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ERC Ingolstadt: Greg Mauldin: „Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung“

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Greg Mauldin: „Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung“

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    Ob er sich nach seiner sportlichen Karriere eine Laufbahn als Politiker vorstellen kann? Panther-Stürmer Greg Mauldin (vorne) hat dazu eine klare Meinung.
    Ob er sich nach seiner sportlichen Karriere eine Laufbahn als Politiker vorstellen kann? Panther-Stürmer Greg Mauldin (vorne) hat dazu eine klare Meinung. Foto: Xaver Habermeier

    Wer die Möglichkeit hat, sich mit Greg Mauldin ausführlich zu unterhalten, der trifft auf einen Mann, der die Grenze zwischen Humor und Ernsthaftigkeit exakt zu kennen scheint. Der 35-jährige US-Boy ist immer für einen lockeren und witzigen Spruch zu haben, um im nächsten Augenblick nachdenklich, konzentriert und fokussiert zu wirken und zu antworten.

    Im Gespräch mit der Neuburger Rundschau äußert sich der erste dunkelhäutige Stürmer des ERC Ingolstadt in der DEL-Geschichte unter anderem über seine Eishockey-Anfänge, die Gründe für die wenigen Afro-Amerikaner im NHL, den „Pöbel-Attacken“ in seinem Heimatland USA zwischen Teilen des US-Profisports und Präsident Donald Trump sowie seine Erfahrungen mit Rassismus in Europa.

    Wenn Sie sich zurückerinnern: Was war für sie als kleiner Knirps der Grund, mit Eishockey zu beginnen?

    Mauldin: Nun, als ich sechs Jahre alt war, hat mich meine Mutter zu einem Wohltätigkeitsspiel mitgenommen, bei dem viele ehemalige Stars der Boston Bruins gegen Feuerwehrleute aus unserer Region auf dem Eis gestanden sind. Die Jungs haben damals eine richtige Show abgezogen. Sie haben beispielsweise Fußball mit den Pucks gespielt oder die Scheiben spektakulär durch die Luft fliegen lassen. Hinzu kam, dass ich erstmals in meinem Leben mit Eis in Berührung gekommen bin. Das hat mich derart beeindruckt, dass ich das Ganze einfach mal selbst ausprobieren wollte. Na ja, und heute bin ich hier (lacht).

    Was sehr auffällig ist, wenn man auf den US-Sport blickt: Es gibt sehr, sehr viele Afro-Amerikaner, die Football und Basketball betreiben, während die Anzahl beim Eishockey eher überschaubar ist. Woran liegt das?

    Mauldin: Ich denke, einer der Hauptgründe liegt darin, dass Eishockey einfach nicht so populär ist wie beispielsweise Football oder Basketball. Viele Afro-Amerikaner stammen eher aus dem südlichen Teil – und dort spielt Eishockey letztlich nur eine untergeordnete Rolle. Etwas nördlicher sieht es da schon ein bisschen anders aus. Ich hatte beispielsweise das Glück, dass in meiner Heimatstadt Boston Eishockey schon immer sehr präsent war. Mein großes Vorbild als Kind war damals der ebenfalls dunkelhäutige Mike Grier, der in

    Sie haben die NHL bereits angesprochen. Aktuell gibt es dort nur eine Handvoll dunkelhäutiger Spieler wie PK Subban (Nashville), Wayne Simmonds (Philadelphia), Evander Kane (Buffalo) oder Dustin Byfuglien (Winnipeg). Denken Sie, dass sich das in den kommenden fünf oder zehn Jahren ändern wird?

    Mauldin: Ja, ich bin sehr zuversichtlich, dass sich das in der Tat verändern könnte. Ich habe das bei Kindern, die ich während des Sommers trainiere, selbst gemerkt, dass Eishockey gerade auch bei dunkelhäutigen Kids immer populärer wird. Auf der anderen Seite darf man aber auch nicht vergessen, dass es mittlerweile unfassbar viele Sportarten und dementsprechend Angebote für den Nachwuchs gibt. In Kanada, wo Eishockey schon immer extrem beliebt ist, sehe ich dieses Problem weniger. In den Staaten dagegen ist die Konkurrenz mit Football, Basketball oder auch Baseball immens groß. Auch den demografischen Wandel muss man natürlich einbeziehen. Aber klar, je mehr dunkelhäutige Kinder wir für’s Eishockey begeistern können, um so größer sind die Chancen, dass wir mehr von ihnen in der NHL sehen. Dass das jedoch nicht über Nacht passieren wird, dessen bin ich mir schon auch bewusst.

