Während die Play-offs um die deutsche Meisterschaft noch laufen und mit den Halbfinals in die heiße Phase gehen, werden andernorts schon längst die Weichen für die neuer Saison gestellt. In Ingolstadt bedeutet das eine Generalsanierung der sportlichen Führungsebene. Denn an der Spitze des Klubs ist man mit der sportlichen Entwicklung alles andere als zufrieden. Platz sieben nach der Hauptrunde und das schnell Aus gegen Köln in der ersten Play-off-Runde sind für die Ansprüche der ERCI-Verantwortlichen und den zur Verfügung stehenden Etat zu wenig. "Ich kenne niemand aus unserem Beiratskreis, der mit dem sportlichen Abschneiden zufrieden war", sagte der Beiratsvorsitzende Jürgen Arnold unserer Redaktion. Die Konsequenz: Sportdirektor Larry Mitchell muss gehen.
Und hier wird es nun auch für die Augsburger Panther interessant. Denn deren Trainerposten ist noch unbesetzt.
Unter Mitchell schafften die Panther ihren größten Erfolg
Der Klub hatte sich in den vergangenen Jahren den Ruf eines bedächtigen Arbeitgebers verdient, der nicht durch schnelle Entlassungen aufgefallen ist. Bestes Beispiel war Mitchell, der in der Spielzeit 2007/2008 Paulin Bordeleau beerbte und bis in die Saison 2014/15 die Kommandos auf der Bank gab. Zudem war er dank seiner hervorragenden Kontakte stets unmittelbar an der Zusammenstellung des Kaders beteiligt. Mit ihm als Trainer schafften die Panther ihren bisher größten Erfolg, als sie 2010 bis ins Finale stürmten.
Zwar war die Trennung von Augsburg ebenfalls keine einvernehmliche, doch Panther-Hauptgesellschafter Lothar Sigl und Mitchell pflegen längst schon wieder einen freundschaftlichen Umgang. Alte Differenzen sind ausgeräumt. Während eines Doppelinterviews, das unsere Redaktion vor einiger Zeit mit den beiden führte, war die gegenseitige Wertschätzung nicht zu übersehen und zu überhören.
Unter Stewart herrschte zuletzt Stabilität
Das könnte sich nun auszahlen, denn es scheint, als hätten die Panther ihr einst so gutes Händchen bei der Auswahl von Trainern zwischenzeitlich verloren. Mike Stewart war der bislang letzte, mit dem der Klub Stabilität und Erfolg hatte. Als der 2019 dem Ruf der Konkurrenz nach Köln folgte (inzwischen ist er in Wolfsburg gelandet und steht im Play-off-Halbfinale), beförderte Sigl dessen langjährigen Assistenten Tray Tuomie zum Cheftrainer – mit höchst durchwachsenem Ergebnis.
Sigl reagierte und holte für die vergangene Saison Mark Pederson. Der entpuppte sich als Fehlgriff und wurde durch Serge Pelletier ersetzt, der einen Vertrag bis Saisonende erhielt. Als "Feuerwehrmann" schaffte er es zwar, die Mannschaft einigermaßen zu stabilisieren und den Abstieg zu verhindern – auf Platz Elf nach der Hauptrunde verpassten die Panther aber die heiß ersehnten Play-offs, wenn auch knapp.
Mitchell könnte für den AEV eine interessante Trainer-Alternative sein
Dem Vernehmen nach stehen Pelletier und die Panther nun in Verhandlungen über ein weiteres Engagement. Zwischenstände gibt es traditionell nicht. Beide Seiten scheinen zumindest interessiert, sind aber weit von einer Liebesheirat entfernt. In dieser Situation bietet die Option Mitchell eine interessante Alternative, über die zumindest nachgedacht werden dürfte.
Denn inzwischen ist ausreichend Zeit vergangen, um alte Wunden heilen zu lassen. Mitchell gilt als einer der am besten vernetzten Manager der gesamten DEL und hat auch in Ingolstadt immer wieder starke Mannschaften zusammen gebastelt. In ERCI-Fan-Kreisen wurde und wird seine Entlassung deshalb durchaus kritisch gesehen. Dort halten viele eher Trainer Doug Shedden für den Hauptschuldigen an der enttäuschenden Saison. Gut möglich, dass auch er kommenden Winter nicht mehr an der Bande stehen wird.
Mitchell könnte dem AEV ein neues Gesicht verpassen
In Augsburg wiederum täte der Mannschaft die ein oder andere Umbaumaßnahme gut. Sigl hatte alle Personalentscheidungen zunächst auf Eis gelegt und wollte im Nachgang der Saison erst die Einzelgespräche mit den Profis und die Analyse der sportlich Verantwortlichen abwarten. Beides dürfte nun passiert sein. Die meisten Nordamerikaner aus dem Kader sind bereits in ihre Heimat geflogen. Wie viele im August wieder nach Augsburg zurück kehren ist nicht bekannt. Offenbar haben aus diesem Kreis Drew LeBlanc und Brady Lamb noch laufende Verträge. Damit dürften sie aber nicht die einzigen sein. Trotzdem bliebe für Mitchell noch Raum, der Mannschaft eines neues Gesicht zu geben.
Es bleiben aber auch Fragen. Zum Beispiel die, ob sich Mitchell nach seiner Zeit als ERCI-Sportdirektor auch noch einmal als Trainer versuchen will. Denn in Augsburg werden diese beiden Jobs traditionell auf eine Person vereint, während Sigl im Hintergrund die Fäden zieht. Genau das würde aber auch für eine Rückkehr Mitchells sprechen, denn er und Sigl kennen sich bestens und wissen, was sie aneinander haben. Und vielleicht denkt der Panther-Boss nun sogar darüber nach, einen Manager zu installieren.
Bei einer Trainer-Rückkehr ist die Fallhöhe groß
Eine weitere Frage ist, welche Alternativen Mitchell hat. Derer dürfte es sicher die ein oder andere geben, denn nur wenige kennen speziell den nordamerikanischen Spielermarkt besser.
Und schließlich bleibt die Frage, inwieweit Mitchell bereit ist, seinen guten Ruf, den er in Augsburg genießt, aufs Spiel zu setzen. Als Mike Stewart (kurz nach seinem Abgang aus Augsburg) mit den Haien eine spektakuläre Niederlagenserie hinlegte, mehrten sich schnell die Stimmen, die eine Rückkehr forderten. Denn Tuomie hatte von Anfang an einen schlechten Stand bei den Fans. Doch damals war von beiden Seiten zu hören, dass es eine Rückkehr nicht geben werde, da alle nur verlieren würden. Die Fallhöhe sei zu groß. Die enormen Erwartungen könnten nur enttäuscht werden. "Aufgewärmt schmeckt nur Gulasch", war einer der Sprüche, die damals fielen.
Ein neuer Name auf der Kandidatenliste: Peter Russell
Zu guter Letzt kursiert nun aber auch der Name eines ganz anderen Kandidaten für den Trainerposten in Augsburg: Peter Russell. Der 47-jährige Brite steht derzeit noch beim DEL2-Klub Ravensburg Towerstars unter Vertrag und mit seiner Mannschaft im Finale gegen Frankfurt. Die Konstellation wäre also ähnlich wie schon 2015, als Sigl sich so lange bedeckt hielt, bis er Mike Stewart (damals als Trainer von Bremerhaven ebenfalls in der DEL2 aktiv) aus dem Hut zauberte.