Individuelle Fehler gegen kühle finnische Effizienz - Deutschlands Eishockey-Cracks bleibt nach dem verpassten WM-Finale nun noch die Chance auf die erste WM-Medaille seit 68 Jahren. Das Team von Bundestrainer Toni Söderholm verlor am Samstag das erste WM-Halbfinale seit elf Jahren gegen dessen Heimatland Finnland knapp mit 1:2 (0:2, 1:0, 0:0). Auch mit die beste Leistung der erneut leidenschaftlich kämpfenden deutschen Mannschaft in diesem Turnier reichte nicht zum Überraschungserfolg, weil unter anderem auch der bislang so sichere Torhüter Mathias Niederberger entscheidend patzte.
Ein Überzahltreffer von Mannheims Matthias Plachta (32. Minute) war zu wenig für das stark aufspielende deutsche Team, das zu verschwenderisch mit den eigenen Chancen umging. Für den gnadenlosen dreimaligen Weltmeister Finnland trafen Iiro Pakarinen (14.) von Jokerit Helsinki und Hannes Björninen (19.) von Pelicans Lahti. Bereits in der Vorrunde hatte Deutschland gegen die Heimat von Bundestrainer Söderholm, dessen Co-Trainer Ville Peltonen und Torwarttrainer Ilpo Kauhanen knapp 1:2 verloren.
Am Sonntag tritt Deutschland im Spiel um die Bronzemedaille gegen die USA (14.15 Uhr/Sport1) an und kann dann immer noch das beste Abschneiden bei einer Weltmeisterschaft seit 1953 erreichen. Damals hatte die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bunds bei allerdings nur drei Teilnehmern in der Endabrechnung Silber gewonnen, nachdem die Tschechoslowakei vorzeitig abgereist war. 2010 bei der Heim-WM war das DEB-Team am Ende Vierter geworden. Finnland hat am Sonntagabend (19.15 Uhr) gegen Kanada die Chance zur Titelverteidigung.
Deutsches Team auf Augenhöhe mit dem Weltmeister
"Deutschland wird heute ein sehr unangenehmer Gegner für die Finnen sein", hatte Söderholm vor dem Halbfinale bei Sport1 gesagt. Und tatsächlich war die DEB-Auswahl nicht nur ebenbürtig, sondern zu Beginn besser im Spiel als der Favorit. Im ersten Drittel gehörten ihr die größeren Chancen, die aber ungenutzt blieben.
Der dreimalige Weltmeister kam wie aus dem Nichts zur Führung. Ausgerechnet der bislang so starke Niederberger patzte bei einem harmlosen Schuss von Pakarinen und ließ die Scheibe durch die Beine ins Tor gleiten. Björninen erhöhte kurz vor der ersten Pause gar zum 2:0, nachdem ihm eine abprallende Scheibe nach einem unsauberen Pass von Lukas Reichel auf Moritz Seider in den Lauf gefallen war. "Die Tore waren richtig unnötig", schimpfte NHL-Stürmer Dominik Kahun. "Ich glaube auf jeden Fall, dass wir die bessere Mannschaft sind."
Dass das deutsche Team ohne individuelle Fehler mindestens auf Augenhöhe agierte, bewies es im Mittelabschnitt, in dem ein Tor in Überzahl durch Plachta gelang. Das deutsche Powerplay war zuvor im Turnier vollkommen ungefährlich gewesen. Hoffnungen kamen auf, wie im Viertelfinale gegen die Schweiz ein 0:2 noch zu drehen. Im Schlussdrittel machte Deutschland noch einmal Druck und war nun drückend überlegen. Ein später Ausgleich fiel diesmal aber nicht.
Eishockey-WM: Absolute Top-Stars fehlen
Trotz der erneuten Halbfinal-Niederlage - 2010 hatte Deutschland in Köln gegen Russland 1:2 verloren - ist die WM schon jetzt ein Erfolg und bestätigt die olympische Silbermedaille von Pyeongchang. Söderholm, der Nachfolger von Marco Sturm, war 2019 bei seiner ersten WM als Bundestrainer mit seinem Team im Viertelfinale an Tschechien (1:5) gescheitert und hatte fortan das Ziel ausgegeben, künftig auch gegen die Top-Nationen bestehen zu wollen. Vor allem bei diesem Turnier, das aufgrund der Coronavirus-Pandemie unter besonderen Umständen in einer Blase und ohne die absoluten Top-Stars steigt, hatte sich Söderholm Chancen auf eine Überraschung ausgerechnet.
"Es kommt näher und näher, dass eine deutsche Nationalmannschaft ein Halbfinale spielt", hatte Söderholm vor dem WM im Interview der Deutschen Presse-Agentur angesichts der Entwicklung im deutschen Eishockey gesagt - und Recht behalten. Durch den Einzug in die Vorschlussrunde festigte Deutschland in der für den WM-Spielplan und die Olympia-Qualifikationen wichtigen Weltrangliste Platz sieben und vergrößert den Vorsprung vor dem Erzrivalen Schweiz. (dpa)
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