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ERC Ingolstadt: Tommy Samuelsson: Ein Abschied mit Stil

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Tommy Samuelsson: Ein Abschied mit Stil

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    Zeigte sich auch zuletzt überaus kämpferisch, konnte aber letztlich den Negativtrend mit dem ERC Ingolstadt nicht stoppen: Der am Dienstag beurlaubte Cheftrainer Tommy Samuelsson.
    Zeigte sich auch zuletzt überaus kämpferisch, konnte aber letztlich den Negativtrend mit dem ERC Ingolstadt nicht stoppen: Der am Dienstag beurlaubte Cheftrainer Tommy Samuelsson. Foto: Xaver Habermeier

    Die Nachricht von der Freistellung beim ERC Ingolstadt erreichte Tommy Samuelsson am Dienstagnachmittag in seiner schwedischen Heimat. Für den 57-Jährigen war es die erste Trennung eines Klubs während der Saison in seiner langjährigen Karriere. Trotz dieser schmerzlichen Erfahrung nahm sich Samuelsson ausführlich Zeit, um mit unserer Redaktion sowohl über die vergangenen Tage und Wochen als auch seine derzeitige Gefühlslage zu sprechen.

    Herr Samuelsson, als Sie am Sonntag nach der Partie gegen Iserlohn (1:4) in den Flieger nach Schweden gestiegen sind: Hatten Sie da schon eine gewisse Vorahnung oder Befürchtung, dass es zu dieser Beurlaubung kommen würde?

    Samuelsson: Wenn man lange genug in diesem Geschäft tätig ist und über einen gewissen Zeitraum der Erfolg ausbleibt, dann weiß man natürlich schon, was letztlich passieren kann. Als Trainer bist du auch während einer solchen Negativserie immer überzeugt, dass du den Turnaround schaffst. Du denkst schlichtweg jede Minute darüber nach, damit du diesen einen Punkt oder eine Idee findest, um den Umschwung zu schaffen. Wissen Sie, wenn man den Job eines Cheftrainers ergreift, dann darf man vor einer solchen Situation keine Angst haben, sondern muss sich ihr stellen. Ich habe in der Vergangenheit schon bei Organisationen gearbeitet, da hatte man an jedem Wochenende beziehungsweise in jeder Partie ungemein viel Druck. Damit muss man einfach umgehen können. Als Trainer kannst du nicht nur in der Sonne stehen, wenn es gut läuft. Du musst auch den Schatten und Regen ertragen.

    Können Sie in Ihrer Position als Trainer eine solche Entscheidung des Vereins, sprich eine Beurlaubung bei ausbleibendem Erfolg, nachvollziehen?

    Samuelsson: Ich spreche eigentlich nur über mich selbst beziehungsweise was ich persönlich kontrollieren kann. Natürlich bin ich enttäuscht, dass ich meine Arbeit nicht die ganze Saison ausführen kann. Was die andere Seite betrifft: Das muss ich als Coach einfach akzeptieren. Das ist nun mal so in unserem Leben.

    Sie sind mit dem ERC Ingolstadt erfolgreich in die Saison gestartet, mussten aber zuletzt sieben Niederlagen hintereinander hinnehmen. Können Sie sich erklären, warum das Team in eine solche Negativspirale hineingerutscht ist?

    Samuelsson: In unserem Sport gibt es keine einfache Antwort. Manchmal gewinnst du drei Spiele hintereinander, dann verlierst du die vier folgenden Partien – das hängt oftmals an Kleinigkeiten, die nur schwer zu erklären sind. Ich denke, wir haben im bisherigen Saisonverlauf das, was wir uns vorgenommen hatten, grundsätzlich gut umgesetzt. Wir hatten in den vergangenen Spielzeiten schlichtweg zu viele Gegentreffer bekommen. Deshalb war es unser erstes Ziel, in der Defensive ein solides Fundament zu legen. In den ersten 21 Saison-Partien lag unser Gegentorschnitt bei 2,4. Diese Bilanz hätte eigentlich zu mehr Punkten führen müssen. Auch in den zurückliegenden sechs Begegnungen, als wir ausschließlich Niederlagen hinnehmen mussten, haben wir bei „Fünf-gegen-Fünf“ nur 1,2 Gegentore bekommen. Ich glaube auch, dass wir in der Offensive genügend Chancen kreiert haben, um deutlich mehr Treffer zu erzielen. So hatten wir beispielsweise in jedem Match mehrere Alleingänge auf den gegnerischen Goalie.

    Die mangelnde Chancenverwertung sowie das schwächelnde Powerplay sind sicherlich die Hauptgründe für die aktuelle Misere. Handelt es sich in Ihren Augen um fehlendes Glück und mangelndes Selbstvertrauen, wenn die Scheibe kaum einmal über die Torlinie will oder ist es ein Stück weit doch auch fehlende Qualität?