    Lassen Sie uns zu einem aktuellen Thema in den USA kommen: Bereits seit einiger Zeit geht es zwischen Teilen des US-Profisports und Präsident Donald Trump oftmals mit wüsten Beleidigungen hin und her. Ursprung dieses Streits ist eine Aktion von Colin Kaepernick (ehemaliger Quarterback der San Francisco 49ers/NFL), der am 26. August 2016 bei einem Testspiel während der amerikanischen Nationalhymne als Zeichen des Protests gegen Rassismus und Polizeigewalt kniete. In diesen Tagen folgten nun zahlreiche

    Mauldin: (lacht und schüttelt gleichzeitig mehrfach mit dem Kopf) Nicht wirklich intensiv. Ich bin selbst bei Twitter und sehe dementsprechend auch die Tweets. In meinen Augen ist es besser, sich dazu nicht großartig zu äußern. Es ist einfach, wie es ist. Ich kümmere mich lieber um meine Probleme (lacht).

    Vielleicht etwas anders gefragt: Können Sie die Reaktionen der NFL-Akteure und Klubs sowie der NBA-Superstars wie Curry oder James nachvollziehen?

    Mauldin: Oh ja, natürlich. Jeder Mensch hat das Recht auf eine eigene Meinung beziehungsweise auch darauf, eine öffentliche Reaktion auf eine bestimmte Situation zu zeigen. Ich möchte das jetzt einfach mal so formulieren. (Überlegt) Haben Sie in diesem Zusammenhang vor wenigen Tagen die Aussagen von Gregg Popovich, dem Headcoach des NBA-Klubs San Antonio Spurs, mitbekommen?

    Ja. Popovich sagte unter anderem, die USA seien seit Trumps Amtsantritt eine „Peinlichkeit für die Welt“ geworden. Zudem bezeichnete er Trump als „wahnhaft“ und warf ihm vor, Angst zu schüren und ohne Grund „rassenhetzerisch“ zu agieren. Aber auch die „intelligenten Leute“, die den Präsidenten umgeben, ihm eigentlich kritisch gegenüberstünden, aber dessen Verhalten „einfach hinnehmen“, bereiten Popovich Sorgen...

    Mauldin: Wenn man sich das komplette Statement von Popovich anhört, dann hat er viele Dinge sehr deutlich angesprochen. Ich denke, dass diese Aussagen einfach für sich sprechen, ohne groß kommentiert werden zu müssen.

    Was denken Sie, wie groß der Einfluss des Spitzensports in den USA auf die Politik beziehungsweise Regierung ist?

    Mauldin: Das ist eine sehr gute Frage. Ich kann es sehr schlecht einschätzen, wie groß die Auswirkungen solcher Aussagen oder Aktionen von Spitzensportlern letztlich auf die Politiker sind. Fakt ist natürlich schon, dass in der Öffentlichkeit sehr viel darüber diskutiert wird, wenn beispielsweise NFL-Spieler während der Hymne knien oder in der Kabine bleiben. Wenn mit derartigen Diskussionen Prozesse zum Guten angeschoben werden, dann ist so etwas selbstverständlich immer positiv. Ob man damit aber tatsächlich einen echten Einfluss auf die Politik hat? Ich weiß es nicht.

    Sie absolvieren mittlerweile ihre siebte Saison in Europa! Sind Sie während Ihrer Zeit in Schweden (Oskarshamn/Huddinge), der Schweiz (Fribourg) oder jetzt in Deutschland mit Rassismus in Berührung gekommen?

    Mauldin: Nein, glücklicherweise nicht. Es gab zwar mal eine Situation in Schweden, als ein wohl angetrunkener Fan etwas in diese Richtung gesagt hat. Obwohl ich es nicht verstanden habe, kamen nach der Partie sowohl meine Mit- als auch Gegenspieler zu mir und haben sich dafür entschuldigt. Aber ansonsten? Nein, überhaupt nicht. Wenn man noch jung ist, kann so etwas sicher öfter passieren. Später im Profi-Bereich wirst du wahrscheinlich vor allem „nur“ als Spieler wahrgenommen.

    Abschließend noch eine Zukunftsfrage: Könnten Sie sich vorstellen, nach Ihrer Karriere als Politiker zu arbeiten?

    Mauldin: (lacht) Um Gottes Willen, nein! Ich kann mir wahrhaftig vieles vorstellen – aber keinen Job hinter dem Schreibtisch! Es sollte auf alle Fälle eine aktive Tätigkeit sein. Ob das dann weiter im Eishockey-Business, einem anderen sportlichen Bereich oder auch außerhalb des Sports der Fall sein wird, wird man sehen.

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