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Eishockey: Timo Pielmeier: „Wir haben 2018 Silber gewonnen und nicht Gold verloren“

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Timo Pielmeier: „Wir haben 2018 Silber gewonnen und nicht Gold verloren“

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    Stolzer Silbermedaillengewinner 2018: Der ehemalige Ingolstädter Goalie Timo Pielmeier bei seiner Ankunft am Münchner Franz-Josef-Strauß-Flughafen.
    Stolzer Silbermedaillengewinner 2018: Der ehemalige Ingolstädter Goalie Timo Pielmeier bei seiner Ankunft am Münchner Franz-Josef-Strauß-Flughafen. Foto: Xaver Habermeier

    Herr Pielmeier, die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft bestreitet am Donnerstag (14.10 Uhr MEZ) bei den Olympischen Spielen 2022 in Peking ihr erstes Gruppenspiel gegen Kanada. Werden Sie diese Partie verfolgen?

    Pielmeier: Selbstverständlich! Ich werde vor dem Fernseher sitzen und den Jungs kräftig die Daumen drücken.

    Sie selbst waren vor vier Jahren in Pyeonchang dabei, als die DEB-Auswahl sensationell die Silbermedaille gewann. Wenn Sie heute darauf zurückblicken: Was hat die Olympischen Spiele für Sie persönlich grundsätzlich so besonders gemacht?

    Pielmeier: Als Kind träumt man ja immer davon, einmal bei den Olympischen Spielen dabei zu sein. Nachdem ich das Ganze zuvor nur vom Fernsehen gekannt habe, war das natürlich schon ein unfassbarer Moment, als ich bei der Eröffnungsfeier auf der Tribüne gesessen und gesehen habe, wie nach und nach die ganzen Nationen einlaufen. In diesem Augenblick habe ich zum ersten Mal so richtig realisiert, dass ich tatsächlich dabei bin. Was mich dann im weiteren Verlauf besonders beeindruckt hat, war das Leben im Olympischen Dorf. Man sitzt beispielsweise beim Essen mit anderen Weltstars zusammen, unterhält sich mit diesen oder läuft immer wieder anderen Spitzensportlern, die man zuvor nur im TV gesehen hat, über den Weg. Unvergessen sind für mich aber auch unsere regelmäßigen Besuche und Feiern mit Medaillengewinnern im ’Deutschen Haus’.

    Lassen Sie uns über das Eishockey-Turnier 2018 in Pyeongchang sprechen. Im Vorfeld war klar, dass die NHL-Profis nicht teilnehmen würden. Mit welcher Zielsetzung ist das deutsche Team seinerzeit in dieses Event gegangen?

    Pielmeier: Das ist jetzt im Nachhinein sicherlich einfach zu sagen: Aber wir sind damals schon mit dem Vorsatz in das Turnier gegangen, dass wir nicht nur dabei sein, sondern schon auch etwas holen wollen. Zumal wir uns natürlich schon bewusst waren, dass es für unsere Mannschaft definitiv ein Vorteil war, dass die NHL-Akteure nicht teilnehmen konnten. Ich vergleiche heute diese Situation mit der des ERC Ingolstadt 2014: Mit jedem Sieg wurde das Selbstvertrauen sowie das Bewusstsein, dass man wirklich jeden schlagen kann, größer und größer. Gerade dann, wenn du beispielsweise in Rückstand liegst, hast du dennoch die Überzeugung, das Ding gemeinsam noch drehen zu können. Und genau das war letztlich in Pyeongchang der Fall.

    Dabei verlief der Start in dieses Turnier wenig erfolgreich. Nach den beiden Niederlagen gegen Finnland (2:5) und Schweden (0:1) musste im letzten Gruppenspiel gegen Norwegen unbedingt ein Sieg her, um das Achtelfinale zu erreichen. Wie groß war vor diesem „Hauptrunden-Finale“ der Druck, der auf Ihrem Team lastete?

    Pielmeier: Ehrlich gesagt haben wir uns als Mannschaft selbst überhaupt keinen Druck gemacht. Grundsätzlich möchtest du ja ohnehin jede Partie gewinnen – und genau so sind wir auch dieses Match angegangen. Wir haben uns auf das konzentriert, was das Trainer-Team uns vorgegeben hatte und wirklich nur von Wechsel zu Wechsel geschaut.

    Am Ende ging es beim Stand von 1:1-Unentschieden ins Penaltyschießen, in dem die deutsche Mannschaft schließlich die besseren Nerven bewies...

    Pielmeier: Genau. Ich vergleiche diese Situation immer ganz gerne mit dem Overtime-Treffer von Benedikt Schopper im dritten Spiel der Pre-Play-off-Serie gegen die Eisbären Berlin im Ingolstädter Meisterjahr. Dieses Ding war einfach der Türöffner auf unserem weiteren Weg. Danach hat es irgendwie gefunkt, sodass alles für uns gelaufen ist.

    Im Achtelfinal-Duell mit der Schweiz war die DEB-Auswahl zweifelsohne der klare Außenseiter. Wenn Sie sagen, dass der Sieg gegen Norwegen der „Türöffner“ für den weiteren Weg war: Hat der anschließende 2:1-Erfolg nach Verlängerung gegen die

    Pielmeier: Ja, das kann man definitiv so sagen! Partien gegen die Schweiz sind für deutsche Nationalmannschaften grundsätzlich immer etwas Besonderes. Wir waren uns bewusst, dass dort immer schon sehr gute Arbeit geleistet wurde und die Spieler erstklassig ausgebildet sind. Wenn du dann in der Lage bist, einen solchen Gegner zu besiegen, kannst du gegen jeden Kontrahenten gewinnen. Dieser Achtelfinal-Triumph hat uns dementsprechend nochmals einen richtigen Schub gegeben.