    Samuelsson: Letztlich ist das eine Kopfsache. Wenn man bei „Fünf-gegen-Fünf“ nicht trifft, steigt der Druck im Powerplay. Umgekehrt ist es dann das Gleiche: Bist du in Überzahl nicht erfolgreich, musst du bei numerischer Gleichheit treffen – und der Druck wächst! Ich habe vorhin die Alleingänge schon angesprochen. Wenn es nicht läuft und du kein Selbstvertrauen hast, dann hast du in diesen Situationen unendlich viel Zeit zu übelegen. Ein Stürmer handelt jedoch in allererster Linie nach seinem Instinkt. Wenn dieser jedoch nicht mehr vorhanden ist, macht er Dinge, die für ihn untypisch sind und er verliert in der Regel seine Produktivität und Treffsicherheit. Wie gesagt, es gibt auf die Frage bezüglich der Gründe für eine solche Negativserie schlichtweg keine einfache Antwort.

    Während Ihrer Zeit beim ERC Ingolstadt gab es zwei Sportdirektoren: Jiri Ehrenberger (Saison 2016/2017) sowie zuletzt Larry Mitchell. Wie würden Sie speziell die Zusammenarbeit mit Mitchell beschreiben?

    Samuelsson: Absolut super! Bereits unser erstes Gespräch Ende März, nachdem Larry Mitchell vom ERC Ingolstadt verpflichtet wurde, war sehr offen und ehrlich. Daran hat sich auch in den darauffolgenden Wochen und Monaten überhaupt nichts geändert. Unsere Zusammenarbeit hat dementsprechend wirklich sehr gut funktioniert.

    Was nehmen Sie aus Ihrer über einjährigen Tätigkeit als Cheftrainer bei den Ingolstädter Panthern mit?

    Samuelsson: Ich bin der Meinung, dass man neue Personen kennenlernen und neue Aufgaben angehen muss, wenn man sich verbessern möchte. Ich bin daher sehr dankbar, dass ich beim ERC Ingolstadt die Chance bekommen habe, dort arbeiten zu dürfen. Alle Erfahrungen, die man im Leben macht, bedeuten mir sehr viel und bringen mich definitiv weiter. Das Entscheidende in unserem Geschäft ist: Man muss zwischen den Personen und dem Persönlichen auf der einen sowie der professionellen Ebene auf der anderen Seite immer trennen. Das ist für mich sehr wichtig.

    Was wird Ihnen besonders positiv im Gedächtnis bleiben?

    Samuelsson: In unserem Sport stehen zumeist nur die Trainer oder Spieler im Blickpunkt. Es gibt aber auch hinter dem Scheinwerferlicht viele fleißige Menschen wie beispielsweise unsere Betreuer, die jeden Tag hart arbeiten und einen erstklassigen Job machen. Bedanken möchte ich mich aber auch bei unseren Fans. Obwohl wir daheim nicht gerade eine Macht waren, haben sie uns immer großartig unterstützt. Da tut es schon weh, dass wir ihnen in der Saturn-Arena so wenig zurückgeben konnten.

    Sie haben sich – gerade auch im Umgang mit den Medien – stets als offener und ehrlicher Gesprächspartner gezeigt und dabei keine „Rolle“ gespielt. Wie wichtig ist Ihnen, vor allem auch in der täglichen Arbeit, diese Authentizität?

    Samuelsson: In meinen Augen ist das die einzige Chance, in diesem Job zu überleben. Als ich mit der Trainer-Tätigkeit begonnen habe, war das sozusagen mein Grundfundament. Für mich ist es nach wie vor enorm wichtig, dass es nicht den Trainer Tommy Samuelsson und den Menschen Tommy Samuelsson gibt. Ich sehe mich als eine Person, die für bestimmte Werte steht.

    Haben Sie denn bereits eine Vorstellung, wie die kommenden Tage, Wochen und Monate bei Ihnen aussehen werden?

    Samuelsson: Nun, diese Beurlaubung ist eine komplett neue Situation für mich. Auch wenn man nach der Partie in Iserlohn sicherlich weiß, dass es passieren könnte, ist es nochmals ein großer Unterschied, wenn es dann tatsächlich eintritt. Anstatt sich darüber Gedanken zu machen, beschäftigt man sich vielmehr mit der sportlichen Situation beziehungsweise möglichen Lösungs-Möglichkeiten. Ich werde jetzt am Wochenende nochmals nach Ingolstadt kommen, meine Sachen packen und mich sicherlich noch mit einigen Leuten treffen, um mich zu verabschieden. Was danach kommt, wird man sehen.

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