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ERC Ingolstadt: Erlösung beim ERC Ingolstadt: Endlich Eiszeit

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Erlösung beim ERC Ingolstadt: Endlich Eiszeit

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    Das Warten hat wohl bald ein Ende: Der ERC Ingolstadt hat beschlossen, an einer möglichen DEL-Saison 2020/21 teilnehmen zu wollen. Trainer Doug Shedden (hinten) wird am Samstag nach Deutschland fliegen, um bald mit seiner Mannschaft in die Vorbereitung zu starten.
    Das Warten hat wohl bald ein Ende: Der ERC Ingolstadt hat beschlossen, an einer möglichen DEL-Saison 2020/21 teilnehmen zu wollen. Trainer Doug Shedden (hinten) wird am Samstag nach Deutschland fliegen, um bald mit seiner Mannschaft in die Vorbereitung zu starten. Foto: Johannes Traub

    Eigentlich hat der ERC Ingolstadt seinen großen Coup bereits am Vortag verraten. Da stellte der Verein auf der Homepage seinen eigenen Adventskalender vor. Nun war denen, die es in Ingolstadt mit dem Eishockey halten, lange nicht nach wohliger Weihnachtlichkeit zumute. Während landauf, landab die meisten Klubs der Deutschen

    Aber klar, ein Adventskalender ohne großes Türchen, ohne Bescherung am Ende, was macht das für einen Sinn? Am gestrigen Dienstag kam der Eishockey-Herrgott dann tatsächlich verfrüht nach Ingolstadt: Sollte die DEL sich bei ihrer außerordentlichen Gesellschaftersitzung am 19. November für einen Spielbetrieb entscheiden (was intern als gesichert gilt), wird der ERC mit von der Partie sein. Gewissheit nach wochenlangem Zittern. „Grünes Licht aus Ingolstadt“, überschrieb der Klub seine entsprechende Pressemitteilung.

    ERC Ingolstadt: Verein meldet Vollzug

    Es war ein Beschluss, gereift nach langen Verhandlungen, finalisiert Ende vergangener Woche in einer extra einberufenen Beiratssitzung des Klubs. Lange hatte Ingolstadt zu den Wackelkandidaten für eine wie auch immer geartete Saison gegolten. Jetzt spricht Geschäftsführer Claus Liedy „vom zweitschönsten Tag“ seiner sieben Monate beim ERCI, nur getoppt vom Moment der Vertragsunterschrift. „Wir arbeiten täglich dafür, dass in Ingolstadt erstklassiges Eishockey gespielt werden kann. Dass wir diese Entscheidung treffen konnten, ist eine große Erleichterung.“

    Dass es zuletzt immer besser aussah mit einem Saisonstart, war vergangene Woche durchgedrungen. Sportdirektor Larry Mitchell hatte das im persönlichen Gespräch am Freitagabend auch noch mal bestätigt. Jetzt konnte der Verein Vollzug melden. Das Gerüst, auf dem die Panther in die neue Spielzeit gehen wollen, fußt auf drei Säulen: Erstens, einem weiteren Gehaltsverzicht aller Angestellten. Bereits im Sommer hatten sich die DEL-Klubs nach langem Ringen mit ihren Akteuren auf eine 25-prozentige Gehaltsstundung geeinigt. Jetzt wurde angesichts der verschärften Lage nochmals nachverhandelt. In Köln und Mannheim ist von erheblichen Einbußen bis zu 60 Prozent die Rede. Solche Details wollte Liedy nicht verraten: „Natürlich ist der Spieleretat der größte Posten in unserem Budget – insofern haben die Spieler da einen großen Anteil.“

    Claus Liedy, Geschäftsführer des ERC Ingolstadt.
    Claus Liedy, Geschäftsführer des ERC Ingolstadt. Foto: ERC Ingolstadt

    Zweite Säule: die Geldgeber, also Sponsoren und Gesellschafter. Besonders der Abgang des drittgrößten Sponsors Edeka wegen eines Liga-Deals mit Konkurrent Penny schmerzte die Panther. Dem Vernehmen nach schuf es ein Loch von 200.000 Euro. Insgesamt aber, sagt Liedy, würden dem ERC „bis auf ganz wenige Ausnahmen alle Sponsoren die Treue halten. Das ist für uns das alles Entscheidende, dass neben den Zuschauereinnahmen nicht noch mehr Einnahmen wegbrechen.“ Mit Eishockey vor Zuschauern rechnet in naher Zukunft nämlich niemand.