    Nach dem 4:3-Erfolg im Viertelfinale gegen Schweden folgte schließlich der hochemotionale Halbfinal-Sieg im gegen Team Canada (4:3), der zugleich die Endspiel-Teilnahme bedeutete. Unvergessen ist dabei unter anderem ein Video-Mitschnitt aus der Kabine, als Bundestrainer Marco Sturm mit einem Getränke-Eimer übergossen wurde...

    Pielmeier: Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Ich bin auf meinem Platz gestanden, habe gejubelt – und als der ’Sturmi’ dann in die Kabine gekommen ist, hat die Party richtig begonnen. Wir konnten es eigentlich anfangs überhaupt nicht realisieren, was da soeben auf dem Eis passiert war. Erst nach und nach wurde uns klar, welchen Kontrahenten wir da gerade besiegt hatten und dass wir tatsächlich im Endspiel der Olympischen Spiele stehen.

    Dort ging es dann gegen das Team der „Olympischen Athleten aus „Russland“. Es war eine Partie, die an Spannung und Dramatik nicht zu überbieten war. Erst gelang Jonas Müller in der 57. Minute der 3:2-Führungstreffer. Im Anschluss kassierten die Russe eine Strafzeit, nahmen den Goalie vom Eis und erzielten 56 Sekunden vor der Schlusssirene tatsächlich noch den 3:3-Ausgleich. In der anschließenden Verlängerung traf Kirill Kaprisow (70.) zum 4:3-Sieg. Wie sehr hat Sie diese Begegnung damals emotional aufgewühlt?

    Pielmeier: Normalerweise möchtest du als Spieler in einer solchen Begegnung natürlich am liebsten selbst auf dem Eis stehen. Auf der Bank habe ich aber dennoch alles getan, um die Jungs so gut wie möglich zu unterstützen. Als dann Jonas auch noch das 3:2 geschossen hat, habe ich mich zu unseren Betreuern umgedreht und ihnen gesagt: Ich kann’s nicht glauben, wir holen die Goldmedaille! Leider ist dann in der Schlussphase sowie Verlängerung einiges gegen uns gelaufen. Klar war unmittelbar nach dem Spiel jeder frustriert und enttäuscht, weil wir wirklich so nahe dran waren. Und wenn du schon einmal so weit bist, willst du logischerweise lieber Gold als Silber. Dennoch war uns auch relativ schnell bewusst, dass wir etwas Unglaubliches geleistet haben.

    Wie lange hat es gedauert, bis aus der anfänglichen Enttäuschung dann Freude und Stolz über das Erreichte wurde?

    Pielmeier: Am Anfang hat es schon ein bisschen gedauert, bis die Enttäuschung verarbeitet war. Als wir dann jedoch ins ’Deutsche Haus’ gekommen sind, um mit den anderen deutschen Sportlern unsere Silbermedaille zu feiern, war der Gedanke an eine möglicherweise verlorene Goldmedaille endgültig verflogen. Auch heute spreche ich nur noch von einer gewonnenen Silbermedaille. Dass es unter dem Strich knapp nicht zu Gold gereicht hat, gehört einfach zum

    Was hat in Ihren Augen die deutsche Mannschaft 2018 besonders ausgezeichnet?

    Pielmeier: Der damalige Bundestrainer Marco Sturm hat einfach eine richtig gute Struktur in unsere Mannschaft reingebracht. Darüber hinaus hatten wir einen überragenden Charakter sowie erstklassige Führungsspieler im Team. Da war es auch völlig egal, wer letztlich die Tore geschossen hat. Die Mannschaft und deren Erfolg stand schlichtweg über allem.

    Haben Sie eigentlich Ihre Silbermedaille jederzeit griffbereit oder liegt sie in irgend einer Kiste verstaut im Keller?

    Pielmeier: (lacht) Weder noch! Ich kann aus Sicherheitsgründen sagen, dass sie nicht bei mir im Haus ist. Ebenso wie die Goldmedaille von der Meisterschaft mit dem ERC Ingolstadt ist sie an einem sicheren Platz untergebracht. Wenn beispielsweise Freunde zu Besuch kommen und die Medaillen sehen wollen, ist das leider nicht möglich. Ich muss sie dann auf’s nächste Mal vertrösten, da ich meine Errungenschaften erst organisieren muss. Ich denke, dass alleine zeigt schon, welchen Stellenwert diese Medaillen für mich haben.

    Blicken wir abschließend auf das Olympia-Turnier 2022 in Peking! Was trauen Sie der Truppe von Bundestrainer Toni Söderholm zu?

    Pielmeier: Ich traue den Jungs wirklich alles zu! Die deutsche Mannschaft hat zwar – wie die anderen Nationen auch – keine NHL-Akteure dabei. Dennoch kann Toni Söderholm auf einige Jungs zurückgreifen, die in der vergangenen Saison dort noch aktiv waren. Von dem her bin ich überzeugt, dass auch diesmal die Final-Teilnahme absolut möglich und realistisch ist. Interview: Dirk Sing

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