlauf

Der Wunderknabe auf dem Eis von Montréal

    • |
    Ilia Malinin aus den Vereinigten Staaten begeisterte die Eiskunstlaufwelt mit sechs gestandenen Vierfachsprüngen in seiner Kür. Damit kürte er sich zum neuen Eiskunstlauf-Weltmeister.
    Ilia Malinin aus den Vereinigten Staaten begeisterte die Eiskunstlaufwelt mit sechs gestandenen Vierfachsprüngen in seiner Kür. Damit kürte er sich zum neuen Eiskunstlauf-Weltmeister. Foto: Christinne Muschi, dpa

    Nach seiner vier Minuten langen Wunderkür mit sechs blitzsauberen Vierfachsprüngen warf sich Ilia Malinin einfach nur der Länge nach aufs Eis. Und lag dort erst einmal regungslos. Die Hände vors Gesicht geschlagen, überwältigt von seiner eigenen Leistung, mit der er sich in eine neue Sphäre des Eiskunstlaufens katapultiert hatte. Dem erst 19-jährigen US-Amerikaner war bei der Weltmeisterschaft im kanadischen Montréal eine noch nie dagewesene Vorstellung gelungen. Niemals zuvor hatte ein Eiskunstläufer diese Menge an Höchstschwierigkeiten in einem offiziellen Wettkampf so mühelos aneinandergereiht wie Ilia Malinin, der in den USA geborene Sohn der beiden ehemaligen usbekischen Eiskunstläufer Tatjana Malinina und Roman Skoryanov. 

    Gleich mit seinem ersten Sprung in der Kür, dem vierfachen Axel, zeigte Ilia Malinin, dass er an diesem Tag gewillt war, volles Risiko zu gehen. Er selbst war es schließlich gewesen, der diesen höchst anspruchsvollen Sprung, der auf vorwärts gestartet und auf rückwärts gelandet wird, bei der Junioren-Weltmeisterschaft 2022 erstmals überhaupt in einem Wettkampf sauber gestanden hatte. Damals war er 17 Jahre alt. Seitdem gilt er als neues Wunderkind auf dem Eis, was er jetzt bei der WM wieder eindrucksvoll unter Beweis stellte.

    Mit seinem Rekordwert von 227,79 Punkten in der Kür gewann er nicht nur souverän die Goldmedaille und den Weltmeistertitel, sondern hielt den zweitplatzierten Japaner Yuma Kagiyama (203,30 Punkte) mit ganzen 24 Zählern auf Abstand. Im Eiskunstlaufen sind das Welten. Für den Europameister aus Frankreich, Adam Siao Him Fa, blieb nur Bronze.

    Eiskunstläufer Ilia Malinin wird schon als "Gott der Vierfachsprünge" bezeichnet

    Obwohl ihm sein Ruf als "Gott der Vierfachsprünge" vorauseilte, erschien Ilia Malinin sein Vorhaben, das Programm mit all den schwierigen Vierfachsprüngen zu laufen, selbst als ziemlich gewagt. "Als ich auf das Eis kam, wusste ich nicht, was passieren würde. Ich könnte die Kür meines Lebens laufen oder es könnte total schiefgehen", räumte er nach seinem sensationellen Auftritt ein, dass ihn im Vorfeld nicht nur Verletzungen, sondern durchaus auch Selbstzweifel geplagt hatten. "Ich stehe unter Schock", sagte Malinin, "die letzten Wochen waren so hart für mich. Ich hatte sogar daran gedacht, dass ich bei den Weltmeisterschaften nicht antreten kann."

    Diese Unsicherheit war ihm auf dem Eis nicht im Entferntesten anzumerken. Auch nicht im Kurzprogramm, als er als selbstbewusster Torero auflief und zu spanischen Klängen mit blitzsauberen Sprüngen und atemberaubenden Schrittfolgen das Publikum mitriss. Dennoch reichte es da nur zum vorübergehenden dritten Platz. Und so packte er in seiner Kür "Succession", angelehnt an die gleichnamige US-Serie, die sich um einen australisch-amerikanischen Medientycoon dreht, noch ein ordentliches Pfund drauf. Die Vierfachsprünge Axel, Rittberger, Lutz, Salchow und Toeloop setzte er ohne Wackler aufs Eis, dazu noch zwei Vierfach-Dreifach-Kombinationen. Das Publikum, sich dessen bewusst, eine einmalige Show gesehen zu haben, tobte wie entfesselt. 

    Die Olympischen Spiele 2022 in Peking verpasste der Juniorenweltmeister Ilia Malinin

    Schon 2023 und 2024 hat der Juniorenweltmeister von 2022 die US-Meisterschaft gewonnen, doch erst jetzt, nach einem ersten WM-Titel bei den Senioren, gilt er nun als der große Favorit für die Olympischen Spiele 2026 in Cortina d´Ampezzo und Madrid. Es wird seine Olympia-Premiere werden, denn 2022 verpasste Malinin die Spiele in Peking aufgrund von unglücklichen Umständen. Jason Brown hatte damals als dritter US-Starter neben Nathan Chen und Vincent Zhou den Vorzug vor Malinin erhalten, der Teenager mit usbekischen Wurzeln wurde als erster Nachrücker benannt. Zhou erkrankte dann an Covid-19 und musste im Einzel passen, doch weil er bereits im Mannschaftswettkampf angetreten war, konnte Ilia Malinin nicht mehr nachrücken. 

    Bei der WM 2022 schaffte der Jungspund dann aber den Sprung ins US-Team, landete gleich mit einer neuen persönlichen Bestpunktzahl auf dem vierten Platz in der Kür und schaffte es als Neunter in die Top Ten. Jetzt, zwei Jahre später, wirkt er sprunggewaltig wie eh und je, ist in seinem Laufstil aber noch ausdrucksstärker, explosiver und erwachsener geworden. In dieser Form könnte er für lange Zeit die Maßstäbe für die Zukunft im Eiskunstlauf setzen, sind sich die Experten sicher.

    Ilia Malinin ist selbst fassungslos, dass ihm alle Vierfachsprünge in seiner WM-Kür gelungen sind.
    Ilia Malinin ist selbst fassungslos, dass ihm alle Vierfachsprünge in seiner WM-Kür gelungen sind. Foto: Christinne Muschi, dpa

    Keine weitere Medaille für deutsches Eiskunstlaufteam

    Maßstäbe, an die die deutschen Starterinnen und Starter derzeit nicht herankommen. So gab es aus deutscher Sicht nach WM-Bronze für die Paarläufer Minerva Hase und Nikita Volodin keine weiteren Erfolgsmeldungen mehr aus Montréal. Nikita Starostin war in der Männerkonkurrenz schon nach dem Kurzprogramm ausgeschieden. Statt des geplanten dreifachen Axels gelang dem 21-Jährigen nur ein vermurkster Doppel-Axel. Und obwohl Starostin keinen weiteren Fehler machte, reichte es in einem hochklassigen Feld nur für Rang 32 und 67,34 Punkte.

    Auch die deutschen Eistänzer Jennifer Janse van Rensburg/Benjamin Steffan (Oberstdorf) konnten den letzten Wettkampftag der WM nur von der Tribüne verfolgen: Sie hatten sich nicht für das Finale qualifiziert.

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast "Augsburg, meine Stadt" mit Dennis Endras an, der Einblicke ins Innenleben der Augsburger Panther gibt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden