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Eishockey: Olympische Spiele 2022: Traum oder Albtraum?

Eishockey

Olympische Spiele 2022: Traum oder Albtraum?

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    Seine Teilnahme bei den Olympischen Spielen in Peking für die DEB-Auswahl gilt als gesichert: Ingolstadts Verteidiger Fabia Wagner (links).
    Seine Teilnahme bei den Olympischen Spielen in Peking für die DEB-Auswahl gilt als gesichert: Ingolstadts Verteidiger Fabia Wagner (links). Foto: imago-images

    Seit 22. Dezember ist offiziell, was bereits in den Tagen und Wochen zuvor ein offenes Geheimnis war: Das Eishockey-Turnier bei den Olympischen Spielen 2022 in Peking (4. bis 20. Februar) findet ohne die Profis aus der National Hockey-League statt. Als Hauptgrund für den Verzicht gaben die Liga-Verantwortlichen an, dass bereits zum jetzigen Zeitpunkt zu viele Hauptrunden-Partien aufgrund der weiterhin wütenden Corona-Pandemie abgesagt werden mussten (über 70 Begegnungen wurden bislang gecancelt). Man wolle nun die ursprünglich während der Olympischen Winterspiele spielfreie Zeit nutzen, um möglichst viele Duelle nachzuholen.

    Unter vorgehaltener Hand gibt es unter den NHL-Klubs in erster Linie jedoch andere, überaus ernsthafte Bedenken: Was passiert mit den Spielern im Falle eines positiven Corona-Tests? Eine ursprünglich vorgesehene drei bis maximal fünfwöchige (!) Quarantäne in einem eigens dafür vorgesehenen Quarantäne-Hotel ist zwar (offiziell) vom Tisch. Stattdessen bestehe nun die Möglichkeit, sich mit zwei negativen PCR-Tests „freizutesten“. Das Problem: Auch wenn internationale Experten von einer sieben- bis zehntägigen Quarantäne ausgehen, liegt die Entscheidung sowohl über deren endgültige Dauer als auch den genauen Zeitpunkt der anschließenden Ausreise ausschließlich in der Verantwortung der chinesischen Regierung.

    Ingolstadts Trainer Doug Shedden kann die Entscheidung "absolut nachvollziehen"

    „Ich kann die Entscheidung der NHL absolut nachvollziehen und halte sie auch für richtig“, sagt Ingolstadts Cheftrainer Doug Shedden, um dann sogar noch deutlicher zu werden: „Man darf nicht vergessen, dass in China vor ungefähr zwei Jahren das Corona-Virus ausgebrochen ist. Sollte man seine Spieler dann tatsächlich in ein Land schicken, welches der Welt dieses ganze Unheil angetan hat? Das glaube ich nicht! Ich war damals schon der festen Überzeugung, dass wir keine NHL-Jungs bei den Olympischen Winterspielen 2022 sehen werden.“

    Für die Olympischen Spiele 2022 in Peking gesetzt: Frederik Storm, dänischer Nationalstürmer in Reihen des ERC Ingolstadt.
    Für die Olympischen Spiele 2022 in Peking gesetzt: Frederik Storm, dänischer Nationalstürmer in Reihen des ERC Ingolstadt. Foto: imago-images

    Dass die Thematik „Olympische Spiele/Corona“ indes nicht nur ein reines NHL-Problem darstellt, dessen ist sich Shedden bewusst. „Egal, ob es um die schwedische, finnische oder deutsche Liga geht: Wir sprechen hier über Menschen und nicht über Maschinen! Wären die Winterspiele nicht in China, sondern in einem europäischen oder nordamerikanischen Land, würde ich sagen: Lasst die Jungs spielen! Aber so habe ich schon einige Bedenken.“ Zumal der Panther-Cheftrainer ohnehin selbst davon betroffen ist – und das im besten (oder schlimmsten) Fall gleich vierfach: Während Fabio Wagner, Daniel Pietta und Co-Trainer Tim Regan bei der DEB-Auswahl als aussichtsreiche Kandidaten gelten, ist Frederik Storm bei der dänischen Nationalmannschaft fest gesetzt.

    „Wenn du als Spieler die Gelegenheit hast, bei einem olympischen Turnier dabei zu sein, kannst du ihm diese als Verein beziehungsweise ERC Ingolstadt definitiv niemals verwehren. Für einige Akteure bietet sich diese Chance möglicherweise nur ein einziges Mal im Leben. Dennoch ist das Ganze auch immer mit einem gewissen Risiko verbunden“, so Shedden. Für den Profi selbst, der eben in Peking bei einem positiven Test in eine zeitlich ungewisse Quarantäne müsste. Und für den Klub, dem in der entscheidenden Saisonphase möglicherweise über einen längeren Zeitraum ein oder mehrere Leistungsträger (Shedden: „Teams wie München, Mannheim oder Berlin könnte es da noch viel schlimmer treffen.“) nicht zur Verfügung stünden.

    Trotz aller Unwägbarkeiten schließt Panther-Sportdirektor Larry Mitchell eines aus: „Ich bin der Letzte, der den Jungs verbieten würde, an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Daher wird es auch von unserer Seite mit Sicherheit kein Teilnahmeverbot geben.“ Auch wenn Mitchell sich „wirklich für jeden Spieler oder Trainer“ freue, der am Ende ein Ticket für Peking erhält – ein zumindest leichtes Bauchgrummeln bleibt. „Klar gibt es einen gewissen Respekt, was alles passieren kann. Früher hast du gehofft, dass deine Jungs erfolgreich sind und sich niemand verletzt. Jetzt kommt noch das Thema Corona hinzu“, so Mitchell.