    Drittens, die Politik. Die Bundesregierung schnürte ein 200-Millionen-Euro dickes Corona-Förderbündel für den Profisport. Ein Verein könnte bis zu 800.000 Euro bekommen. Während mehrere DEL-Klubs die Hilfe schon bewilligt bekommen haben, warten sie in Ingolstadt noch auf den Bescheid. „Aber wir sind guter Dinge“, sagt Liedy.

    ERC Ingolstadt nimmt nicht an Vorbereitungsturnier teil

    Und so kann – nachdem in den jüngsten Wochen an all diesen Schrauben gedreht wurde – die Maschinerie des Eishockeyklubs langsam wieder anlaufen. Das Trainieren ins Nichts hinein und der neidvolle Blick auf die startbereite Konkurrenz haben nun ein Ende. Es wartet ein Mammutprogramm. Die DEL startet aller Voraussicht nach am 18. Dezember, wozu nach Informationen unserer Zeitung die meisten Vereine bereit wären. Bereits unter Vertrag stehende Panther-Spieler sollen alsbald aus der Kurzarbeit – ob voll oder nur teilweise steht noch nicht fest – und aufs Eis. Testspiele sollen – so der Plan – gegen die bayerische Konkurrenz ausgetragen werden. Nürnberg wird wie der ERC sicher starten, aber nicht am Vorbereitungsturnier der

    Und dann wäre da noch die Sache mit dem Kader. „Ich muss schon zugeben, dass ich oft nachts ins Bett gehe und mir darüber den Kopf zerbreche, wie ich noch sechs Spieler verpflichte“, hatte Larry Mitchell vor eineinhalb Wochen im Gespräch mit unserer Zeitung gesagt. Nachdem inzwischen Reimer und Sullivan ihre Karriere beendet haben und Kichton nicht nach Ingolstadt wechseln wird, fehlen plötzlich neun Spieler. „Es liegt auf der Hand, dass es sicherlich nicht leichter geworden ist“, sagt Mitchell nun. Optimistisch gibt er sich dennoch: „Ich hatte bereits jeden Tag viele Gespräche mit Spielerberatern und teilweise auch Spielern. Das wird sich in verstärkter Form fortsetzen.“ Direkt in den ersten Stunden nach der Pressemitteilung über die Teilnahme des ERC an der DEL-Saison habe sein Telefon „ständig geklingelt, was ich sehr positiv bewerte“.

    Sportdirektor Larry Mitchell.
    Sportdirektor Larry Mitchell. Foto: Johannes TRAUB / JT-Presse.de

    Er werde „ab und zu versuchen zu schlafen und in der Früh wieder loszulegen“, sagt Mitchell mit einem Schmunzeln über den anstehenden Arbeitsaufwand. „Ich habe mir überlegt, ob ich ein Bett in der Geschäftsstelle aufstelle. Ganz so weit bin ich aber noch nicht.“ Die Zusammenstellung eines schlagkräftigen Kaders gleicht dabei eher einem Marathon denn einem Sprint. „Es wird nicht passieren, dass wir alle neun Spieler in den nächsten ein, zwei Tagen verpflichten. Wir werden die freien Plätze nach und nach besetzen und wollen den Kader zum Saisonstart beisammen haben.“

    ERC Ingolstadt: Larry Mitchell führt viele Gespräche

    Mit lukrativen Verträgen und hohen Gehältern wird Mitchell seine Wunschspieler nicht überzeugen können, weshalb der Sportdirektor auf weiche Faktoren setzt. Zwei Dinge seien in den Verhandlungen von entscheidender Bedeutung: „Zum einen zählt, dass die Akteure überhaupt spielen dürfen, denn alle spielen leidenschaftlich gerne Eishockey.“ Zum anderen, so Mitchell weiter, muss an die Zukunft gedacht werden: „Die Spieler können sich in der DEL präsentieren statt auf der Couch zu sitzen.“ Das erhöhe die Chance, sich für einen „normalen Vertrag“ in Zeiten nach Corona zu empfehlen.

