Keine Fangesänge, gedämpfte Musik – an diesem Abend herrscht schon während des Aufwärmens der Mannschaften eine ganz besondere Atmosphäre im Curt-Frenzel-Stadion. Dort, wo sie an einem normalen Spieltag die Lautsprecher so weit aufdrehen, dass die Sitze im Rhythmus vibrieren. Wo die Profis sonst immer durch ein riesiges Panthermaul einlaufen, umhüllt von Nebelschwaden, Flammen.
An diesem Dienstag: nichts davon. Acht Minuten vor Beginn des Spiels gegen die Düsseldorfer EG liest Hallensprecher Ingo Weighardt eine Erklärung vor. Sagt, dass die Mannschaft das Prozedere festgelegt habe, mit dem sie an Johnson erinnern will. Die Vorstellung der einzelnen Spieler entfällt. Nur ein Name soll an diesem Abend gerufen werden. In der Mitte der Eisfläche steht einsam ein schwarz verhülltes Podest.
Augsburger Panther und Düsseldorfer EG würdigen verstorbenen Spieler Adam Johnson
Beide Mannschaften und die Schiedsrichter kommen unter Applaus aufs Eis und stellen sich um den Mittelkreis auf. Der Hallensprecher kündigt Adam Johnson an. Das Publikum ruft dessen Nachnamen. Ein letztes Mal. In der Nacht zu Sonntag ist der 29-Jährige gestorben. Während eines Spiels für seinen neuen Klub Nottingham Panthers hatte er sich bei einem Zusammenstoß tödliche Halsverletzungen zugezogen. Sein Tod hat Schockwellen durch die gesamte Eishockeywelt geschickt.
Johnsons AEV-Mannschaftskollegen aus der vergangenen Saison betreten das Eis. Dennis Endras und Phil Varone von der Düsseldorfer EG tragen das Trikot mit der 27 und legen es auf das Podest. Ein Scheinwerfer beleuchtet die Szene. Der Rest der Halle liegt im Dunkeln. Oben auf dem Videowürfel laufen Szenen aus Johnsons Karriere. Sein NHL-Tor, Erfolge im Augsburger Trikot, Interview-Schnipsel. Johnson, ein ruhiger, junger Mann, der leise sprach und dabei meist ein zurückhaltendes Lächeln auf den Lippen trug. Weighardt liest Johnsons sportliche Stationen vor. Dann ein letzter Applaus. Ein würdiger Abschied. Und jetzt?
Erst Gedenken, dann Eishockey-Spiel: Rückkehr in den Alltag
Die Beleuchtung fährt hoch und taucht alles in gleißendes Licht. Es ist der Moment, in dem die Spieler den Schalter umlegen müssen, wie sie es im Profi-Sport so gerne sagen. Das Spiel muss weiter gehen, egal unter welchen Rahmenbedingungen das auch sein mag. Kurz vor dem ersten Bully ruft Panther-Trainer Christof Kreutzer noch einmal alle seine Spieler auf der Bank zusammen. Sagt ein paar eindringliche Worte. Dann: Bully. Es wird Eishockey gespielt. Im Gedenken an Adam Johnson. Es ist der Versuch einer Rückkehr in eine Art Alltag. Auf dem Videowürfel wird bald schon der Fanartikel des Tages, eine Wollmütze mit AEV-Logo, eingeblendet. Und doch könnte Johnsons Tod in all seiner Tragik etwas bewirkt haben. Die DEL diskutiert über eine Pflicht zum Tragen eines Halsschutzes, der bisher zwar empfohlen, aber kaum genutzt war. Ein Großteil der Panther-Profis hatte sich an diesem Dienstagabend dafür entschieden.
Als Samuel Soramies die Panther in Führung schießt (7.) ist auch die Kulisse wieder da. Das hatte sich die Mannschaft ausdrücklich gewünscht. Sportlich liefert sie momentan allen Grund zur Freude. Gegen den Tabellenletzten sind die Panther im ersten Drittel klar überlegen, verpassen es aber, ihre Chancen in weitere Tore umzumünzen. Genauso geht es nach der Pause weiter. Selbst aus besten Positionen vergeben die Augsburger Stürmer geradezu fahrlässig. Zack Mitchell kommt einem Treffer noch am nächsten, er trifft den Pfosten.
Die Augsburger lassen sich von Rückschlägen nicht beeindrucken
Düsseldorf bestraft diese Nachlässigkeiten. Alec McCrea gleicht erst zum 1:1 aus (34.), nur 35 Sekunden später bringt Kenny Agostino die Gäste gar in Führung (34.). Der Spielverlauf bis dahin ist auf den Kopf gestellt. Doch es gehört zu den Eigenschaften der Panther-Mannschaft in dieser Saison, dass sie sich von Rückschlägen kaum beeindrucken lässt. Luke Esposito gleicht sehenswert zum 2:2 aus (36.). Doch Düsseldorf hat eine schnelle Antwort parat. Genau eine Minute ist im letzten Drittel gespielt, als Agostino mit seinem zweiten Tor des Abends die Gäste erneut in Front bringt (42.).
In der Folge zeigt sich, dass das Überzahlspiel der Panther derzeit eine Baustelle ist. Und auch die Finnen-Reihe, so fulminant in die Saison gestartet, hat Ladehemmung. Daran ändert sich in der Schlussphase nichts mehr. So endet dieser Abend des Abschieds von Adam Johnson mit einer Niederlage, die zu den unnötigeren gehört und deren Schlusspunkt Varone mit dem 2:4 ins leere Augsburger Tor setzte (60.).
Augsburg Keller – Schüle, Rantakari; Köhler, Sacher; Renner, Sezemsky; van der Linde – Puempel, Esposito, Mitchell; Hakulinen, Soramies, Karjalainen; Trevelyan, Collins, Hanke; Flaake, Oblinger, Elias
Tore 1:0 Soramies (7.), 1:1 McCrea (34.), 1:2 Agostino (34.), 2:2 Esposito (36.), 2:3 Agostino (42.), 2:4 Varone (60.)
Zuschauer 5667