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Panther-Trainer Suikkanen: „Ich sage jedem Spieler meine Meinung ins Gesicht“

Interview

Panther-Trainer: „Ich sage jedem Spieler meine Meinung ins Gesicht“

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    Seit sechs Wochen trainiert Kai Suikkanen die Augsburger Panther. Mit einer Stoppuhr in der rechten Hand stoppt der 63-jährige Finne die Einsatzzeiten seiner Sturmreihen.
    Seit sechs Wochen trainiert Kai Suikkanen die Augsburger Panther. Mit einer Stoppuhr in der rechten Hand stoppt der 63-jährige Finne die Einsatzzeiten seiner Sturmreihen. Foto: Siegfried Kerpf

    Auf einer Skala von null bis zehn, von schwierig bis perfekt, wo würden Sie die Augsburger Panther als Team einsortieren?
    KAI SUIKKANEN: Schwer zu beantworten. Ich bin erst kurz da. Ich kann wohl einiges besser machen, auch die Mannschaft. Aber wenn es läuft, sieht alles rosig aus. Dann leuchtet sogar die Sonne heller. Wenn du andauernd verlierst, fühlt sich alles schlecht an. Über die Stadt kann ich nicht viel sagen, weil ich morgens ins Stadion komme und abends nach Hause gehe. Dazwischen liegt viel Arbeit. Als ich hierherkam, war ich überzeugt, dass ich das Blatt wenden kann. Nach ein paar Spielen dachte ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Aber die eng verlorenen Spiele und verspielten Führungen haben der Mannschaft komplett das Selbstvertrauen und einige Punkte gekostet. Nur weil wir auf Platz 14 stehen, ist nicht alles schlecht in Augsburg.

    Ihre Aufgabe ist es, die Panther vor dem Abstieg zu bewahren. Ist es schwieriger als gedacht?
    SUIKKANEN: Ja, schon. Ich bin gewiss nicht der beste Trainer der Welt. Aber ich habe das eine oder andere Mal bewiesen, dass ich ein Team entwickeln kann. Ich habe eine Idee, auch wenn es die Resultate im Augenblick nicht zeigen. Wenn man das Spiel ansieht, ist eine Entwicklung zu sehen. Wir haben angefangen, mehr Tore zu schießen, dafür schnappen wir wieder mehr. Wenn ein neuer Trainer kommt, kann er oft noch auf der einen oder anderen Position einen Spielertypen holen, von dem er glaubt, dass er der Mannschaft weiterhilft. Und so, Schritt für Schritt, das Gebäude neu aufbauen. Aber Spieler mit den Qualitäten, wie wir sie benötigten, waren nicht auf dem Markt. Wenn man auch nicht punktuell die Mannschaft verbessern kann, wird es schwierig, seine Ideen umzusetzen. Das ist keine Kritik an den Spielern, die hier sind. Sie versuchen alles und geben nicht auf. 

    Nach 46 von 56 Spieltagen rangieren die Panther auf dem 14. und vorletzten Platz. Gibt die Tabelle den Leistungsstand wieder?
    SUIKKANEN: Nach vier oder fünf Spielen kann man fehlendes Glück, die Schiedsrichter oder Verletzungen anführen. Aber nach so vielen Spieltagen erzählt die Tabelle die Wahrheit. Jeder muss sich fragen: Habe ich genug getan jeden Tag, um die Mannschaft besser zu machen? Ich bin der Erste, der sich hinterfragt. Vielleicht habe ich dem Spieler nicht oft genug gesagt, was er zu tun hat. Vielleicht müssen wir es noch öfter üben. Als ich Jaroslawl in der KHL trainiert habe, hatten wir einen Präsidenten, der nach jeder Niederlage am nächsten Morgen eine Mannschaftssitzung angesetzt hat. Dann wollte er wissen: Wer ist schuld? Ein Stürmer, ein Verteidiger, der Torwart? Er wollte einen Sündenbock haben. Dann war er glücklich. Aber uns hat es nicht geholfen. Das funktioniert nicht.

    Fehlt letztendlich der Mannschaft die Qualität?
    SUIKKANEN: Nach bald 50 Spielen hat der Tabellenstand Aussagekraft. Dazu kommt, dass man hier innerhalb eines Jahres – mich eingeschlossen – mit vier Trainern gearbeitet hat. Nach sechs Wochen in Augsburg erlaube ich mir kein Urteil über die Organisation der Panther. Das wäre vermessen, ich konzentriere mich auf meine Arbeit. Ja, wir haben auch unter meiner Führung nicht genügend Punkte geholt, um da unten rauszukommen. 

    Der Mannschaft machen Sie keine Vorwürfe?
    SUIKKANEN: Nein, sie geben und probieren alles. Jetzt könnte man sagen: Wenn ich wirklich alles reinwerfe und bis zum letzten Augenblick kämpfe, dann erreiche ich mein Ziel. Das funktioniert nicht immer. Ein mittelmäßiger Boxer kann sich noch so sehr reinhängen. Gegen Mike Tyson zieht er normalerweise den Kürzeren.