    Argumente, die er auch bei der Suche nach einem zweiten Torhüter in die Waagschale werfen wird. Denn nach dem Abgang von Reimer steht mit Michael Garteig lediglich ein Goalie zur Verfügung. Plan A, so Mitchell, sehe vor, einen deutschen Torhüter zu verpflichten. Zur Not müsse die „außergewöhnliche Maßnahme“ getroffen werden, einen zweiten ausländischen Goalie unter Vertrag zu nehmen. Eigengewächs Jonas Stettmer spielt in den Überlegungen indes eine Nebenrolle. „Wir haben einen klaren Plan mit ihm. Vorige Saison sollte er in der DNL 2 spielen und mit unseren Profis trainieren. In dieser Spielzeit soll er im Profi-Eishockey Fuß fassen und in Rosenheim in der Oberliga viel Spielzeit erhalten. Daran wollen wir festhalten.“

    Am Morgen der frohen Botschaft geht Doug Shedden – natürlich – erst mal golfen. Eigentlich sollte Hurricane Eta im Südwesten Floridas, wo der ERC-Trainer im Sommer lebt, am Montag einschlagen. Die Sheddens haben die Schotten schon dichtgemacht. Eta ist dann doch nach Norden abgedriftet. „Wir hatten Glück“, sagt Shedden. Seine Gesamtsituation gerade: ziemlich zufriedenstellend.

    Er kann sich noch an das genaue Datum erinnern, damals im März, als er Ingolstadt verlassen hat. Wegen eines ligaweiten Transferstopps herrschte lange Funkstille. Shedden spielte mit dem Gedanken, nicht mehr nach Europa zurückzukehren. Im September dann einigte er sich mit den Panthern auf einen neuen Vertrag. Zwei Monate später die endgültige Rückkehr.

    ERC Ingolstadt: Doug Shedden fliegt am Samstag nach Deutschland

    „Ich freue mich wirklich, dass es wieder losgeht. Die Welt muss sich ja weiterdrehen“, sagt er. „Es waren lange acht Monate.“ Und in denen hat sich der wortstarke Kanadier nicht verändert. Auf die Frage, wie leicht oder schwer ihm ein weiterer Gehaltsverzicht gefallen sei, antwortet er in Shedden’scher Trockenheit: „Dieses Jahr geht es nicht darum, wie viel Geld auf deinem Konto landet, sondern ob du das Spiel liebst oder nicht. Es ist eine schwierige Situation. Aber man darf nicht nur auf dem Negativen beharren. Lass uns da raus gehen, hart arbeiten und Spaß haben!“

    Der Coach erwartet eine ungewöhnliche Vorbereitung: „Die Trainingsgruppe aus Ingolstadt wird den Importspielern, die man jetzt verpflichtet, in Sachen Fitness wohl weit voraus sein.“ Da könne man nicht zu früh über das System sprechen. Erst mal Muskeln auflockern, Vertrauen in die Hände kriegen, den Tritt im Schlittschuh finden. Denn: „Das letzte, was wir uns erlauben können, ist, Spieler wegen Zerrungen zu verlieren.

    Schon diesen Samstag wird Shedden nach Deutschland fliegen und dann – wie Garteig, Justin Feser und die verbleibenden Neuzugänge aus Übersee – erst mal für fünf Tage in Quarantäne müssen. „Ich werde verrückt werden!“, ächzt er. „Aber danach will ich einfach wieder in meine Routine kommen, jeden Tag zur Halle fahren und mit 23 Jungs arbeiten.“

    Bei aller Freude steht dennoch fest: Es wird ein gewöhnungsbedürftiges Eishockeyjahr bleiben. Kein hüpfender Fanblock, keine Autogrammstunden, kein ekstatischer Jubel, keine Sportsbar, kein nichts. Und doch können die Panther-Anhänger ihren Verein unterstützen – „nicht im wörtlichen Sinne von Spenden, aber über den Umgang mit der Dauerkarte und in Verbindung mit Fanpaketen. Es wird unterschiedliche Möglichkeiten geben, sodass jeder Geldbeutel ein für sich passendes Arrangement finden wird“, verrät Liedy. Weiteres werde in den nächsten ein, zwei Tagen kommuniziert werden. Letzte Details stünden aktuell noch nicht fest.

    Die Social-Media-Seiten schäumten derweil über vor Fanfreude. Viele signalisierten bereits ihre Bereitschaft zur Unterstützung. Der neue Panther-Adventskalender war da bereits lange vergessen.

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