    Das sagen die Spieler und Co-Trainer Tim Regan:

    Fabio Wagner (Kapitän und Verteidiger ERC Ingolstadt): „Ich denke schon, dass es eine tolle Werbung auch für das deutsche Eishockey gewesen wäre, wenn die NHL-Spieler teilgenommen hätten – zumal wir ja auch einige Top-Akteure drüben haben. Ein sportlicher Nachteil ist es für Deutschland aber sicherlich nicht. Man weiß schließlich, mit wie vielen Weltklasse-Spielern die Top-Nationen in der NHL vertreten sind. Was mich persönlich betrifft: Natürlich bin ich mir bewusst, dass eine Teilnahme in Peking mit einem gewissen Risiko in Sachen Corona verbunden wäre. Sollte ich jedoch die Chance bekommen und mir zudem der Verein ’grünes Licht’ geben, wäre ich dennoch auf alle Fälle dabei. Letztlich muss jeder für sich selbst eine solche Entscheidung treffen.“

    Daniel Pietta (Stürmer ERC Ingolstadt): „Ich hatte mir bereits vor der Absage der NHL durchaus Chancen ausgerechnet, in Peking dabei zu sein. Wenn jetzt zwei der besten deutschen Mittelstürmer fehlen (Leon Draisaitl und Tim Stützle, Anm. d. Red.), werden diese sicherlich nicht geringer. Aber ich lasse das alles auf mich zukommen. Sollte es klappen, würde ich mich sehr freuen – falls nicht, wäre ich anfangs schon ein bisschen enttäuscht, nachdem ich ja 2018 bereits im erweiterten Kader war, mich aber unmittelbar zuvor verletzt hatte. Was die ganze Quarantäne-Geschichte in Peking betrifft: Ich denke, dass sich diesbezüglich die Vereine oder Verbände intensiv damit beschäftigen, da wir als Athleten darauf ohnehin keinen Einfluss haben. Klar könnte man schon im Vorfeld sagen: Da fahren wir nicht hin! Aber so lange ich noch nicht nominiert bin, mache ich mir darüber keine großen Gedanken.“

    Frederik Storm (Stürmer ERC Ingolstadt, Dänemark): „Wenn ich jetzt für unsere dänischen NHL-Jungs spreche: Die sind natürlich sehr enttäuscht, dass sie nicht nach Peking dürfen. Sie haben zusammen mit uns den ganzen Sommer inklusive dem Qualifikationsturnier so hart gearbeitet, um erstmals in der Geschichte Dänemarks das olympische Ticket zu lösen. Nun ist ihr großer Traum geplatzt, was definitiv sehr traurig ist. Dadurch fehlen uns zwei sehr starke Stürmer sowie ein überragender Goalie. Da diese Absage jedoch vor allem die ’großen Nationen’ trifft, hoffe ich darauf, dass wir – wie Deutschland vor vier Jahren in Pyeongchang – eine ähnliche Überraschung schaffen. Natürlich macht man sich über das Thema Corona Gedanken. Allerdings ist es ja auch nichts Neues, da wir damit auch in der DEL quasi permanent konfrontiert sind. Das erste Ziel ist dabei selbstverständlich, eine Ansteckung zu verhindern. Nachdem alle Athleten vor der Abreise nach Peking ausführlich getestet werden, denke ich nicht, dass die Gefahr dort größer ist als anderswo. Sollte uns – rein theoretisch – der Verein die Freigabe für die Olympischen Spiele verweigern, wäre das natürlich sehr enttäuschend für mich, da es schon immer mein großer Traum war, an einem olympischen Turnier teilzunehmen.“

    Tim Regan (Co-Trainer ERC Ingolstadt): „Aktuell weiß ich noch nicht, ob ich in Peking tatsächlich dabei bin. Die Entscheidung wird wohl in der ersten Januar-Woche fallen. Dass die NHL-Profis nun erneut auf eine Teilnahme verzichten müssen, war ein bisschen abzusehen. Zuerst mussten sie noch selbst eine Entscheidung treffen, dann hat die Corona-Situation mit den ganzen Spielabsagen das Ganze noch beschleunigt. Abgesehen davon gibt es auch in Europa viele, viele richtig gute Eishockey-Spieler, die mit Stolz ihr Land in Peking vertreten werden. Ein perfektes Beispiel ist die deutsche Mannschaft, die zuletzt beim Deutschland-Cup einen großen Willen gezeigt hat und dieses Turnier unbedingt gewinnen wollte. Was das Thema Corona/Olympische Spiele betrifft: Man sollte hier Vertrauen in den Verband haben, der sicherlich alles dafür tun wird, damit sich die Spieler und der Stab sicher fühlen

    Donnerstag gegen Grizzlys Wolfsburg: In seinem letzten Punktspiel des Jahres 2021 erwartet der ERC Ingolstadt am Donnerstag (19.30 Uhr) den amtierenden deutschen Vizemeister Grizzlys Wolfsburg. Während Angreifer Frederik Storm wieder gesund ist und in den Kader zurückkehrt, muss Headcoach Doug Shedden weiterhin auf den angeschlagenen Verteidiger Mat Bodie verzichten.

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