    Finnischen Trainern eilt der Ruf voraus, dass sie für defensives Hockey stehen. Sie auch?
    SUIKKANEN: Ich wurde dafür früher ebenfalls kritisiert, dass ich ein zu defensives System spielen lasse. Sogar wenn wir gewonnen haben, hat man mir vorgeworfen, dass ich zunächst Tore verhindern will. So gewinnt man Hockey-Spiele. Als ich nach Augsburg gekommen bin, habe ich das geändert. Nach dem Studium der Statistiken und Videos habe ich gesehen, dass diese Mannschaft nicht viele Tore zugelassen hat. Aber sie hat auch zu wenig geschossen. Sie haben gut verteidigt, aber einmal in Scheibenbesitz, ist nach vorn nichts passiert. Das habe ich versucht zu ändern, mit mehr Kreativität nach vorn. Denn meine Ansicht ist: Die Mannschaft in Puckbesitz kontrolliert das Spiel.

    Zehn Partien stehen noch aus, und die Lage ist festgefahren. Sowohl der Rückstand zu den Eisbären Berlin auf Rang 13 als auch der Vorsprung vor dem Tabellenletzten Bietigheim sind groß. Mit welchem Ziel gehen die Panther in den Saisonendspurt, der mit dem Heimspiel am Sonntag gegen Wolfsburg beginnt?
    SUIKKANEN: Ich unterteile jede Saison in Sektoren von etwa zehn Spielen. Mit dem 2:4 in Berlin ist ein Abschnitt mit neun Partien zu Ende gegangen. Ich bereite gerade die nächste größere Teamsitzung vor (Suikkanen sitzt am Vormittag allein in seinem Trainerbüro am Computer, als das Interview geführt wird. Die Umkleide ist leer./Anm. d. Red.). In der Sitzung wird es Gruppenarbeiten geben. Eine Einheit muss unser Ziel definieren; die nächste, wie wir sie erreichen wollen; wieder die nächste, welche Widerstände wir überwinden müssen. Das erarbeiten wir gemeinsam. Grundsätzlich will ich sagen: Wunder geschehen immer wieder. Aber weil sie so selten passieren, nennt man sie Wunder. Wahrscheinlich müssten wir neun unserer letzten zehn Spiele gewinnen, um

    Sehen Sie nicht die Gefahr, auf den direkten Abstiegsplatz 15 zu rutschen?
    SUIKKANEN: Eines der Ziele ist, dass das nicht passiert. Wir gehen in jedes Match, um zu gewinnen. Wir werden unsere Punkte sammeln. Wir hatten wirklich große Probleme gegen München oder Ingolstadt, aber alle anderen Partien waren richtig eng. Bietigheim hat bislang einen Quotienten von etwa 0,7 Punkten pro Spiel. Werden sie nun jedes Spiel gewinnen? Ich denke nicht. Es liegen nur noch drei Wochen vor uns. Das ist eine kurze Spanne im Leben, aber wir können sie nutzen, um die Saison stark zu beenden. Das ist unser Ziel.

    Wie finden Sie die Regelung, dass der 14. der Deutschen Eishockey Liga mindestens bis Ende April, bis zum Ende der Play-offs in der DEL 2, warten muss, bis er weiß, in welcher Liga er künftig antritt?
    SUIKKANEN: Als ich es erfahren habe, war mein erster Gedanke: Das ist doch komplett verrückt. Wie soll man unter solchen Bedingungen eine Mannschaft zusammenstellen?

    Sie haben nach den jüngsten Niederlagen ihre Mannschaft mit deutlichen Worten kritisiert. Nehmen ihre Spieler Ihnen das nicht übel?
    SUIKKANEN: Ich sage ihnen das auch ins Gesicht. Ich bin ehrlich, und dazu stehe ich. Wenn meine Spieler keine Checks fahren, wenn sie nicht in die Zweikämpfe gehen, wo es schmerzhaft werden kann, wenn sie nicht mit aller Macht um den Puck kämpfen, dann nehme ich mir heraus, meine Mannschaft unmissverständlich zu kritisieren. Wer mit Kritik nicht umgehen kann, ist im Profisport an der falschen Stelle. Ich sage jedem Spieler meine Meinung ins Gesicht und fange nicht an, an ihm herumzumotzen, wenn er den Raum verlassen hat.

    Wie erholen Sie sich in Ihrer Freizeit?
    SUIKKANEN: Ich mag lange Spaziergänge in der Natur, um den Kopf freizubekommen. Hier in Augsburg kenne ich leider bisher nur einen Weg: von meiner Wohnung ins Eisstadion und zurück. Den größten Teil des Tages verbringe ich hier. Ansonsten liebe ich es, Bücher zu lesen. Ich schaue wenig Fernsehen. Und wenn, dann schaue ich ein wenig Fußball, nur keine Eishockeyspiele. Denn dann würde ich wieder anfangen, Spielzüge zu analysieren – und das ist Arbeit.

    Wofür benutzen Sie, während sie hinter der Bande stehen und die Mannschaft coachen, die Stoppuhr in Ihrer rechten Hand?
    SUIKKANEN: Damit stoppe ich die Einsatzzeiten einer Sturmreihe. Mir schießen so viele Gedanken durch den Kopf, da kann man mal den Überblick verlieren, wie lange eine Reihe auf dem Eis steht. Deshalb stoppe ich die Zeit. Das läuft automatisch bei mir.

    Wie lange ist die ideale Einsatzzeit?
    SUIKKANEN: Das kommt darauf an, ob es Unterbrechungen gibt. Zwischen 30 und 45 Sekunden gilt als optimale Länge. Niemals sollte es über eine Minute gehen.

    Zur Person

    Kai Suikkanen, 63, ist seit Dezember 2022 Trainer der Augsburger Panther.

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